Leipziger Naturschutzverbände hatten im März 2019 unter dem Titel „Bauen und Natur erhalten! Artensterben stoppen! Wertvolle Grünflächen für LeipzigerInnen schützen!“ eine Petition gestartet, die auf der Plattform openPetition online gestellt wurde. Sie hat inzwischen mehr als 5.500 Unterstützer. Da die Petition das notwendige Quorum erreicht hat, wurde sie am 14. Januar 2020 beim Stadtrat eingereicht, meldet der NABU.
Der globale Klimanotstand und das weltweite Artensterben sind zwei der wichtigsten Herausforderungen der Menschheit. Das betrifft auch Städte wie Leipzig, in denen die Stadtnatur mehr und mehr verloren geht. Obwohl Schlagworte wie „Baumstarke Stadt“ oder „Kommune der Biologischen Vielfalt“ immer wieder bemüht werden, sieht die Realität anders aus: Das Stadtgrün wird dem Bauboom rücksichtslos geopfert, Biotop- und Artenschutz werden dabei vielfach missachtet, die Potenziale einer ökologisch orientierten Architektur und einer nachhaltigen Stadtplanung werden nicht genutzt. Zudem werden Bürger mit ihren Protesten gegen diese Zerstörung des Wohnumfeldes oftmals nicht beachtet.
Um dem etwas entgegenzusetzen und auch bei Baumaßnahmen Natur- und Artenschutz einzufordern, hatten die BUND Regionalgruppe Leipzig, der NABU-Regionalverband Leipzig e. V., der Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e. V. und der Ornithologische Verein zu Leipzig e. V. unter dem Titel „Bauen und Natur erhalten! Artensterben stoppen! Wertvolle Grünflächen für LeipzigerInnen schützen!“ im März 2019 eine Petition gestartet, die auf der Plattform openPetition online gestellt wurde. Sie hat inzwischen mehr als 5.500 Unterstützer und das Quorum zur Einreichung beim Stadtrat erreicht.
Leipzigerinnen und Leipziger haben mit ihrer Unterschrift ihren Protest zum Ausdruck gebracht, und sie fordern wirksame Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz bei allen Baumaßnahmen. Die Stadt muss Klima- und Biotopschutz zur wichtigsten Entscheidungsgrundlage machen, auf Bauträger entsprechend einwirken und bei eigenen Bauprojekten ein Vorbild geben. Angesichts der Klima-und-Biodiversitätskrise ist das dringend erforderlich.
Da die Petition das notwendige Quorum erreicht hat, wurde sie am 14. Januar 2020 beim Stadtrat eingereicht. Die Antworten der Volksvertreter werden auf der Plattform openPetition veröffentlicht. Zudem erwarten die Naturschutzverbände, dass sich auch die Kandidaten im derzeit stattfindenden Oberbürgermeisterwahlkampf positionieren.
Der NABU Leipzig hat deshalb alle Kandidaten kontaktiert. Ihnen wurde das Ergebnis der Unterschriftensammlung mitgeteilt, und sie wurden um eine Antwort gebeten, die der NABU veröffentlichen möchte. Alle Kandidaten haben nun die Chance, sich zu den Forderungen der Petition zu positionieren – für Wähler eine wichtige Entscheidungshilfe.
Der Text der Petition
Bauen und Natur erhalten! Artensterben stoppen!
Wertvolle Grünflächen für LeipzigerInnen schützen!
Die Verfasser dieser Petition sind die BUND Regionalgruppe Leipzig e. V., der NABU-Regionalverband Leipzig e. V., der Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e. V. und der Ornithologische Verein zu Leipzig e. V.
In einer Stadt wie Leipzig, die wächst und in der viel gebaut wird, gehen dem Menschen die grünen und kühlen Wohlfühloasen verloren. Man erinnere sich nur mit Schrecken an die Hitzewellen des letzten Sommers. Noch schlechter ergeht es dabei den Wildtieren, deren Nahrungsgrundlage und Lebensräume verschwinden. Das Artensterben findet überall statt – auch hier bei uns in Leipzig! Leider wird es durch die Entscheidungsträger nicht gebremst, sondern mitverursacht. Bei Baumaßnahmen steht die Natur hintenan.
Die Stadt Leipzig, welche bereits schon länger den Titel „Kommune der Biologischen Vielfalt“ trägt, muss endlich dieser Botschaft gerecht werden und ihre grünen Plätze der Biologischen Vielfalt erhalten und stärken. Deshalb bitten wir um Ihre Stimme für den Schutz der Lebensräume in der Stadt. Wir fordern:
1. Keine Baumaßnahmen auf Flächen, die Lebensstätten geschützter Tierarten sind, wenn nicht zuvor nachweislich ausreichend funktionierende und geeignete Ersatzlebensräume in räumlicher Nähe geschaffen werden!
2. Für alle Flächen (auch Baulücken, Brachflächen) eine frühzeitige artenschutzfachliche Untersuchung und qualifizierte Artenschutzprüfung, die nachweislich geeignet ist, den Bestand der geschützten Arten und ihrer Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang des Bauvorhabens zu erhalten.
3. Frühzeitige Einbindung der Umwelt- und Naturschutzverbände. Frühzeitige dem Bauvorhaben vorausgehende Entwicklung von Artenschutzkonzepten. Der Öffentlichkeit muss Einblick in Artenschutzkonzepte gegeben werden. Eine Beteiligung der Umwelt- und Naturschutzverbände muss immer möglich sein.
4. Erhalt wertgebender Grünflächen als Trittsteine im Biotopverbund und Festlegung als Tabuflächen, die nicht bebaut werden. Der Artenschutz und die Erhaltung strukturreicher Grünflächen muss im Rahmen der Bauleitplanung nachweislich Priorität haben.
5. Das bestehende Grün (insbesondere Sträucher, Bäume, Blühflächen und Stauden) muss gefördert und naturnah gepflegt werden. Auch im Zuge der Pflege ist der Artenschutz durch eine artenschutzfachliche Begleitung zu berücksichtigen. Die Funktionen für Klima, Erholung und Biodiversität müssen gegenüber anderen Interessen vorrangig berücksichtigt werden!
6. Das Fällen und Roden von Bäumen und Sträuchern für Baumaßnahmen darf nicht vor Erteilung einer Baugenehmigung erfolgen. Es ist grundsätzlich ein möglichst weitgehender Erhalt von Bäumen und Sträuchern anzustreben.
7. Diese Forderungen sollen als Handlungsanweisungen ausformuliert, festgeschrieben und von der Stadtverwaltung umgesetzt werden!
8. Da die Punkte 1 bis 6 für die Bauvorhaben am Wilhelm-Leuschner-Platz bisher nicht erfüllt sind, fordern wir die Überarbeitung aller Baupläne hinsichtlich dieser Punkte. Dazu gehört ein Artenschutzkonzept, welches sich an den aktuellen und tatsächlichen faunistischen Gegebenheiten am Wilhelm-Leuschner-Platz orientiert und entsprechende Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Vogelarten und deren Nahrungsgrundlage (z.B. Insekten, Regenwürmer) ableitet.
Begründung
Seit 2016 wurden in Leipzig mindestens 250 Lebensräume mit zusammen rund 100 Hektar durch Gehölzrodung und Bauarbeiten ersatzlos beseitigt! Ausweichflächen für die vertriebenen Tiere gibt es nicht mehr, die Tiere verlieren ihre Heimat, Leipzig schrumpft! Mehr Informationen dazu unter:
www.nabu-leipzig.de/stellungnahmen/leipzig-schrumpft/
www.tinyurl.com/leipzig-schrumpft
Ein besonderes Beispiel ist der Wilhelm-Leuschner-Platz, die letzte große Brache in der Innenstadt. Während an vielen Stellen die Tiere unbemerkt ihren Lebensraum verlieren, ist dieser Platz vom NABU gut untersucht. Deshalb ist bekannt: Er ist ein Platz der Biologischen Vielfalt. Allein 16 Brutvogelarten sind hier zu Hause!
Bereits vor dem Beginn der Bauplanungen muss ein Ausgleich in unmittelbarer Umgebung geschaffen werden, damit Tiere eine Ausweichmöglichkeit haben. Zusätzlich kann die Vegetation der unbebauten Platzbereiche auch in die zu schaffende, ökologisch wirksame Begrünung integriert und damit an Ort und Stelle erhalten werden. Dazu hat der NABU Leipzig schon 2016 einen Vorschlag ausgearbeitet. Dieser ist unter folgendem Link nachzulesen:
www.nabu-leipzig.de/stellungnahmen/leuschnerplatz/
Schon bald kann niemand mehr in der Innenstadt eine Nachtigall singen hören, vor kurzem hatten sie hier noch mehrere Brutplätze. Ganze Wohnquartiere haben keine Spatzen mehr, keine Amseln, obwohl es früher noch „Allerweltsvögel“ waren. Auch Insekten, Fledermäuse, Igel, Amphibien und Eidechsen verlieren ihre Lebensräume in der Nachbarschaft der Menschen. Und die Menschen verlieren ebenfalls ihr grünes Wohnumfeld, was sich negativ auf das Stadtklima auswirkt. Grüne Erholungsräume dienen dem Wohlbefinden und der Umweltbildung.
Abgesehen davon ist die anhaltende Vernichtung der Lebensräume gesetzlich geschützter Tierarten nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz rechtswidrig!
Wir brauchen Hecken, Sträucher, große, höhlenreiche Bäume, Laubstreu, ökologisch wertvolle Blühflächen und offene Bodenstellen. Im Zuge von Baumaßnahmen müssen solche Flächen soweit wie möglich erhalten oder neugeschaffen werden. Artenarme Landschaftsrasen und ein paar kleine neugepflanzte Bäumchen oder exotische kleine Sträucher sind noch kein Ersatz für die gewachsenen wichtigen verlorenen grünen Rückzugsräume.
Die Haltung in der Stadtverwaltung sollte von Respekt für die Natur geprägt sein und diese als Bereicherung anstatt als ausschließliches Hindernis der baulichen Entwicklung sehen. Gehölzstrukturen und Grünflächen erhöhen den Wert unserer Wohn- und Gewerbeflächen, denn sie sorgen für die mittel- und langfristige Bewohnbarkeit der Stadt und den Erhalt von Lebensqualität!
www.nabu-leipzig.de
www.bund-leipzig.de
www.oekoloewe.de
www.ov-leipzig.info
Vier Umweltvereine starten Petition zur Rettung der biologischen Vielfalt in Leipzig
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