Die Leipziger kennen das Problem aus dem sogenannten „Wassertouristischen Nutzungskonzept“: Da werden große und teure touristische Investitionsprojekte angeschoben, die nicht nur jede Menge Steuergeld schlucken und sogar den Wünschen der Anwohner widersprechen. Gleichzeitig werden auch noch die Naturschutzregeln ausgehebelt. Meist mit dem Verweis auf den hohen wirtschaftlichen Wert der Investition. Doch genau dieses Denken zerstört auch noch die letzten Naturschutzräume. Und ein CDU-Abgeordneter demonstriert nun öffentlich, welches Denken dahintersteht.
Der Bundestagsabgeordnete Alexander Krauß (CDU) hat jetzt auf die Klageeinreichung des NABU Sachsen gegen die Fly-Line am Fichtelberg auf seiner Website reagiert mit der Aussage: „Gastronomie und Tourismus kämpfen derzeit ums nackte Überleben – und der Naturschutzbund hat nichts anderes zu tun als vor Gericht zu ziehen, um dem Tourismus den Garaus zu machen.“
Was natürlich eine ziemlich simple Instrumentalisierung der Coronakrise ist, die derzeit den kompletten Tourismus in Sachsen lahmlegt, nicht nur den im Erzgebirge. Und es ist völlig offen, ob und wann die touristischen Gebiete wieder ins Laufen kommen und ob solche Projekte wie die Fly-line überhaupt eine Zukunft haben.
Denn sie stehen exemplarisch für eine Zerstörung von Landschaften, die eigentlich als Naturschutzgebiete vor solchen Eingriffen verschont werden sollten. Schon heute sind die Naturschutzgebiete auch in Sachsen viel zu klein und zu verstreut, helfen nicht einmal ansatzweise, die registrierten bedrohten Tier- und Pflanzenarten zu bewahren, weshalb das Umweltministerium daran arbeitet, endlich wieder größere Verbindungen zwischen den Schutzgebieten zu schaffen.
Was gar nicht geht: Das wirtschaftliche Interesse einiger weniger Investoren immer wieder gegen die Naturschutzgebiete auszuspielen.
Das trifft auch auf den Staat als Investor zu, der eben in Zeiten eines weltweiten Artensterbens nicht mehr so agieren kann wie noch vor 30 oder 50 Jahren. Dafür steht das Beispiel Waldschlösschenbrücke, das völlig gegen alle Artenschutzbestimmungen im Baugebiet verstieß, aber von der sächsischen Regierung durchgezogen wurde, als wäre Artenschutz an der Elbe schnurzegal.
Und genauso tickt auch Krauß. „Nicht nur die Ringdrossel hat ein Recht auf Leben – auch die Oberwiesenthaler“, behauptete er, was endgültig jede sachliche Ebene verließ, denn der Tourismus in Oberwiesenthal lebt ganz bestimmt nicht von einer Fly-line, aber ganz bestimmt von einer noch leidlich intakten Waldlandschaft mit ihrer Tier- und Artenvielfalt. Aber augenscheinlich ticken Touristiker in Sachsen so nicht. Sie brauchen immer neue Eventparks, Attraktionen, Spaß-Installationen, als würden Menschen ins Grüne nur deshalb fahren, weil man da wild durch die Luft rasen kann.
Eine intakte Natur kommt jedenfalls in den Äußerungen der meisten sächsischen CDU-Politiker nicht vor. Sie hat in ihren Augen keinen „Wert“.
Obwohl selbst die Gesetzgebung, auf deren Grundlage der NABU handelt, genau diese Denkweise eigentlich einhegen soll.
Denn die Klage für den NABU Sachsen ist nur das allerletzte in einer für den Naturschutz völlig ausweglosen Situation, nachdem der bereits im Oktober eingelegte Widerspruch gegen die Entscheidung des Landratsamtes Erzgebirge abgelehnt wurde. Auch heißt es in dem Beitrag: „Auf die Belehrungen von grünen Freaks könne das Erzgebirge verzichten.“ Der NABU Sachsen reagiert verärgert auf die völlig verfehlten Anschuldigungen und die Diffamierung und fordert nun in einem Offenen Brief an Bundestagsabgeordneten Krauß eine Entschuldigung.
Der Offene Brief an Alexander Krauß MdB vom 21. April 2020.
NABU-Landesvorsitzender Bernd Heinitz schreibt: „Der NABU ist der größte Umwelt- und Naturschutzverband Deutschlands, auch in Sachsen zählen wir mit mehr als 24.000 Mitgliedern auf einen breiten gesellschaftlichen Rückhalt. Unsere Arbeit und der große ehrenamtliche Einsatz unserer Mitglieder tragen zum Erhalt der Artenvielfalt und von wertvollen sowie bedrohten Lebensräumen bei.“
Weiter heißt es: „Ihre Äußerungen sind eine Beleidigung für unser aller Engagement. Den NABU Sachsen derart abwertend als ‚grüne Freaks‘ zu bezeichnen, zeugt von Ignoranz, Unsachlichkeit, Arroganz und einem hohen Grad an Unkenntnis hinsichtlich der Rolle und der gesellschaftlichen Verantwortung der Verbände und der Tätigkeiten des NABU im Erzgebirge, in Sachsen und in Deutschland.“
Die Fly-Line am Fichtelberg wurde unter lauter Verstößen gegen den Natur- und Artenschutz gebaut
Die Fly-Line am Fichtelberg wurde unter lauter Verstößen gegen den Natur- und Artenschutz gebaut
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