Am Montag, 9. August, wird wieder protestiert, wieder gegen eine geplante Abschiebung nach Afghanistan, in ein Land, in dem der Terror gerade wieder im Vormarsch ist, in das man in vernรผnftigen Zeiten keinen Menschen abschieben wรผrde. Und trotzdem verkรผndet auch Sachsens Innenminister Roland Wรถller (CDU) regelmรครig stolz, dass er wieder Menschen in das terrorgeplagte Land abgeschoben hat. Und irgendwie geht der Terror ja weiter, weil ihn jemand finanziert.
Denn das fragt man sich die ganze Zeit: Wie kommen die Taliban fortwรคhrend an Waffen, Munition und Sprengstoff? Wie finanziert sich eigentlich dieser Terror?
Die Antwort lautet: Geldwรคsche. Das thematisierte am Freitag, 6. August, ein Beitrag in der FAZ. Die Familien mehrerer in Afghanistan getรถteter oder verwundeter amerikanischer Soldaten haben unter anderem die Deutsche Bank verklagt.
โDer Deutschen Bank wird unter anderem vorgeworfen, einem pakistanischen Geschรคftsmann internationale Geldtransfers ermรถglicht zu haben, obwohl die amerikanische Regierung ihn als Geldwรคscher fรผr Terrorgruppen identifiziert hatte. Im Jahr 2016 soll der Mann Geld aus dem Drogenhandel und anderen kriminellen Aktivitรคten gewaschen haben, wie die New York Times berichtetโ, schreibt die FAZ.
Das gewaschene Geld stammt direkt aus dem Drogenhandel und damit letztlich direkt von den Taliban, die mit Drogenhandel ihren Krieg finanzieren. Aber da ihnen niemand Waffen und Munition verkaufen wรผrde, wenn sie direkt die Bestellung aufgeben wรผrden, agieren im Hintergrund allerlei dubiose Geschรคftsleute โ in diesem Fall aus Pakistan โ, die ein direktes Interesse daran haben, dass der Terror weitergeht. Und zum Waschen der Gelder aus dem Drogenhandel nutzen sie โ รผber Strohleute โ auch scheinbar unverdรคchtige europรคische Banken wie die Deutsche Bank.
Wobei das natรผrlich nur ein kleiner Einblick ist in die Terrorfinanzierung. Es sind ja nicht nur Geschรคftsleute aus Pakistan, die auf ihre Weise ihren ganz privaten Dschihad fรผhren. Die Finanziers der Terrorgruppen, zu denen ja nicht nur die Taliban gehรถren, sitzen auch in anderen Lรคndern, oft โenge Verbรผndete der USAโ, die in der Regel unbehelligt bleiben, weil man es sich mit den Verbรผndeten nicht verscherzen will.
Die USA haben tatsรคchlich 20 Jahre lang den falschen Krieg gegen den Terror gefรผhrt. Der tatsรคchliche Terror funktioniert schon lรคngst nach marktwirtschaftlichen Gesetzen, ist zu einem Geschรคft geworden, in dem Drogen und Waffen die wesentlichsten Handelsgรผter sind. Die Menschen in den terrorisierten Lรคndern spielen dabei รผberhaupt keine Rolle.
Und das Beklemmende ist: Mit seinen Abschiebungen spielt Deutschland genau dasselbe Spiel mit. Und es ist eine faule Ausrede, dass die Abgeschobenen in Deutschland ja kriminell geworden seien. Denn in der Regel haben sie alle nicht nur Kriegstraumata und die lange Flucht aus Afghanistan hinter sich, sondern auch Jahre der Ungewissheit in einem Status des nicht Geduldetseins.
Aber statt wirklich wirksame Integrationsprogramme gerade fรผr Flรผchtlinge aus kriegsversehrten Lรคndern aufzulegen, gerieren sich deutsche Innenminister in Steifnackigkeit, ignorieren die Ursachen und auch die Folgen einer restriktiven deutschen Asylpolitik, die gerade im Fall Afghanistan den Namen Asylpolitik nicht mehr verdient.
Protest gegen die geplante Abschiebung
Die Leipziger Gruppe Protest LEJ ruft deshalb fรผr den 9. August zu einer Protestkundgebung gegen die geplante Sammelabschiebung nach Afghanistan auf. Die Kundgebung beginnt um 17:00 Uhr auf dem Kleinen Willhelm-Leuschner-Platz.
โAbschiebungen nach Afghanistan verstoรen gegen die Menschenrechte der Betroffenen. Die Sicherheitslage ist seit Jahren in einer steten Abwรคrtspiraleโ, sagt Maxi Funke fรผr Protest LEJ.
โDie gegenwรคrtige Afghanistan-Politik der Bundesregierung ist an Ignoranz und Menschenverachtung kaum zu รผberbieten. Die wirtschaftliche Situation in Afghanistan ist desastrรถs. Die Groรstรคdte sind aufgrund der hohen Zahl dort lebender Binnenflรผchtlinge vรถllig รผberlastet, die Arbeitslosigkeit extrem hoch. Noch dazu wรผtet die Corona-Pandemie in diesem Land ohne funktionierendes Gesundheitssystem weiterhin. Nun, mit dem Rรผckzug der internationalen Truppen, nehmen die Taliban immer weiter Teile des Landes ein. Die Kriegshandlungen haben sich dabei immer mehr auf die Stรคdte verlagert und sind nun auch in den Hochsicherheitszonen in Kabul angekommen.โ
Am 3. August sollte bereits eine Sammelabschiebung in Kooperation mit รsterreich via Wien stattfinden. Am selben Tag stoppte der Europรคische Gerichtshof fรผr Menschenrechte die Abschiebung eines in รsterreich lebenden Afghanen unter Berufung auf die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan.
โEs ist skandalรถs, dass die Bundesregierung trotz des Urteils des EGMR weiter an der Abschiebung festhรคltโ, stellt Maxi Funke fest.
Am Dienstag, 3. August, wurde dann kurz vor Abflug die Abschiebung abgebrochen, nachdem auf das Kabuler Regierungsviertel ein Bombenanschlag mit anschlieรenden Feuergefechten verรผbt wurde. Nun mehren sich die Hinweise, dass die Bundesregierung am 10. August dennoch erneut versuchen will, Menschen in das Kriegsgebiet abzuschieben.
โWir fordern die regierenden Parteien und alle beteiligten Behรถrden auf, endlich anzuerkennen, was in Afghanistan tagtรคglich passiert! Wir fordern ein Bleiberecht fรผr diejenigen afghanischen Geflรผchteten und einen sofortigen und absoluten Abschiebestopp nach Afghanistan!โ, erklรคrt Maxi Funke.
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