Seit 2005 schwebt das Wassertouristische Nutzungskonzept (WTNK) als dicker rosa Elefant über dem Neuseenland, immer wieder als Planungsgrundlage auch für Bauwerke genutzt, die tief in die Schutzgebiete im Leipziger Gewässerknoten eingreifen. Eigentlich war dieses seltsame Konzept reif für eine gründliche Überarbeitung. Deswegen fand man selbst beim NuKLA e.V. die Idee gut, jetzt endlich mal eine Bürgerbeteiligung zum WTNK zu machen. Aber auch diese Beteiligung ist nur ein Fake.

Das ahnte Wolfgang Stoiber, der für den NuKLA e.V. am Runden Tisch zum WTNK saß, schon nach der ersten Sitzung. Denn die Einladung zur Fortschreibung des WTNK hatte man durchaus auch so interpretieren dürfen, dass die Steuerleute dieses Konzepts im Grünen Ring in diesen zwölf Jahren dazugelernt haben und jetzt endlich bereit sind, die Fehlplanungen zu korrigieren.

Aber die beteiligten Naturschutzverbände, die in den vergangenen Jahren massive Kritik an den immer neuen Verstößen gegen Naturschutzauflagen vorbrachten – und zwar berechtigte wie an der Pleiße (Schiffbarmachung) oder dem Floßgraben (Nutzungsdruck, Entkrautung …) – stellten schnell fest, dass die Veranstalter des „Beteiligungsverfahrens“ gar nicht vorhatten, die alten Fehler zu korrigieren. Mit Fortschreibung ist tatsächlich gemeint, alle alten Projekte unbedingt fortzuführen und jetzt noch neue obendrauf zu packen. Also einfach zu ignorieren, dass das WTNK eine Serie immer neuer Naturschutzverstöße produziert.

Und gleichzeitig dem erklärten Willen der Mehrheit der Bewohner des Neuseenlandes zuwiderläuft, die sich einen naturnahen sanften „Wassertourismus“ wünschen, nicht den forcierten Motorbootsport, wie er jetzt im Zentrum steht.

Schon vor der Sitzung im August haben die Naturschutzverbände ein Positionspapier in den Runden Tisch eingebracht, „in dem sie ihre Anforderungen an die Beteiligung und an das Verfahren zur Fortschreibung des wassertouristischen Konzeptes darlegen. Ende September 2018 wird es deshalb ein Gespräch zwischen den Naturschutzverbänden und dem Grünen Ring Leipzig geben, in dem der Dissens zur rechtlichen Einordnung des WTNK geklärt werden soll.“ So war es in der damaligen Presseerklärung zu lesen.

Schon diese Formulierung fanden die Naturschutzverbände seltsam: Entweder werden sie ordentlich fachlich in die Konzeption eingebunden und ihre fachlichen Stellungnahmen werden berücksichtigt – oder der Runde Tisch ist tatsächlich nur ein Mäntelchen, mit dem kaschiert werden soll, dass beim WTNK nicht einmal die ordnungsgemäße Beteiligung der Naturschutzverbände erfolgt. Und das, obwohl es in der Summe eine riesige Baumaßnahme mitten in naturschutzrechtlich sensiblen Gebieten ist und normalerweise eine richtige Umweltverträglichkeitsprüfung für das Gesamtkonzept hätte erfolgen müssen.

Die ist nie erfolgt.

Und dass dann der Grüne Ring gleich mit einem Rechtsanwalt aufkreuzte, der den seit Jahren fachlich arbeitenden Naturschutzverbänden erklären sollte, zu was sie berechtigt sind, ließ Wolfgang Stoiber natürlich die Hutschnur platzen. Der NuKLA e.V. verabschiedete sich aus der Runde und machte den Ausstieg öffentlich.

NuKLA-Vorsitzender Wolfgang Stoiber mit dem Flyer fürs Symposium. Foto: Ralf Julke
NuKLA-Vorsitzender Wolfgang Stoiber mit dem Flyer fürs Symposium. Foto: Ralf Julke

Und weil die veranstaltenden Ämter nicht reagierten, obwohl damit eigentlich auch die dritte Sitzung des Runden Tisches ins Leere lief, machte er seinen Frust auch noch in einem Brief an die betreuende Agentur deutlich, in dem er gerade die Behauptung, es gäbe tatsächlich ein richtiges Beteiligungsverfahren, in der Luft zerfetzte. Eine Pressemeldung zur nächsten Sitzung hatte es nicht gegeben – die Runde war in völligem Dissens auseinandergegangen.

„Wir selbst wiederholen uns – und zwar so lange, bis es jeder versteht, auch ‚die Akteure‘ des WTNK: Es fand kein Beteiligungsprozess statt! Denn ein solcher hätte per se ergebnisoffen gewesen sein müssen. Das war der sogenannte Runde Tisch zum WTNK zu keinem Zeitpunkt. Das Ergebnis stand von vornherein fest, bereits im Titel ‚Fortschreibung des WTNK‘.

Es sollte lediglich über eine weitere Zernutzung der Natur und ihrer Gewässer gesprochen und dafür möglichst umfassende Zustimmung eingeholt werden. Notwendige Einschränkungen, um die Natur als Natur zu schützen, waren nie vorgesehen, ebenfalls zu keinem Zeitpunkt. Dementsprechend wird auch eine zu erwartende Nutzung abgefragt und nicht etwa die bereits jetzt schon bestehende Übernutzung reglementiert.

Jegliches Monitoring, jedenfalls soweit es sich auf den Naturschutz bezieht, ist wertlos, da dieses auf der schon bestehenden intensiven Nutzung aufsetzt und nicht den Zustand ohne die Nutzung als Referenzgröße nimmt, wie es erforderlich und wissenschaftlich korrekt wäre. Dieser Zustand vor jeglicher Nutzung wurde niemals festgehalten, natürlich aus gutem Grund.“

Sein Finale: „Wir erwarten, dass, soweit Sie von ‚den Naturschutzverbänden‘ sprechen, ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass NuKLA und die GRÜNE LIGA Sachsen den ‚Runden Tisch‘ verlassen haben, weil es die geforderte Evaluierung des WTNK nie gab und diese auch niemals vorgesehen war und beide Verbände sich an dieser gezielten Irreführung der BürgerInnen nicht beteiligen.“

Wolfgang Stoiber hat vom selbstgerechten Ämterstammtisch die Nase voll

Wolfgang Stoiber hat vom selbstgerechten Ämterstammtisch die Nase voll

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