An der Bushaltestelle auf der Ostseite des Hauptbahnhofs begann im Juli der Umbau der Leipziger Haltestellenhäuschen. Und dort begann am Dienstag, 26. November, auch eine besondere Plakataktion zum 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution: Auf Großplakaten sind jetzt drei Leipziger zu sehen, die 1989 mit dabei waren, als es darum ging, die erstarrten Verhältnisse ins Rollen zu bringen.

Die drei sind die ersten Protagonisten der Kampagne, die ganz bewusst in diesem November 2019 startet – dem Monat, in dem sich der Fall der Berliner Mauer zum 30. Mal jährt. Die großformatigen City-Light-Plakate werden über ein Jahr lang – bis zum November 2020 – wenn die Wiedervereinigung ihren 30. Geburtstag feiert – an Leipziger Haltestellen zu sehen sein. Den jetzt gezeigten drei Protagonisten werden im Lauf des Jahres noch neun andere folgen.

„Ich arbeite dran“, sagt die bekannte Leipziger Fotografin Karin Wieckhorst, die auf Anfrage der Frankfurter Galeristin Nathalia Laue den Auftrag übernommen hat, zwölf prägende Leipziger Persönlichkeiten zu fotografieren. Nathalie Laue hat auch den Kontakt zu RBL Media geknüpft, das seit Juli die neuen Wartehäuschen in Leipzig aufstellt und sich bereiterklärt hat, die Plakate in ihr Werbeprogramm an den Wartehäuschen mit aufzunehmen.

Karin Wieckhorst im Radio-Interview vor dem Plakatmotiv von Cornelia Matzke. Foto: Ralf Julke
Karin Wieckhorst im Radio-Interview vor dem Plakatmotiv von Cornelia Matzke. Foto: Ralf Julke

Unter dem Titel „’89. Freiheit zur Veränderung. Menschen in Leipzig“ werden die Fotos immer wieder auch überraschend an den Haltestellen auftauchen. Dort wo für gewöhnlich Werbeplakate großer Marken zu sehen sind, werden dann die Portraits von Leipziger Bürgern präsentiert, die im Herbst 1989 mit ihrem mutigen Handeln die Friedliche Revolution angestoßen haben.

Gestartet wurde die ungewöhnliche Plakat-Kampagne am Dienstag mit drei Portraits von Leipziger Aktivisten. Es wird gezeigt, wie diese Menschen heute, 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution, aussehen, was sie heute denken.

Weiter geht es im Februar 2020 mit drei Fotos von Menschen, die 1989 in Leipzig als Jugendliche erlebt haben. Wieder drei Monate später werden wieder drei Portraits auf Plakaten zu sehen sein, diesmal von Menschen, die nach der Wende nach Leipzig kamen und hier bis heute leben. Und weiter im Dreimonats-Rhythmus geht es bis im November 2020, wo alle insgesamt 12 Plakatmotive im gesamten innerstädtischen Bereich zu sehen sein werden.

Die drei aktuellen Plakatmotive, gehalten von Uwe Frauendorf, Karin Wieckhorst und Cornelia Matzke. Foto: Ralf Julke
Die drei aktuellen Plakatmotive, gehalten von Uwe Frauendorf, Karin Wieckhorst und Cornelia Matzke. Foto: Ralf Julke

Die Portraits stammen von der Leipziger Fotografin Karin Wieckhorst (*1942), die selbst in den 1980er Jahren in Leipzig aktiv fĂĽr die Freiheit eingetreten ist, sowohl als Demonstrantin als auch als Fotografin. Karin Wieckhorst hat sich Zeit ihres Erwachsenenlebens in der DDR mit dem Thema Freiheit befasst und sich mit den Mitteln der Fotografie stets dafĂĽr ausgesprochen.

Als Chronistin begleitete sie beispielsweise den 1. und einzigen Leipziger Herbstsalon im Jahr 1984. Dabei entstanden mehr als 200 Fotos, die heute ein wertvolles Dokument darstellen und noch bis zum 7. Dezember 2019 in der umfassenden Ausstellung „1. Leipziger Herbstsalon. Ein großer Coup“ im Museum der bildenden Künste Leipzig zu sehen sind.

In den Portraits von Karin Wieckhorst geht es immer um Lebensgeschichten. So auch in diesem jĂĽngsten Fotoprojekt, das die Frankfurter Galeristin Nathalia Laue ins Leben gerufen hat.

Was aber erwartet die Bürger und Besucher der Stadt Leipzig nun mit dem Projekt ’89. Freiheit zur Veränderung. Menschen in Leipzig?

Die großformatigen fotografischen Bildnisse zeigen Leipziger Bürger, die entweder aktiv und mutig im Herbst 1989 an den Montagsdemonstrationen teilgenommen haben und damit den Fall der Mauer ermöglichten oder deren Lebenswege auf programmatische Weise von den Ereignissen 1989 und den darauf folgenden gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt wurden – deren Leben ohne eine „Wende“ nicht das wäre, was es heute ist.

Karin Wieckhorst und Uwe Frauendorf vor dem Plakatmotiv mit Uwe Frauendorf. Foto: Ralf Julke
Karin Wieckhorst und Uwe Frauendorf vor dem Plakatmotiv mit Uwe Frauendorf. Foto: Ralf Julke

Den Auftakt dieser Serie von insgesamt 12 Portraits bilden die Fotos von drei Protagonisten der Leipziger Montagsdemonstrationen: Uwe Frauendorf, Cornelia Matzke und Uwe Schwabe.

Wie sehen diese Menschen heute aus und mit welchem Gedanken blicken sie sowohl zurück ins Jahr 1989, als auch in die Zukunft? So zeigen die Plakate nicht nur die sehr persönlichen und eindrücklichen Portraits, sondern es werden den Dargestellten auch ihre eigenen Gedanken zur Seite gestellt in Form von prägnanten Zitaten wie „Veränderung ist möglich“ (Cornelia Matzke) oder „Aus Angst wurde Freiheit“ (Uwe Frauendorf) oder „Freiheit beginnt im Kopf“ (Uwe Schwabe).

Und bei der Gelegenheit bestätigte dann Daniel Lange, Geschäftsführer RBL Media GmbH, auch, dass das Unternehmen den Umbau der bestehenden Leipziger Wartehäuschen bis Weihnachten schaffen wolle. Nur die Anpassung der Schutzgeländer werde man erst 2020 schaffen, da die gewünschte Auftragsfirma nicht wie gewünscht zur Verfügung gestanden habe.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. Oktober 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 450 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion „Freikäufer“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar