Veräppelt nach Strich und Faden. Anders kann sich Roland Mey nun, nach dem letzten Versuch, das Volksbegehren für ein gemeinsames Bundesland in Mitteldeutschland zu retten, nicht mehr fühlen. Denn was das Bundesinnenministerium 2015 so schlau eingefädelt hatte, zieht dem Volksbegehren jetzt den Boden unter den Füßen weg. Das Bundesverfassungsgericht hat Bedenken. Und die gehen um Formulierungen. Genau die, die Roland Mey 2015 schon die Haare zu Berge steigen ließen.

Damals hatte er zusammen mit seinem Hallenser Mitstreiter Bernward Rothe die dicken Pakete mit Unterschriften für das Begehren zur Bildung eines gemeinsamen Bundeslandes Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen selbst nach Berlin gefahren und im Bundesinnenministerium abgegeben. Da passierte ein Weilchen nichts und dann schickte ein cleverer Justitiar aus dem Ministerium eine „Aufforderung zur Behebung von Mängeln nach § 24, Abs. 2 G Artikel 29“.

Eigentlich war der Antrag klar formuliert und Roland Mey hatte mit seinem Hallenser Mitstreiter, dem mittlerweile früh verstorbenen Bernward Rothe, auch alles richtig gemacht, so, wie es auch die Ausführungsbestimmungen zum entsprechenden Paragraphen im Grundgesetz verlangen: Sie waren in einem konkret umrissenen Gebiet im Herzen des von ihnen gewünschten neuen Landesgebietes unterwegs gewesen und hatten auch genug Unterschriften gesammelt.

Doch der clevere Justitiar verlangte genau in diesem Punkt eine Konkretisierung. Er interpretierte die Vorgabe einfach in seinem Sinn um und verlangte: „Das Volksbegehren kann sich nur auf die Herbeiführung einer einheitlichen Landeszugehörigkeit für den im Antrag als solchen bezeichneten zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum beziehen. Der zusammenhängende, abgegrenzte Siedlungs- und Wirtschaftsraum sowie der Neugliederungsraum müssen identisch sein.“

Was natürlich Blödsinn ist. Genau das wird eben nicht verlangt. Aber Ministerien in Deutschland schweben ja in anderen Sphären. Die Ausführungsbestimmung zum Grundgesetz hatte ganz bewusst einen kleineren „zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum“ definiert, damit Leute wie Mey und Rothe überhaupt eine Chance haben, genug Unterschriften für ein Bürgerbegehren zu sammeln. Hätten sie die volle Fläche von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bereisen müssen, wären sie heute noch nicht fertig mit Unterschriftensammeln.

Aber genau diese Änderung – auf die Bernward Rothe dann doch noch einging – führte den ganzen Antrag ad absurdum. Denn ein neues Bundesland, bestehend aus Leipzig, Halle und den angrenzenden Landkreisen, wollten die beiden überhaupt nicht. Und das hatten sie den vielen Menschen, die ihre Unterschrift gaben, so auch nicht erzählt. Das war lediglich das geforderte zusammenhängende Wirtschaftsgebiet, wo sie mit ihrem Sammelstand unterwegs waren.

Und genau das führt das Bundesverfassungsgericht nun gegen die beiden an, nachdem Roland Mey gegen die Nichtzulassung des Volksbegehrens Beschwerde beim obersten Verfassungsgericht eingereicht hatte.

Das Gericht aber übernimmt die vom Innenministerium vorgegebene Interpretation, und die unterstellt dem Begehren genau das, was es gar nicht begehrt: die beiden Antragsteller würden einen Neugliederungsraum verlangen, der aus den drei Bundesländern regelrecht herausgeschnitten werden sollte. Die Volte des Innenministeriums wird also aufgenommen. Und damit auch die Haltung des Bundesinnenministers, der das Volksbegehren schon im vergangenen Jahr für „unzulässig“ hielt.

Und das jetzt unterzeichnet von einem Richter, der eigentlich als Föderalismusexperte gilt.

„Die Beschwerde dürfte offensichtlich unbegründet sein“, schreibt er an Roland Mey, der diesen letzten Weg direkt zum Bundesverfassungsgericht gesucht hatte, um wenigstens dort Recht zu bekommen.

Aber augenscheinlich folgt der zuständige Richter lieber der Auslegung des Innenministeriums, das mit seiner Aufforderung erst dafür gesorgt hat, dass aus einem klaren Volksbegehren ein „unzulässiger“ Vorgang wurde.

So wächst natürlich weder das Vertrauen in Politik noch in die Unabhängigkeit der Justiz.

Und Leute wie Roland Mey werden entmutigt, überhaupt noch aktiv zu werden, um eine naheliegende Idee auf die politische Ebene zu bringen.

Roland Mey jedenfalls ist dieses Kampfes gegen Windmühlen jetzt müde. Er will nicht weitermachen, auch wenn er auf die Bedenken des Bundesverfassungsgerichts jetzt noch einmal reagieren dürfte. Aber wie räumt man die Bedenken eines Bundesverfassungsrichters aus, wenn der die Position eines selbstgefälligen Ministeriums so unhinterfragt übernimmt und die Beschwerde gegen dessen Vorgehen für „offensichtlich unbegründet“ hält?

Die Geschichte des Schachzugs im Bundesinnenministerium können Sie hier lesen.

Eine Muntermacher-LZ Nr. 61 für aufmerksame Zeitgenossen

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