LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 71, seit 27. September 2019 im HandelAufstand oder Aussterben? Diese Frage dürfte sich vielen Klimaaktivist/-innen seit dem 20. September verstärkt stellen. Während weltweit Millionen Menschen für Klimaschutz demonstrierten, hat die Bundesregierung das „Klimaschutzprogramm 2030“ beschlossen. Aus Sicht vieler Kritiker/-innen wird es aber genau das nicht schaffen: das Klima ausreichend schützen.
Schon seit Anfang September veranstaltet die Gruppe „Extinction Rebellion Leipzig“ (XR Leipzig) öffentliche Vorträge unter dem Titel „Aufstand oder Aussterben?“. Nach eigenen Angaben existiert sie seit Anfang des Jahres und besteht aktuell aus etwa 30 aktiven Mitgliedern.
Ähnlich wie „Ende Gelände“ ruft XR zu zivilem Ungehorsam auf, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Mittlerweile gibt es weltweit hunderte Ortsgruppen der im vergangenen Jahr in Großbritannien entstandenen Bewegung.
Bei einem Vortrag in der „Frauenkultur“ in Leipzig erklärte eine Aktivistin zunächst die Situation, wie sie sich für XR darstellt. Dass die Menschheit bald ausstirbt, liege „im Bereich des Möglichen“. Die Erderwärmung werde zudem die menschliche Gesellschaft destabilisieren und zu Bürgerkriegen, Diktaturen und Faschismus führen – sofern sie nicht aufgehalten wird.
Der zweite Teil des Vortrags widmete sich „Extinction Rebellion“ selbst. Aus moralischen und strategischen Gründen wolle man gewaltfrei rebellieren. Genau das sei eine „angemessene Reaktion“ auf die aktuellen Zustände. „Extinction Rebellion“ hat weltweit drei konkrete Ziele: die Wahrheit über den Klimawandel verbreiten, die politischen Entscheidungen daran ausrichten und Bürgerversammlungen einführen.
Die Leipziger Ortsgruppe vermeidet es – so wie andere auch – sich selbst als links oder antikapitalistisch darzustellen. Betrachtet man die offenbar weitgehend fehlenden Hierarchien, die Ziele und die Mittel, die angewendet werden sollen, ist XR aber genau das. Am 1. Oktober gab es im „Handstand und Moral“ einen weiteren Vortrag.
Hauptsächlich bereitet sich „Extinction Rebellion“ bereits auf den 7. Oktober 2019 vor. Ab jenem Tag soll es in Berlin und anderen Städten wie London, Paris und New York für eine Woche eine „Rebellion“ geben. Ziel sei es, „die alltäglichen Routinen, die unsere Lebensgrundlagen zerstören, zu blockieren“.
Auch für Leipzig deuten sich natürlich Aktionen ab diesem Tag an.
Die Leipziger Zeitung, Ausgabe September 2019 ist am 27. 09. 2019 erschienen und hier zu kaufen.
Die Rede von Dr. Mark Benecke bei Extinction Rebellion am 10. Juni 2019 in Leipzig
Video: L-IZ.de
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Es gibt 2 Kommentare
Ergänzung: XR konterkariert die Ziele von FFF.
Die Bürger*innenversammlung hat eine Grundgesetzänderung als Voraussetzung. Das dauert im besten Falle 3 Jahre. Die Bürger*innenversammlung soll nach XR zufällig besetzt werden. Was passiert, wenn da lauter AfD’ler*innen oder Gelbwesten drin landen? Und was ist der Sinn dieser Versammlung? Böse formuliert: Zeit schinden. Zeit, die man nicht mehr hat. In einer repräsentativen Demokratie gibt es die Erwartung, dass die Gewählten sich für das Wohl der Bevölkerung einsetzen. Wenn nicht mal die das tun, wie soll das erst eine willkürlich zusammengewürfelte Gruppe das schaffen. Man darf hierbei auch nicht vergessen, dass dem Parlament immerhin Fachberatung zusteht und Entscheidungskompetenz. Wird diese Entscheidungskompetenz übergangen, stellt sich doch die Frage, wozu man das Parlament dann noch wählt?
“Die Leipziger Ortsgruppe vermeidet es – so wie andere auch – sich selbst als links oder antikapitalistisch darzustellen. Betrachtet man die offenbar weitgehend fehlenden Hierarchien, die Ziele und die Mittel, die angewendet werden sollen, ist XR aber genau das.”
Nein. Erstens gibt es bei XR stärkere Hierarchien als bei FFF und man kann auch nicht einfach mitmachen, sondern muss erst an einer Einführungsveranstaltung teilnehmen. XR ist zunächst auch keine politische Gruppierung, sondern hochgradig apolitisch. Es werden zudem keine Inhalte diskutiert, sondern die Forderungen wie ein Katechismus verbreitet – egal wie unsinnig sie sind. Eine politische Gruppierung würde bspw. auch darüber diskutieren, mit welchen Maßnahmen man welche Ziele erreichen kann. Das ist bei XR nicht vorgesehen. Und wer mal eine Aktion von XR erlebt hat, ist über die mangelnde Radikalität verwundert. Besonders schön war die Aktion, wo man während der Grünphase für Zufußgehende mit einem Transparent vor den Autofahrer*innen stand und sofort die Kreuzung räumte als für den Fußverkehr rot wurde. Bei den Autofahrenden hat man sich dann noch für die Unannehmlichkeiten entschuldigt. Und das nennt sich “rebellisch”. Und in Berlin hat man letztens die Büro der Linken besetzt, weil man Willkommen geheißen wurde. https://twitter.com/XRBerlin/status/1178561676888723456