Die Leipziger Buchmesse startete am Donnerstag, den 21. März, in die nächste Runde. Bereits am Abend zuvor fand auf dem Augustusplatz erneut eine antirassistische Kundgebung gegen die Präsenz rechter Verlage statt. Das Bündnis „Leipzig liest weltoffen“ hatte dazu aufgerufen und wird auch während der Buchmesse mit einem Stand sowie mehreren Lesungen und Podiumsdebatten präsent sein.

Etwa 100 bis 150 Menschen haben am Mittwoch, den 20. März, gegen rechte Verlage auf der Leipziger Buchmesse demonstriert. Das Bündnis „Leipzig liest weltoffen“ hatte zu der Kundgebung unter dem Motto „Keinen Regalmeter für Faschismus“ auf dem Augustusplatz aufgerufen.

Anlass war die erneute Präsenz zahlreicher rechter Verlage auf der Buchmesse, darunter das „Compact“-Magazin von Jürgen Elsässer und das NPD-Blatt „Deutsche Stimme“. Vor Ort interessieren sich zwar wenige Menschen auf der Buchmesse für ihre Ideologie, doch die öffentliche Wirkung versuchen sie regelmäßig über die mediale Verbreitung via Youtube zu erreichen. Nach Ansicht der Organisatoren der Kundgebung nutzen diese Medien die Buchmesse zudem, um sich zu vernetzen und ihre Ideologien zu verbreiten. Was sie auch umgehend taten.

In einem seit Donnerstag auf Youtube verbreiteten Video wurde deutlich, dass vor allem der sogenannte „Volkslehrer“ Nikolai Nerling auch in diesem Jahr keine Gelegenheit auslassen dürfte, rechtsextreme Ideologien auf der Buchmesse aktiv zu befördern. In einer Art Ein-Mann-Demo rief der ehemalige Lehrer „für Meinungsfreiheit“ und forderte, dass auch Rechte auf der Buchmesse ihren Platz finden sollten.

Wie er sich das vorstellt, folgte am gleichen Abend, offenbar zugelassen durch die Leipziger Messeleitung. Gemeinsam mit Frank Franz (Bundesvorsitzender der NPD) und Peter Schreiber (Chefredakteur des NPD-Parteiorgans „Deutsche Stimme“), welche Nerling im Video seine „Begleiter“ nennt, besuchte er die Eröffnungsveranstaltung im Gewandhaus. Im Laufe des Beitrages schienen sich alle drei zusammengefasst einig, dass die diesjährige Buchmessepreisträgerin für europäische Verständigung, die russisch-amerikanische Journalistin Masha Gessen, eine „heimatlose Lesbe“ sei.

Der gesamte Abend, an welchem sich unter anderem Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) explizit gegen rechtsextreme Strömungen aussprach, sei gegen Russland gerichtet gewesen. Etwas, was die beiden beteiligten NPD-Funktionäre mit Putin-Konterfeits auf den Shirts im Gewandhaus wohl schon vorher wussten.

Bereits am Donnerstag sondierte dann Nikolai Nerling neben Identitären und weiteren NPD-Kadern den Stand von „Leipzig liest weltoffen“ und es gab Erkundigungen, ob und wann denn „was passieren würde“. Ein erstes Zeichen dafür, dass auch in diesem Jahr die rechtsextremen Verlage und Teilnehmer versuchen werden, jeden Widerspruch gegen Rassismus in eine Art Märtyererhaltung drehen zu wollen.

In weiteren Videos im Netz bezeichnet demnach Nerling nicht grundlos den ehemaligen „Blood and Honour“-Aktivisten Sven Liebich aus Halle als einen „Kollegen“ und führte bereits deutlich zugewandte Video-Interviews im Umfeld von Prozessen gegen Holocaustleugner zu deren Gunsten.

Die Rednerinnen und Redner auf der „Leipzig liest weltoffen“-Kundgebung auf dem Augustusplatz hingegen thematisierten unter anderem den Umgang mit solchen Medien und Machern. Zwar solle man deren Recht, sich frei zu äußern, nicht einschränken – jedoch müsse eine Gesellschaft menschenverachtenden Positionen nicht freiwillig uneingeschränkten Platz einräumen. Und im Zweifel eben widersprechen, etwas, was bekanntlich in einer wirklich demokratischen Debatte immer möglich ist.

Kurz nach 18:30 Uhr gab es am Mittwoch die bekannte Fotoaktion, bei der die Teilnehmenden ein Buch präsentierten, das für Menschlichkeit und Solidarität steht.

Wer ist „Leipzig liest weltoffen“?

Das Bündnis „Leipzig liest weltoffen“ besteht unter anderem aus „Leipzig nimmt Platz“ und den „Verlagen gegen rechts“. Auch L-IZ.de und die LEIPZIGER ZEITUNG haben sich dem Bündnis angeschlossen. Dieses ist auf der Buchmesse in Halle 2 mit dem eigenen Stand A304 vertreten und wird mehrere Lesungen (für groß und klein), Podiumsdebatten und Aktionen durchführen.

Im Laufe der Tage werden so unter anderem der Leipziger Karikaturist Schwarwel, der Buchautor André Herrmann und unzählige weitere Künstler am Stand zu Gast sein. Täglich findet hier auch jeweils um 13 Uhr ein „Offenes Forum“ statt. Am Sonntag wird um 14 Uhr die LZ-Debatte „Lehrer unter Druck – Schule in Zeiten des AfD-Lehrerprangers“ in Halle 5 auf der großen Bühne zu Gast sein.

Hier findet sich das gesamte Programm der Leipziger von „Leipzig liest weltoffen“ auf der Neuen Messe für die kommenden Tage (PDF).

Der Stand von „Leipzig liest weltoffen“ in Halle 2, A304

Ein Rundblick auf der Kundgebung „Büchermeer“

Video: Marco Arenas

Der Messeplan mit allen Hallen (auf Buchmesse.de)

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Es gibt 6 Kommentare

Mir geht es wie Matthias. Ich kenne den Typen nicht. Er interessiert mich auch nicht. Weshalb ich auch nicht nach ihm suche.

Was mir jedoch beim Lesen des Kommentars aufgefallen ist: Der Typ bekommt hier ungerechtfertigt ein Podium. Es wird damit das Erwartete auch getan. So, wie es auch das Bündnis “Leipzig liest weltoffen” tut – das Erwartete. Und damit ein Podium gebend.

Die wirklichen Wegbereiter einer anderen Republik (Schröder, Riester, Fischer, Merkel & Co.), die dem Neoliberalismus den Weg bereitet haben, werden demgegenüber ignoriert. Es wäre allerdings auch etwas komplexer, als nur “Nazis raus” zu rufen.

Wenn dem Neoliberalismus etwas entgegen gesetzt würde, wären die Nazis raus-Rufe unnötig. Denn diese sind in Wahrheit ein Randproblem. Ein lediglich kriminelles Randproblem.
Der Neoliberalismus dagegen nicht.

Wenn statt über dieses Randproblem über Alternativen zum Neoliberalismus geschrieben würde, wenn statt über Disruption über Vision geschrieben würde, wenn “Leipzig liest offen” statt gegen Bücherregale zu demonstrieren den Hartz IV – Demonstranten beigestanden hätte, dann gäbe es die AfD in dieser Form vermutlich gar nicht?

@Wiesner: Schwierig ist das eigentlich nicht. Die Frage ist wohl eher, ob die Buchmesse ihre eigene Hausordnung kennt. Schauen wir also mal, wie es sich entwickelt.

Ihr M.F.

PS.: Mich überrascht es zwar nicht mehr, aber dennoch ist Immer wieder interessant zu sehen, wie eben jene, die gern ein Höchstmaß an Objektivität und Neutralität von Journalisten einfordern, in diesen Videos keine klare Unterstützungshandlung des vorgeblich “Berichtetenden” erkennen können. Nun gut, als Journalisten würde ich ihn ja auch nicht bezeichnen …

Nun, wer sich da mal selbst ein weiteres Bild von dem selbsternannten ‘Volkslehrer’ Nikolai Nerling machen will,
der auch insgesamt sehr sehenswerte Beitrag von 3sat (12.9.2018), der in nur 45 min die verschiedenen Facetten des Antisemitismus in Deutschland sehr umfassend beleuchtet, sei da empfohlen.
Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper Berlin, geht dabei in Einzelinterviews sehr differenziert der Frage nach, wie Juden heute in Deutschland wahrgenommen werden, welchen Anfeindungen sie ausgesetzt sind, aber auch wie sie unserer Gesellschaft selbstverständlich angehören.

Nach ca. min 35:00 kommt der wegen Volksverhetzung entlassene Grundschullehrer selbst zu Wort
und man kann verstehen, wenn man verstehen will,
warum es gut ist, dass er keine Kinder mehr unterrichten darf.
http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=75382

Nachgedanke:
Und wer, wie Nikolai Nerling im Interview, den “Personalausweis der BRD” nicht anerkennt, weil er eine eigene Definition von einem “deutschen Volk” hat.. auch das ist zum Mindesten nicht ‘witzig’.

Vom ‘Volks-Reichsbürger’ über die Verharmlosung des von Thorsten Heise

(“(* 23. Juni 1969 in Göttingen) ist ein deutscher militanter Neonazi, führender Aktivist der Freien Kameradschaftsszene und Mitglied im Bundesvorstand der NPD. Er ist Herausgeber der Zeitschrift Volk in Bewegung & Der Reichsbote. Seit Februar 2017 ist er Landesvorsitzender der NPD Thüringen.”, de.wikipedia.org/wiki/Thorsten_Heise, dort auch zu weiteren weltweiten Vernetzungen in die militante Neu- und Alt-Nazi-Szene)

organisierten “Schild und Schwert”-Festivals am 20./21. April 2018 im ostsächsischen Ostritz zu einem offenen Unterstützer der ‘Neu-‘Rechten auf der Leipziger Buchmesse –
da ist es einfach gut, dass es u.a. auch das Bündnis „Leipzig liest weltoffen“ gibt, um Menschenfeinden eine demokratische, allen Menschen zugewandte Kultur entgegen zu setzen.

Und den einen oder anderen ‘Leichtgläubigen’ vielleicht doch über die Hintergründe aufzuklären.

Der Typ fordert keine Meinungsfreiheit ein! Er fordert seine Meinung als für Alle bindend ein! Kannte den garnicht, hab jetzt mal Videos angesehen: ein unverhohlener Nazi!

Gibt es zwei “Volkslehrer”? Ich hab von o.g. noch kein witziges und gut gemachtes gesehen. Ganz im Gegenteil. Nach ein paar seiner Videos war ich sehr froh, dass der Mann keine Kinder mehr unterrichten darf.

Ja, auch an diesem Text sieht man, wie schwierig es ist, dem “Volkslehrer” beizukommen, der im Grunde nur Meinungsfreiheit einfordert.
Seine Videos sind gut und witzig gemacht und lassen seine linken, oftmals hysterischen Gegner in schlechtem Licht erscheinen.
Hätte nicht erwartet, dass an dieser Stelle für ihn geworben wird…

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