Es sind nicht nur die freischaffenden Künstler, denen mit den Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor Covid-19 binnen weniger Tage sämtliche Einnahmen weggebrochen sind. Auch andere Berufsgruppen merken sofort, wie schnell sie in so einer Krise ohne Einkünfte dastehen und dass sie schlicht keinen Puffer haben, der sie auf einmal vor Geldmangel und Zahlungsnot schützt. Es wäre genau der richtige Zeitpunkt, deutschlandweit ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Denn es nimmt Existenzangst, wo Angst um die Gesundheit schon um sich gegriffen hat. Aber wie demonstriert man dafür?

Tonia Merz kämpft für die durch die Coronakrise vielfach bedrohten Existenzen und findet dabei viel Unterstützung: Fast 400.000 Menschen unterschrieben bisher die von der Berliner Modedesignerin gestartete Petition „Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen durch die Corona Krise“ auf Change.org. Um Finanzminister Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Arbeitsminister Hubertus Heil auf ihre Forderung aufmerksam zu machen, plant sie für den heutigen Donnerstag, 26. März, gemeinsam mit dem Verein Mein Grundeinkommen und der Initiative Expedition Grundeinkommen unter dem Hashtag #GrundeinkommenJetzt eine digitale Demonstration auf Twitter.

„Weil wir unsere Forderung im Moment nicht auf die Straße tragen können, tragen wir sie ins Netz: Selbstständige ohne Aufträge, Kreative, Künstler/-innen und Veranstalter/-innen mit all den daranhängenden Existenzen, Angestellte in Kurzarbeit, Eltern, die zur Kinderbetreuung unbezahlten Urlaub nehmen müssen, Erzieher/-innen, Kassierer/-innen, Pflege- und Gesundheitsberufe am Rande des Möglichen – Corona zeigt uns derzeit, wo unser soziales Netz seine Löcher hat. Gemeinsam wollen wir diese Löcher sichtbar machen, indem wir zeigen, warum wir das Grundeinkommen brauchen – und zwar jetzt!”, erklärt Tonia Merz.

Denn Kredite nützen all diesen Menschen nichts, die oft genug eben nur genau das einnehmen, was sie im Monat zum Leben brauchen. Für Rücklagen bleibt da kein Puffer. Und die Ausfälle an Einkommen in der Coronakrise können sie auch nicht später wieder einholen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde all den Betroffenen die Angst nehmen, morgen ohne einen Euro dazustehen. Und es wäre – nur einen Schritt weitergedacht – ein Richtungswechsel in der sozialen Sicherung, der sowieso überfällig ist, denn parallel ist auch der Arbeitsmarkt komplett zum Erliegen gekommen. Wer jetzt einen Job (und sei es nur ein Aushilfsjob) sucht, steht auch beim Jobcenter vor verschlossenen Türen. Selbst ALG II kann nur noch online beantragt werden. Da kann man nur hoffen, dass die Sachbearbeiter/-innen auch wirklich kulant agieren.

Bei einem generellen Grundeinkommen wäre selbst das nicht notwendig. Dann würde jede/-r Betroffene einmal im Jahr mit dem Finanzamt abrechnen und für das, was er/sie mehr eingenommen hat, Steuern zahlen. Andererseits wäre die permanente Angst weg, im nächsten Monat nicht genug Aufträge zu bekommen oder gar auf Rechnungen monatelang sitzenzubleiben, weil der Auftraggeber nicht zahlen kann.

Man weiß zwar nicht, ob Peter Altmaier (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Hubertus Heil (SPD) heute ihren Twitter-Account lesen werden und sich mit den getwitterten Inhalten wirklich beschäftigen. Aber es wäre zumindest ein Zeichen inmitten der Corona-Krise, dass jetzt der Zeitpunkt wäre, wenigstens dieses Problem einmal ohne die üblichen Bedenken zu lösen.

Im Rahmen der digitalen Demo werden alle Menschen aufgerufen, sich in Tweets an das Finanz-, das Wirtschafts- und das Arbeitsministerium zu richten und zu erzählen, warum sie das bedingungslose Grundeinkommen jetzt benötigen.

„Ich habe offiziell um Petitionsübergaben angefragt und warte auf Rückmeldungen. Mit der morgigen Demo werden wir den Druck erhöhen. Die Unterschriften und Reaktionen auf meine Petition zeigen, dass sich sehr viele Menschen diese Lösung wünschen!“, sagt Tonia Merz.

Tonia Merz ist davon überzeugt, dass ein temporäres, auf die Zeit der Coronakrise beschränktes bedingungsloses Grundeinkommen eine schnelle und unbürokratische Hilfe für alle sein könnte: „Deutschland ist ein reiches Land – Die Politik redet von Billionenkrediten für die Wirtschaft! Was dem Land aber auch helfen würde, ist die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens von 800 bis 1.200 Euro pro Person für sechs Monate. Das würde den sozialen Absturz Tausender verhindern und gleichzeitig die Kaufkraft im Land erhalten. Denn das ist das Zweite, was wir brauchen: Menschen, die weiterhin Geld ausgeben! Eine bessere Möglichkeit, das Konzept Grundeinkommen zu testen gibt es nicht – in der Krise liegt die größte Chance.“

Kurzlink zur Petition: change.org/grundeinkommen

Die Online-Demonstration findet am heutigen Donnerstag, 26. März, ganztägig auf Twitter unter dem Demo-Hashtag #GrundeinkommenJetzt statt.

Die adressierten Entscheidungsträger auf Twitter:

@BMWi_Bund und @peteraltmaier
@BMF_Bund und @OlafScholz
@BMAS_Bund und @hubertus_heil

Außerdem: Am 1. April verschenkt Mein Grundeinkommen übrigens auch noch 30 x 6.000 Euro Grundeinkommen für ein halbes Jahr. Die Verlosung unter dem Motto „Zusammen sind wir weniger allein“ startet um 19:00 Uhr und kann via Live-Stream auf der Verlosungsseite von Mein Grundeinkommen mitverfolgt werden. Als Gäste werden Tonia Merz sowie Gewinner/-innen des bedingungslosen Grundeinkommens live dabei sein.

An der Verlosung können alle Menschen teilnehmen, die sich auf der Plattform www.mein-grundeinkommen.de kostenlos registrieren. Die Teilnahme ist bedingungslos. Benötigt wird lediglich eine E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme im Gewinnfall.

Mein Grundeinkommen ist gemeinnütziges Start-Up und junge NGO zugleich. Via Crowdfunding werden Spenden gesammelt und sobald 12.000 Euro zusammen gekommen sind, werden diese als Bedingungsloses Grundeinkommen mit 1.000 Euro im Monat für ein Jahr verlost. Der Zuspruch ist groß: Vor fünf Jahren gegründet, befeuert Mein Grundeinkommen heute mit über 1,5 Millionen User/-innen und über 125.000 Groß- und Kleinstspender/-innen die Debatte rund um das Bedingungslose Grundeinkommen.

Die Corona-Krise wäre genau der richtige Moment, das Grundeinkommen in Deutschland einzuführen

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