Am morgigen Dienstag, 3. November, im Schatten der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl, verkündet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sein Urteil über das Großprojekt Fehmarnbelt (FMB). Eins jener Riesenprojekte, bei denen Milliarden in ein gewaltiges Bauwerk versenkt werden, das am Ende nicht mal ansatzweise das leisten wird, was die Ingenieure sich ausgerechnet haben. Nun stellt sich auch Fridays For Future Leipzig an die Seite der Beltretter.
Die Fehmarnbelt-Bahn- und Straßeninfrastruktur kostet mehr als 15 Milliarden Euro für eine Region mit geringen Infrastrukturkostendeckungspotenzialen durch die Wirtschaft und Bevölkerung ohne Aussicht auf eine Wirtschaftlichkeit und das Erreichen der in „Trans-European Networks“ (TEN) festgelegten EU-Ziele für Verkehrsinfrastruktur im Skandinavien-Adria-Korridor (abgekürzt Scandria).
So ermittelte der Europäische Rechnungshof 2020 für die Bahnverbindung Hamburg-Kopenhagen nur 2 Millionen Fahrgäste statt der erforderlichen 9 Millionen, die den Tunnel erst rentabel machen würden. Die Klima-, Umwelt-, Ressourcen- und Kundenkosten des FMB-Tunnel sind wesentlich höher als die der aus dem Markt verdrängten Fährlinien.
Prof. Englisch von Scientists for Future Leipzig kritisiert das Konzept scharf: „Die Fehmarnbelt-Querung ist als Teil des Scandria-Korridors Berlin-Kopenhagen nicht zu verantworten. Die Bahnstrecke Kopenhagen-Rostock-Berlin ist ca. 210 km kürzer als Kopenhagen-FMB-Hamburg-Berlin und die Straßenverbindung Berlin-Rostock-Kopenhagen ist ca. 140 km kürzer statt Berlin-Schwerin-FMB-Kopenhagen. Hier bahnt sich eine große Ressourcenverschwendung mit großen Nachteilen für Europas Bürger, das Klima und die Umwelt an.“
Und Dipl. Ing. Ing. Purbach, ebenfalls bei Scientists for Future Leipzig aktiv, ergänzt: „Die EU hat den zentraleuropäischen Scandria-Korridor Malmö-Rostock-Berlin-München-Rom im letzten Jahrzehnt als wichtigsten europäischen Nord-Süd-Korridor festgelegt. Die Scandria-Route Kopenhagen-Rostock-Berlin kostet mit einer nachhaltigen Europaklimainnovationsbrücke Rostock-Gedser bei geringeren Kundenkosten und -zeiten als der FMB 9 Milliarden Euro in der kostengünstigsten Variante.
Die Brückenquerung ermöglicht die stufenweise Technologieentwicklung von nachhaltigen, multifunktionalen TEN-Hochleistungsstandards (bis 800 km/h als Magnetbahnvariante) und andere Systeme, die Basis der beschleunigten, profitablen Energiewende, die Erschließung von Europa bzw. Skandinavien mit viel größeren Wirtschafts- und Bevölkerungspotenzialen sowie das Erreichen der TEN-Ziele.“
Den Feststellungen von Purbach liegen ein deutsches, multifunktionales Röhrenbahnpatent bzw. eine Weltpatentanmeldung mit einer Geschwindigkeit größer als 800 km/h der Bahnsystementwicklungen der Universität Paderborn und die Weiterentwicklung zu TEN EUKLID (Transeuropäische Netze- Europäisches Klimaprojekt Deutschland) zugrunde. TEN EUKLID ist beim TEN-Büro der EU seit 2013 bekannt und wurde 2018 als förderwürdig eingestuft.
Wobei es langsam auch fraglich wird, ob so hohe Geschwindigkeiten überhaupt gebraucht werden. Stehen sie nicht für eine zunehmende Hatz eines völlig überhitzten Wirtschaftssystems, das dabei auch das Leben der Menschen regelrecht verschlingt, die kaum noch aushalten, Zeit selbst zu genießen? Kann es sein, dass es diese Überdrehtheit ist, die gerade die Entscheider heute blind dafür macht, wie die Menschheit ihre natürlichen Ressourcen eigentlich bewahren kann und muss?
„Wir können es uns nicht mehr leisten, Geld für Investitionen in klimafeindlichen Projekten zu verschleudern“, sagt Matti Lehmann, der sich bei Fridays For Future Sachsen engagiert. „Der Fehmarnbelt ist mit dem heutigen Wissen eine europäische Infrastrukturfehlentscheidung. Eine Fehmarnbeltfertigstellung erzeugt die oben genannten Nachteile und verhindert einen Einstieg in zukunftsweisende, reale, global wirkende profitable beschleunigte Klimaentwicklungen. Das ist fatal für die kommenden Generationen sowie auch den Wirtschaftsstandort Deutschland.“
Die offensichtliche Frage auch für FFF Leipzig ist nun: Was kann nun passieren? Soll es am besten keinerlei Großprojekte in dieser Form geben? Unmöglich, denn es bedürfe eben dieser Großprojekte als Grundlage für ökonomisch gewinnbringende nachhaltige Wertschöpfung, meinen zumindest Prof. Dr. Harald Englisch, Günther Purbach und Matti Lehmann. Aber es müssten andere Großprojekte sein, solche, die der Natur wieder Raum geben und ökologisch verträglich sind. Nur: Das sind die derzeitigen Großprojekte allesamt nicht. Und der Fehmarnbelttunnel ist es schon gar nicht.
Beltretter-Aktion zum Prozessauftakt in Leipzig: Dieser monströse Tunnel darf auf keinen Fall gebaut werden!
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