Auch mit ihrem zweiten Antrag widmen sich die Grünen dem Petitionsausschuss. Sachsen hat ja ein ziemlich hinterwäldlerisches Kommunalrecht. Die Ausschüsse der von den Leipzigern selbst gewählten Ratsversammlung tagen fast alle unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch der Petitionsausschuss, in dem ausgerechnet über die Petitionen der Leipziger diskutiert wird.

Ein Unding, findet auch Michael Schmidt, Grünen-Stadtrat und Vorsitzender des sechsköpfigen Petitionsausschusses. Jede Fraktion darf eine Stadträtin oder einen Stadtrat entsenden, die Stadt schickt einen Justiziar dazu, damit die Entscheidungen auch rechtlich korrekt sind.

Der Petitionsausschuss befasst sich in der Regel sehr gründlich mit den Petitionen, holt sich Stellungnahmen der Verwaltung ein, lädt auch manchmal die Fachexperten der Verwaltung dazu.

Bisher war es auch nicht üblich, dass der alle zwei Wochen tagende Ausschuss das Rathaus verließ. Das hat er bei der Petition zur Inneren Jahnallee zum ersten Mal gemacht. Was natürlich die Entscheidung beeinflusst: Je mehr die Ausschussmitglieder wissen, umso realistischer ist ihr Beschlussvorschlag.

Aber da fehlt noch was, sagt Michael Schmidt: „Wir dürfen noch keine externen Fachleute einladen.“

Denn auch im Petitionsausschuss merkt man, dass die Fachmeinung der Verwaltung meistens nur eine Sichtweise bietet – die andere, ebenso berechtigte Sichtweisen, meist ignoriert. Deswegen zielt der Grünen-Vorschlag auf eine deutliche Aufwertung des Petitionsausschusses.

Der soll nämlich in seiner Funktion zu einem beschließenden Ausschuss gemacht werden – so, wie es der Grundstücksverkehrsausschuss zum Beispiel schon ist. Der tagt öffentlich – die Leipziger dürfen an den Sitzungen teilnehmen. Und er fällt Entscheidungen. Die Bürger können öffentlich nachvollziehen, was in diesem Ausschuss passiert. Anders als in den meisten anderen Ausschüssen, die keine beschließenden sind und deshalb unter Ausschluss der Öffentlichkeit (und auch der Presse) tagen.

In Bayern z. B. tagen sämtliche Ausschüsse in den Gemeinden öffentlich. „In dieser Beziehung ist das bayerische Kommunalrecht moderner als das sächsische“, sagt Grünen-Stadtrat Tim Elschner.

Tim Elschner (Grüne). Foto: L-IZ.de
Tim Elschner (Grüne). Foto: L-IZ.de

Aber warum der Petitionsausschuss unter Verschluss tagt, fragen sich Tim Elschner und Michael Schmidt? Das macht überhaupt keinen Sinn.

Deshalb beantragen die Grünen die Umwandlung des Petitionsausschusses in einen „beschließenden Ausschuss nach § 41 (1) SächsGemO“.

Was natürlich die Zusammensetzung ändert. Dann werden nicht nur fünf Stadträte (aus jeder Fraktion einer) entsandt, sondern der Ausschuss braucht zwölf Mitglieder. Und die Ratsfraktionen sind nach den Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat dort vertreten, sodass auch die Entscheidungen im Petitionsausschuss eine demokratisch legitimierte Grundlage bekommen.

Und das soll sich ändern – vielleicht ab der nächsten Wahlperiode, sagt Michael Schmidt. Denn 2019 sind in Leipzig ja auch Kommunalwahlen. Da kann die Verwaltung zwar vor der Wahl noch einen Vorschlag zur Umsetzung machen – aber umsetzen wird es erst der neu gewählte Stadtrat.

Hier die vorgeschlagenen Änderungen:

– der Petitionsausschuss zu allen Petitionen ist öffentlich, außer „die Petent*innen lehnen dies ab oder datenschutzrechtliche Gründe sprechen dagegen“

– Öffentliche Sitzungen des Petitionsausschusses sollen mittels Livestream verfolgt werden können. Stattgefundene öffentliche Sitzungen sollen per Video-on-Demand nachbetrachtet werden können.

– Auf Einladung des Petitionsausschusses ist den Petent*innen ein Rederecht einzuräumen, sodass sie ihre Anliegen dem Petitionsausschuss in seinen Sitzungen ggf. persönlich vorstellen können.

– Zur Vertiefung eines Sachverhalts ist dem Petitionsausschuss auch die Möglichkeit der Anhörung externer Sachverständiger einzuräumen. Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, die Einsicht in Akten zum entsprechenden Vorgang einzuräumen.

– Der Petitionsausschuss legt dem Stadtrat jährlich einen Tätigkeitsbericht als Informationsvorlage in Bezug auf das zurückliegende Jahr vor. Der Petitionsausschuss stellt im Rahmen einer Pressekonferenz seinen jährlichen Tätigkeitsbericht vor. Er wird dabei von der Stadtverwaltung unterstützt.

***

Denn das ist ja fast das Wichtigste: Die Leipziger können bislang nicht nachvollziehen, wie die Entscheidungsfindung zustande kommt. Und niemand erfährt, was der fleißige Ausschuss eigentlich übers Jahr alles beraten, entschieden und geschafft hat. „Fünf bis zehn Entscheidungen pro Sitzung“, sagt Michael Schmidt. Ein wichtiges Stück Bürgerbeteiligung bleibt hinter verschlossenen Türen versteckt.

Ein Unding. Da beteiligen sich der Bürger – aber der Vorgang bleibt verborgen.

Möglicherweise braucht es für die hier vorgeschlagene Öffnung ein bisschen mehr Geld. Da soll sich die Verwaltung Gedanken drüber machen, finden die Grünen. Aber es wäre ein elementarer Schritt, den Bürgern wirklich mal zu zeigen, dass ihr Engagement nicht einfach in ein großes schwarzes Loch fällt.

Die Begründung der Grünen: „Der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist es immer schon ein wichtiges Anliegen, die Mitwirkungs- und Mitsprachemöglichkeiten der Leipziger*innen in kommunalpolitischen Angelegenheiten zu stärken und weiterzuentwickeln.

Ein bürgernahes Petitionswesen zeichnet sich nach Auffassung der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen insbesondere durch ein hohes Maß an Transparenz aus. Bei der Weiterentwicklung der Verfahrensgrundsätze sind deshalb Bürgernähe, Transparenz und Niedrigschwelligkeit unbedingter Maßstab. Mit der Stärkung des Petitionsrechts soll unseres Erachtens auch eine Stärkung des Petitionssauschusses, der die Eingaben immer ernsthaft und mit der gebotenen Sorgfalt bearbeitet, einhergehen. Damit das Petitionswesen noch bekannter wird, ist die Öffentlichkeitsarbeit zu intensivieren.“

Eine Muntermacher-LZ Nr. 61 für aufmerksame Zeitgenossen

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