Die Reaktionen von DHL, Polizei und Staatsregierung auf die zeitweilige Blockade einer Zufahrt zum Frachtflughafen Leipzig/Halle in der Nacht von 9. zum 10. Juli haben eigentlich sehr deutlich gezeigt, dass längst ein tiefer Riss durch unsere Gesellschaft geht und dass die Vertreter der Klimazerstörung alle Hebel der Macht nutzen, um den Protest gegen das Weiterso zu kriminalisieren. Aber damit schaffen sie die Tatsache nicht aus der Welt, dass der Frachtflughafen hochgradig klimaschädigend ist. Zeit für ein Klimacamp.

Die Klimacamps im Leipziger Raum fanden bislang eher in Nähe der Tagebaue der Mibrag statt. Ein Ergebnis dieser medienwirksamen Ereignisse war die Rettung des Dorfes Pödelwitz vor der Abbaggerung. Dass Sachsen die Braunkohleverstromung dringend beenden muss, wenn es das Wort Klimaneutralität auch nur halbwegs ernst nehmen will, ist mittlerweile in den Köpfen.Dass sich der Frachtflughafen Leipzig/Halle aber inzwischen zur zweitgrößten CO2-Schleuder im Leipziger Raum entwickelt hat, wissen die meisten noch nicht. Und dass es schlicht gegen jede Logik ist, in der zunehmend brisanteren Situation der Erderwärmung auch noch den Frachtbetrieb ausbauen zu wollen, ist bislang nicht ansatzweise auf der Ebene der Entscheider angekommen, die immer noch in den alten Kategorien von Tonnage, Umsatz und Arbeitsplätzen denken.

Aber es sind die falschen Arbeitsplätze. Und wer immer weiter fossile Unternehmen wie den Frachtflughafen subventioniert, der verhindert geradezu, dass in klimaschonenden Branchen Arbeitsplätze entstehen.

Und auch deshalb findet das Klimacamp Leipziger Land jetzt am Flughafen Leipzig/Halle statt.

„Wir freuen uns zu verkünden, dass es in diesem Jahr schon zum vierten Mal in Folge ein Klimacamp im Leipziger Land geben wird. Es findet vom 27.08. bis zum 07.09.2021 statt und will eine kritische sozial-ökologische Perspektive auf das Geschehen rund um den Flughafen Leipzig/Halle einnehmen“, kündigt die AG Klimacamp Leipziger Land an. „Dafür solidarisieren wir uns mit dem Aktionsbündnis CancelLEJ sowie lokalen Bürger/-inneninitiativen, die sich bereits gegen den Flughafenausbau starkmachen.“

Beim diesjährigen Camp geht es diesmal vor allem um Mobilitätsgerechtigkeit. Mobilitätsgerechtigkeit ist ein globales Thema, dem man am Flughafen Leipzig/Halle (LEJ) ganz konkret begegnen kann, denn das Geschehen am LEJ ist gleich auf mehreren Ebenen nicht mobilitätsgerecht.

„Der Flughafen Leipzig/Halle ist nicht mobilitätsgerecht, weil er ein zentraler Punkt für Abschiebungen ist“, erklärt Maja Schmidt, Pressesprecherin vom Klimacamp Leipziger Land. Im deutschlandweiten Vergleich nimmt der LEJ den fünften Platz auf der Rangliste von Abschiebungen ein.

„Allein im Jahr 2019 wurden hier 1.100 Menschen abgeschoben, darunter auch 24 erkrankte Personen. 14 Familien wurden auseinandergerissen. Wir wollen Bleiberecht für alle statt Abschiebungen. Wir fordern ein Ende rassistischer Grenzpolitiken, in denen die Staatsangehörigkeit entscheidet, welches Leben wertvoll ist.“

Der Flughafen Leipzig/Halle ist außerdem nicht mobilitätsgerecht, weil die Fluglärmbelästigung einseitig zulasten der Anwohner/-innen geht. Schon jetzt verursacht der stetige Fluglärm bei diesen gesundheitlichen Schäden. Der geplante Ausbau würde diese Folgeschäden noch erheblich steigern. Die gesundheitsschädliche Wirkung des Flughafens wird von wissenschaftlicher Seite bestätigt – etwa in dem Lärmmedizinischen Gutachten des Kardiologen Prof. Dr. Thomas Münzel.

„Wir fordern, dass Mobilität von einzelnen nicht auf Kosten der Gesundheit anderer gehen darf“, betont die AG.

Maja Schmidt erläutert: „Der Flughafen Leipzig/Halle ist nicht mobilitätsgerecht, weil er als zweitgrößter deutscher Frachtflughafen und DHL-Drehkreuz schon jetzt dem Klima massiv mit zwei Millionen Tonnen CO2-Ausstoß jährlich schadet. Den Flughafen noch weiter auszubauen, bedeutet den Klimawandel noch zusätzlich anzuheizen. Hinter den hier ankommenden und abliegenden Waren stecken ausbeuterische Arbeitsbedingungen in der Logistik in Deutschland und in Ländern v. a. des globalen Südens. Wir fordern daher eine Abkehr vom ‚immer mehr‘ der kapitalistischen Konsumgesellschaft, die nur auf Basis von Ausbeutung weiter wachsen kann.“

Die CO2-Emissionen des Flughafens Leipzig / Halle nach dem Halbstreckenprinzip. Grafik: Bürgerinitiative "Gegen die neue Flugroute"
Die CO2-Emissionen des Flughafens Leipzig / Halle nach dem Halbstreckenprinzip. Grafik: Bürgerinitiative “Gegen die neue Flugroute”

Das Klimacamp Leipziger Land ist Teil einer wachsenden globalen Bewegung für Klimagerechtigkeit. Es ist auch ein basisdemokratisch organisierter Prozess, an dem sich Menschen aus vielfältigen Kontexten beteiligen. Es wird in Zusammenarbeit mit Aktiven aus der Region organisiert, die sich für Klimaschutz, Mobilitätsgerechtigkeit und Menschen auf der Flucht einsetzen.

Wichtiger Bestandteil des Camps ist ein umfangreiches Bildungsangebot mit Kursen und Workshops, Diskussionen und Exkursionen. Aufgrund der Pandemie-Situation wird die Teilnehmer/-innenzahl dieses Jahr begrenzt sein und per Anmeldung erfolgen.

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