Eigentlich ist beim Leipziger Auenwald alles klar. Zumindest aus Sicht der Stadt Leipzig. Oder besser: des Dezernats Umwelt, Ordnung, Sport, dem wir wahrscheinlich das Wörtchen „Umwelt“ demnächst genauso fortnehmen werden wie dem Sächsischen Landwirtschaftministerium. Am 24. Oktober steht der Forstwirtschaftsplan zur Abstimmung auf der Tagesordnung des Stadtrats. Und die Ratsfraktionen haben die einmalige Chance, den Unwillen des Dezernats, sich mit Umweltschutz zu befassen, zu beenden. Indem sie den Plan ablehnen.

Der Auenwald ist Naturschutzgebiet nach europäischem Standard. Normalerweise gilt hier ein generelles Verschlechterungsverbot. Eingriffe dürfen nur schonend erfolgen, Rahmenbedingungen müssten eigentlich sogar verbessert werden. Und Wirtschaftsinteressen dürfen nicht über Naturschutzinteressen stehen.

Und dass die bislang vom Amt für Stadtgrün und Gewässer fabrizierten Forstwirtschaftspläne dem überhaupt nicht genügten, hat das Leipziger Ordnungsdezernat im letzten Jahr schweren Herzens eingestanden. Und endlich einen Forstwirtschaftsplan fabriziert, der dem Stadtrat zur Genehmigung vorgelegt wird – mit einigen Änderungen gegenüber dem zuvor vorgelegten Plan.

Änderungen, die aber den massiven Holzeinschlag nicht beenden.

Ein Thema, das erst fassbar werden wird, wenn die Sägen wirklich loskreischen.

In einem Punkt ist die Abteilung Stadtforsten, die für den Wald zuständig ist, den Kritikern entgegengekommen: Man will nicht mehr flächendeckend die über 100 Jahre alten Bäume aus dem Wald holen. Die sind nämlich für das Biotop Auenwald unersetzlich.

Flächenfällung in der Hans-Driesch-Straße 2017. Foto: Jan Kaefer
Flächenfällung in der Hans-Driesch-Straße 2017. Foto: Jan Kaefer

„Stark- und Biotopbäume bleiben stehen! Durch neue Rechtslage und Rechtsprechung gibt es jetzt ein extra spezielles Prüfverfahren für den Schutz des Leipziger Auwaldes. Dies hat der Ökolöwe zusammen mit der Abteilung Stadtforsten der Stadt Leipzig in die Wege geleitet“, versucht der Leipziger Ökolöwe diesen kleinen Fortschritt zu beschreiben. Der aus Sicht der Umweltverbände ein großer Fortschritt ist.

Denn bislang hat die Leipziger Stadtförsterei nicht die Bohne interessiert, wie viele geschützte Tierarten durch die Fällung der alten Bäume ihren Lebensraum verlieren.

Das soll sich jetzt endlich ändern, hofft er Ökolöwe. Denn aufgrund seiner Einzigartigkeit genießt die grüne Lunge Leipzigs europäischen Schutzstatus.

„Naturschutz ist das oberste Ziel im Leipziger Auensystem. Alles andere muss sich unterordnen“, fordert Friederike Lägel, umweltpolitische Sprecherin vom Ökolöwen.

So engagiere sich der Ökolöwe seit Jahren, eine naturschutzfachliche und rechtliche Konformität der forstlichen Maßnahmen sicherzustellen. Naturschutzfachliche Begehungen und Beratungen, Kartierungen, Erhöhung von Totholz und der Erhalt alter und geschützter Bäume seien dafür Beispiele.

Jetzt kommt für forstliche Maßnahmen ein naturschutzfachliches Prüfverfahren hinzu, bei dem Arten und Lebensräume noch intensiver im Vorfeld untersucht werden sollen.

„Nach unseren Kenntnissen gab es das in Sachsen noch nie“, sagt Friederike Lägel. „Es ist das erste Mal, dass europäisches Recht in nationales Recht integriert wird und das in konstruktiver Zusammenarbeit zwischen Ökolöwen und der Abteilung Stadtforsten.“

Zudem soll erstmals eine ökologische Forstbegleitung stattfinden. Das bedeutet, dass Bäume kurz vor der Fällung durch Sachverständige kontrolliert werden sollen. Hierbei soll das Risiko ausgeräumt werden, unbeabsichtigt unentdeckte Lebensstätten zu zerstören oder Tiere zu verletzen bzw. zu töten.

Des Weiteren werde jetzt auch die von der Abteilung Stadtforsten so gern vorgeschobene Verkehrssicherheit abgestuft. An Hauptverkehrswegen werde diese weiterhin vorsorglich stattfinden müssen, damit die Leipzigerinnen und Leipziger sicher im Auwald unterwegs sein können, so der Ökolöwe.

Baumfällungen 2017 an der Hans-Driesch-Straße. Foto: Jan Kaefer
Baumfällungen 2017 an der Hans-Driesch-Straße. Foto: Jan Kaefer

„Gut abgestimmte und sensible Forstmaßnahmen können grundsätzlich geeignet sein, in einem gewissen Umfang einen auentypischen Zustand zu erreichen. Sie sind aber in ihrer Wirkung begrenzt und ersetzen keinesfalls natürliche Prozesse“, betont Friederike Lägel etwas, was so in der Leipziger Walddiskussion noch nicht allzu oft zu hören war. Bislang setzten das Ordnungsdezernat und die Abteilung Stadtforsten vehement auf den Umbau des Waldes in großen Teilen zum Mittelwald, einer mittelalterlichen Form der Waldbewirtschaftung, die menschliche Eingriffe dauerhaft nötig macht.

Denn im Unterschied zum sich selbst regulierenden Auenwald ist Mittelwald eine Bewirtschaftungsform.

Und dass sich das Denken im Ordnungsdezernat noch lange nicht geändert hat, auch nicht mit dem neuen Forstwirtschaftsplan, das belegt ein einziger Passus aus der Verwaltungsvorlage:

„Es bestand Rechtsunsicherheit wegen der möglicherweise bestehenden Verpflichtungen der Stadt Leipzig, Forstverwaltung, ob das Forsteinrichtungswert der Stadt Leipzig (Vorlage VI-DS-01394) als auch die jährlichen forstlichen Wirtschaftspläne eine FFH-Verträglichkeitsprüfung oder eine strategische Umweltprüfung einschließlich Verpflichtungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung erfordern würden.

Das daraufhin eingeholte Rechtsgutachten hat ergeben, dass sowohl das Forsteinrichtungswerk, als auch die jährlichen forstlichen Wirtschaftspläne weder eine FFH-Verträglichkeitsprüfung noch eine strategische Umweltprüfung einschließlich Öffentlichkeitsbeteiligung erfordern. Die Planwerke gehören nicht dem Bereich des öffentlich-rechtlichen hoheitlichen, sondern dem des fiskalischen Handelns an und sind damit verwaltungsprivatrechtlicher Natur.“

Damit wird der Anspruch des Ökolöwen, Naturschutz habe im FFH-Gebiet Auenwald Vorrang, ausgehebelt. Hier steht es schwarz auf weiß: Das „fiskalische Handeln“ hat für Leipzigs Verwaltung Vorrang. Es geht um 7.000 Festmeter Holz, das unbedingt aus dem Wald geholt werden soll. Obwohl es in keinem einzigen der ausgewiesenen Einschlaggebiete einen Druck gibt, dort massiv Bäume zu fällen.

Das erwähnte Rechtsgutachten ist auch nicht öffentlich. Was nur dann Sinn macht, wenn selbst die Verwaltung das Gefühl hat, dass es einer externen Prüfung wohl nicht standhalten würde.

Und das Fällen der Bäume ist auch noch mit einem miserablen wirtschaftlichen Ergebnis verbunden, bei dem Erträgen von 275.788,67 Euro Aufwendungen von 1.901.366,72 Euro gegenüberstehen. Das hat mit einem schonenden Umgang mit dem Wald nicht viel zu tun.

Und so sieht man es eigentlich auch bei Ökolöwen.

Eigentlich ist nicht dieser nach Festmetern lechzende Waldumbau das, was dem Auenwald hilft. Das ist etwas völlig anderes, bei dem sich das Leipziger Ordnungsdezernat aber genauso schwertut.

Friederike Lägel: „Die Leipziger Auenlandschaft hat nur dann eine Zukunft, wenn sie wieder revitalisiert wird. So muss sie wirksam und natürlich an die Gewässer angebunden werden. Denn nur so können natürliche Prozesse wieder stattfinden.“

Leipziger Zeitung Nr. 60: Wer etwas erreichen will, braucht Geduld und den Atem eines Marathonläufers

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Es gibt 14 Kommentare

Tja “Sonne”,
Dein Artikel beginnt mit einem Euphemismus und endet mit einem Fake.
Es gibt keinen demokratischen Prozess.
Und keinen gesunden Auwald.
Die Dynamik will Nukla wieder in den Auwald bringen. Der Ökolöwe wohl eher Geld in die Kasse.

Ach Sonne. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung, hätte es die nicht schon vor Jahren geben müssen? Und eine FFH-Verträglichkeitsprüfung zu erstellen, das wird viel Zeit brauchen. Zeit, die man sich im schlimmsten Fall auch diesen Winter nicht nimmt. Es sind in den Jahren schon so viele Biotopbäume gefallen, aktuelle wie auch welche mit Potential dazu… hätte man vor Jahren eine Kompromisslösung gesucht, vielleicht hätte es eine gegeben, hätte man dieses Jahr eine gesucht, hätte es vielleicht auch eine geben können, aber man will gar nicht.

Ach liebe Sonne. Danke für dieses zurückrudern, wer auch immer gerade Sonne sein mag, es scheint so, dass es nun sooo ganz langsam evtl. In Richtung eines demokratischen Prozesses hinlaufen könnte, warum wohl…..,
er ist seit Jahren nicht gewollt. Hat Leipzig doch seine eigene besondere Rechtsdraufsicht.

Hallo Nukla, (und kommentierende Freunde),

in einem demokratischen Prozess gibt es verschiedene Anschauungen die nebeneinander bestehen können. Dieser Grundsatz gilt auch bei Plänen zum Leipziger Auwald.
Durch die Verbreitung von negativen Unterstellungen und Halbwahrheiten zeigt man, dass man frustriert und unsicher ist. Auch nützt man der Sache des Naturschutzes irgendwann nicht mehr und erzeugt im Gegenteil zwischen den Akteuren ein vergiftetes Klima.
Als Folge wird man dann nicht mehr ernst genommen und isoliert sich selbst. Das ist dann sehr schade, wenn man ursprünglich viele veränderungswürdige Dinge im Leipziger Auwald angestoßen hat.
Naturschutz vollzieht sich manchmal lautlos und ist mit sehr viel Arbeit im Hintergrund verbunden. Dabei kann man nicht jeden Teilschritt öffentlich in den Medien feiern, da man sonst die Arbeitsebene verlässt und das Vertrauen des Gegenübers untergräbt. Im Zentrum steht ja schließlich das Arbeitsergebnis.

Wenn die genaue Umsetzung des Forstwirtschaftsplans bekannt ist und die neue Forsteinrichtung (dann übrigens mit FFH-Verträglichkeitsprüfung) vorliegt, kann man dann einen deutschlandweiten Vergleich mit anderen Forststrategien vornehmen. Ich finde das wird spannend.

Ich wünsche Euch eine fachliche Überprüfung Eurer Position und eine vertiefende Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten. Macht es wie ein gesunder Auwald! Lasst mehr Dynamik zu!

Lieber robin w., das klingt nach einer herben Enttäuschung! Ent-täuschung, das Ende der Täuschung: ich (!) habe mich in etwas/jemandem getäuscht. Wenn ich also dafür die Verantwrtung übernehme, ist es womöglich der Anfang von etwas Neuem… Viel Glück dabei!

Da geht’s ja richtig zur Sache, ans Eingemachte, der Stadtkritische Ökolöwe, welcher zustimmt den Auwald abzuholzen, so wie es auch der NABU macht. Sollten sich Naturschutz- und Umweltverbände nicht massiv den Meinungen und dem Wissen von NuKLA und der Grünen Liga anschliessen, aber dann wären sie im Rathaus ja nicht mehr gern gesehen. Traurige Spiele die da ausgeführt werden. Warum eigentlich ?

So steht es jetzt in der LVZ-online: ” Der Naturschutzbund (Nabu) Deutschland, der Ökolöwe und elf führende Leipziger Fachwissenschaftler stellen sich weitgehend hinter die geplanten Maßnahmen der Stadt….Am selben Tag hatte der sonst stadtkritische Ökolöwe den Stadtforst für ein naturschutzfachliches Prüfverfahren gelobt, das mit dem Ökolöwen in die Wege geleitet worden sei. Dabei würden die Bäume noch kurz vor der Fällung von Sachverständigen kontrolliert, um nicht unbeabsichtigt unentdeckte Lebensstätten zu zerstören oder Tiere zu verletzen.”

Auf der Homepage des Ökolöwen findet man immer noch nichts genaueres über die angeblich so tollen Regelungen mit Stadtforsten. Anstelle dessen wird hier mit Datum 19.10.2018 allgemein über die besonders schützenswerte Auenlandschaft palavert, ohne den Forstwirtschaftsplan überhaupt zu benennen. Da will man doch offensichlich etwas unter der Decke halten, sonst habe ich keine Erklärung mehr. Demnach kann man also dem Forstwirtschaftsplan (FWP) zustimmen und verlässt sich auf die angeblichen Verabredungen …., das ist Intransparenz pur und ziemlich perfide!

Lieber Ökolöwe, so macht ihr euch nun eindeutig zum Erfüllungsgehifen oder fast besser Lakei für die Umsetzung des FWP ! Als Naturschutzverein ist man der Transparenz verpflichtet! Ich habe nun keine Fragen mehr (wie noch vor ein paar tagen), das ist kein Bärendienst (denn der wäre ja zumindest gut gemeint).

Falls ich nicht Recht haben sollte, sprecht jetzt und sagt was Sache ist, und zwar vor der Abstimmung im Stadtrat!!! Ich bin bitter enttäuscht von Euch wenn nicht gar angeekelt!

Auch wenn sich Rosenthal und Jung jetzt die Seiten vor Lachen ob der Kommentare halten (denn sie sind die vermeintlich lachenden Dritten) – der Ökolöwe ist ob dieser für ihn nicht gerade freundlichen Auseinandersetzung aus der Grünen Liga Sachsen ausgetreten. Ist also kein anerkannter Naturschutzverband mehr. Was nicht etwa dazu führt, daß die Stadt Leipzig sich an die verbleibenden Verbände hält, sondern die Stadt Leipzig statt dessen bei der Landesdirektion nachfragt haben soll , ob die Grüne Liga Sachsen noch ein anerkannter Naturschutzverband sei – und vermutlich hofft, daß die Auskunft negativ ausfiele. Dann wäre die Stadt nämlich solche Querulanten wie Nukla (Mitglied der Grünen Liga) los.
Und wie man weiter hört, soll der Ökolöwe versuchen, sich einer anderen Gliederung der Grünen Liga anzuschließen. Vermutlich auch in der Hoffnung, daß die vermutete Kungelei mit Rosenthal (die beiden Chefs sollen sich gut verstehen, was kein Problem ist, wenn man Privates und Dienstliches trennen kann) dann ungeniert weitergehen kann. Eine andere Gliederung der Grünen Liga nicht so genau “auf die Noten” guckt.
Tja, sobald Geld eine Rolle spielt wird Naturschutz- und Umweltpolitik nur noch…. Politik.

Das betrifft allerdings nicht nur den Ökolöwen. Wir können vermutlich demnächst eine windelweiche Erklärung von NABU, BUND und dem sogenannten Grünen Ring (also auch Rosenthal) zur Frage, was das WTNK ist und ob für dieses eine strategische Umweltprüfung vorzunehmen sei, zur Kenntnis nehmen.
Eine Entscheidung, die natürlich auch Einfluß auf den Auwald hat – es geht um den von Leipzig und den anderen Kommunen des sogenannten Grünen Rings Leipzig gegen alle bürgerschaftlichen Argumente durchgedrückte WTNK mit dem hierfür erforderlichen Gewässerausbau. Es sollen Motorboote von Hamburg, Berlin und dem Rhein-Main-Gebiet bis in den Zwenkauer See und nach Borna fahren. Alles durch den Leipziger Auwald und Floßgraben. Womit dem Auwald weiter buchstäblich das Wasser abgegraben wird.

Es geht also um Rodungen alter Bäume und Zurverfügungstellung des erforderlichen Wasserdargebotes für den Leipziger Auwald. Damit dieser seine vielgepriesene biologische Vielfalt zurück erhält.
In beiden Fällen spielen die Naturschutzverbände eine unrühmliche Rolle. Von einer Ausnahme (Grüne Liga) abgesehen.
Dieses “Spiel”, man kann auch Politik dazu sagen, wird von der Stadt, von Rosenthal und Jung (Dittmar und Zabojnik, Heymann etc.) befeuert. Das hat mit Demokratie nichts zu tun. Es beschädigt sie. Insofern sind Jung und Rosenthal die vermeintlich lachenden Dritten….

Lieber Robin W., der Ökolöwe hat deswegen bei den Baumfällungen an den Deichen lauten Stress gemacht, weil das die LTV betraf, nicht die Stadt Leipzig. Die pflegt mit den Verbänden “die leisen Töne”, wie man (dennoch) hören kann. Wenn es die Stadt Leipzig direkt betrifft, ist der ÖLÖ ganz still, es sei denn, es ist ein Thema, bei dem die Stadt sowieso was machen muss und Spendengelder gut gebrauchen kann wie bei dem Wirbel um die Bäume in der Stadt. Obwohl eines seiner Mitglieder dazumal eine hervorragende naturschutzfachliche Stellungnahme im damaligen Prüfverfahren zum Pleißeausbau an der B2 verfasst hat mit dem Fazit, das Vorhaben sei abzulehnen (was die Grundlage war, umklagen als Mitglied der Grünen Liga Sachsen klagen zu können), wird dort jetzt gegen alles Wissen und Gewissen und alle Wasserrahmenrichtlinien gebaggert und befestigt, was das Zeug hält – damit Motorboote fahren können. WTNK first! Einbetonieren statt Renaturieren (in einer renaturierten Pleiße hätten nämlich nur Kanus fahren und Menschen baden können). Besagtes Mitglied hat inzwischen übrigens hochfrustriert den ÖLÖ verlassen. Deine (rhetorischen) Fragen am Ende des Kommentars – man mag sie sich gar nicht beantworten vor dem Hintergrund der Geschehnisse.

Wenige Tage vor der Stadtratssitzung – bzw. 5 Minuten vor der Angst – ist der Ökolöwe tatsächlich noch aus dem Tal des Schweigens (seit Jahren feststellbar; die Zeiten, als der Ökolöwe bei Deichrodungen noch auf die Barrikaden gegangen waren, sind leider lange her…) herausgetreten und hat eine Pressemitteilung herausgegeben. Ist auf einen Zug aufgesprungen, der in den letzten Wochen und Monaten an Fahrt aufgenommen hatte. Selbst die LVZ berichtet kritisch über den Forstwirtschaftsplan (FWP).

Die fundierte inhaltliche Kritik an den forstwirtschaftlichen Aktivitäten im Leipziger Auwald (der ja eigentlich leider schon keiner mehr ist) hat man indes lieber anderen überlassen, und das seit Monaten und Jahren. Allen voran NuKla und Prof. Gerken, die viel Zeit, Wissen und Geld aufgewandt haben, um den Stein überhaupt ins Rollen zu bringen und eine Diskussion über eine tatsächlich ökologische Waldbehandlung überhaupt erst zu entfachen.

“Naturschutz sollte das oberste Ziel im Leipziger Auwald sein”, verrät der Ökolöwe (sollte das in einem europäischen Schutzgebiet nicht eigentlich selbstverständlich sein?). Und anscheinend hat man irgendwas mit der Abteilung Stadtforsten ausgekungelt; erstmals soll über ein “naturschutzfachliches Prüfverfahren europäisches Recht in nationales Recht integriert werden und das in konstruktiver Zusammenarbeit zwischen Ökolöwen und der Abteilung Stadtforsten.” Da fragt man sich schon, hat der Ökolöwe in den letzten 20 Jahren einiges verpasst?, ist doch mittlerweile fast 80 % des bundesdeutschen Naturschutzrechts und auch die dazugehörige Rechtssprechung eine Umsetzung der jeweiligen EU-Bestimmungen. Ähnlich der Satz, dass eine neue Rechtslage und Rechtssprechung vorliege. Was meint der Ökolöwe damit?, ist die FFH-Richtlinie und die Pflicht entsprechender FFH-Verträglichleitsprüfungen doch seit vielen Jahren fest im BNatSchG verankert. Oder meint der Ökolöwe das EuGH-Urteil zum Bialowieza-Urawald?, dann hätter er sich aber vielleicht etwas fundierter hiermit beschäftigen sollen. “Eine ökologsiche Forstbegeleitung solle es geben”, so ein weitere vermeintlicher Erfolg des Ökolöwen und “die Verkehrssicherheit solle abgestuft werden” (wobei welche Hauptverkehrswege???).
Wie denn das ganze funktionieren soll und was genau wie geregelt und beschränkt werden soll, erfährt man indes nicht. Auch auf der Homepage des Ökolöwen wird man nicht schlauer. Eine öffentliche Stellungnahme zum FWP gibt es nicht (wäre man dies nicht seinen Mitgliedern schuldig?), weitere Details über die sog. Verabredung mit Stadtforsten auch nicht. Fragen über Fragen tauchen auf: Ist dies ein Schubladenpapier, welches die Öffentlichkeit möglichst nicht zu Gesicht bekommen soll? Wie rechtswirksam könnte eine solche Vereinbarung überhaupt sein (vermutlich gar nicht)? Ist lediglich der Erhalt von Starkbäumen und Biotopbäumen (die man sowieso nicht tangieren darf, BNatScHG lässt grüßen) festgelegt, und was ist mit den ebenfalls wertvollen alten Bäumen, die noch nicht ganz als Starkbäume einzustufen sind (so erreichen Eichen erst mit fast 200 Jahren einen Stammumfang von 80 cm, der sie als Starkbäume qualifiziert)? Wie kann verhindert werden, dass durch die Femelungen wertvolle Waldbereiche zerstört werden? Was würde passieren, wenn sich die Forstwirtschaft einfach nicht daran hält? …

Ein Fazit fällt schwer. Hat der Ökolöwe der Öffentlichkeit nicht doch nur Staub in die Augen streuen wollen? Dient das nicht nur der Selbstprofilierung, indem man sich jetzt als der große Retter des Auwaldes darstellt? Oder hat er tatsächlich doch etwas positives bewirken wollen? Oder hat er dem Auwald mit einer unverbindlichen Kungelei gar einen Bärendienst erwiesen? Wie dem auch sei. Ein perfider Beigeschmack bleibt allemal.

Jaja, hier riecht es gerade nach Sarkasmus, aber dabei ist es eigentlich traurig. Sind ja Wissenschaftler, welche man dann fragt, und die sagen, es gäbe dies und jenes bezüglich keine Untersuchungen. Und nun sagen, alles wäre bestens!

Wenn man Eichen, Hainbuchen und Linden (letztere nicht wirklich in Auen an den Gewässern vertreten, eher weiter weg von den Gewässern) IN die alten Fluss- und Bachbetten setzt, tut man dies, damit genau diese Bäume dort mindestens über 100 Jahre alt werden und das offenbart ganz klar, dass man so plant, dass der Leipziger Auwald auch für die kommenden Jahrhunderte (!) nur in kleinen Bereichen revitalisiert wird, aber große Bereiche komplett aufgegeben werden als Aue und nun als trockener Standort bewirtschaftet werden wollen. Was da passiert, stellt die Weichen für die nächsten 100 bis 200 Jahre und alle Lippenbekenntnisse, man wolle ja den Auwald wieder mehr Wasser geben, damit meinen sie, darum könne sich an dieser Stelle ja jemand kümmern in vielleicht 200 oder 300 Jahren, und man gibt sich zufrieden mit kleinen Teilen am Rand, die ein bisschen Natur sein dürfen. Aber der Auwald im Großen und Ganzen, so fürchte ich, wird bei der weiteren Durchführung dieser Pläne den Namen Auwald in Kürze nur noch mehr aus Gewohnheit tragen. Momentan ist noch so viel Potential da um so vieles zu tun und zu retten, aber man WILL es städtischerseits nicht! Das ist sehr traurig! Aber wahrscheinlich kann man in einem trockenen Eichen-Hainbuchenwald mit Linden und ein paar übrig gebliebenen Dekorations-Eschen (das IST dann keine Aue mehr!), der damit auch seinen FFH-Status sehr wahrscheinlich zwangsläufig verlieren wird in großen Teilen, langfristig besser wirtschaften und sicher auch besser Motorboot fahren. Da ist sicher so Manchem ein Schutzgebiet mitten in der Stadt ja sogar im Weg, das darf nur am Rand sein, wo das Bauland nicht so viel Geld bringt und keine potentiellen Wasserstraßen gebaut werden sollen. Wunderbar, nicht wahr? Also wenn man Investor ist, dann ist das ganze geradezu brilliant.

Nun J , was soll der Quark, siehe heute in der LVZ. Dort bescheinigen die Wissenschaftler das alles bestens ist. Und, die müssen es ja wissen, denn sie haben die alleinige Ahnung , und natürlich den Auwaldkran.

Es klingt gut, wenn man jetzt nochmal genauer hinsieht… aber dies ist nur eine Maßnahme, um das Schlimmste zu verhindern. Im Auwald gibt es gesetzlich geschützte FFH-Arten, und wie ich immer wieder erfahren musste, gab es zu so vielen Dingen in all den Jahren keine Untersuchungen, keine Monitorings, nichts… Wo kommt bspw. die Mopsfledermaus genau im Auwald vor? Wo hat sie Verbreitungsschwerpunkte? Diese Fragen zu klären, hätte es vor solch großen und massiven Eingriffen ein möglichst mehrjähriges und gutes Monitoring durch Fachleute gebraucht. Mindestens hätte man letzten Mai bis August ansatzweise Untersuchungen durchführen müssen, um auszuschließen, dass Areale mit Wochenstubenquartieren nicht von den Fällungen betroffen sind! Ab August sind diese Wochenstuben aufgelöst und die Tiere ziehen nach und nach zu ihren Winterquartieren. Jetzt, wo es fast zu spät ist, sind diese Notfallmaßnahmen kurz vor den Fällungen zwar wichtig, aber besser wäre es, diesen Winter zu pausieren und ab Mai ordentlich in diesen Gebieten Untersuchungen anzustellen, um Schaden an den Lebensstätten bedrohter FFH-Arten durch die Fällungen auszuschließen. Und die Mops ist wahrscheinlich nicht die einzige FFH-Art in diesem FFH-Gebiet, welche nicht untersucht wurde und nicht bei diesen Maßnahmen, die theoretisch für das FFH-Gebiet sind, berücksichtigt wurde. Kurz gesagt: ein Waldumbau, der angeblich förderlich für das FFH-Gebiet sein soll, aber gleichzeitig wahrscheinlich negative Folgen für die FFH-Arten darin hat, ist zwar vielleicht gut gemeint, aber richtet dann ja unter Umständen wohl mehr Schaden an als alles andere.

Was bringt es der Mopsfledermaus, wenn jetzt ihre Bäume mit Spaltenquartieren gefält werden, dass es in hundert Jahren mehr Eichen hier gibt? Im schlimmsten Falle wandern die Tiere jetzt ab und kommen nicht wieder.

PS: Diese Art legt Wert auf große Waldbereiche mit einer geschlossene Kronendecke und einer hohen Dichte von Bäumen mit grobborkiger Rinde (Eiche, Esche, Ulme…) und mit vielen Spalten (da diese Spaltenquartiere der kurzlebig sind). Großflächig aufgelichtete Wälder mit einer Vielzahl großer Femellöcher könnten da durchaus kontraproduktiv sein!

Guten Morgen, lieber Ökolöwe!: Die Rechtslage ist schon sehr sehr lange so, dass bei Maßnahmen, die mit Eingriffen in EU-Schutzgebieten statt finden sollen, geprüft werden muss, ob diese den Erhaltenszielen zuwider laufen. Viele Jahre Eurer naturschutzfachlich beratenden Arbeit in der geschlossenen Veranstaltung AG Stadtwald sind ins Land gegangen, ohne dass Ihr auf die Idee gekommen wäret, dass der Naturschutz im geschützten Auwald Vorrang haben sollte: gerade noch habt ihr an der Nonne zusammen mit der Stadt Leipzig feierlichst und stolz Schilder enthüllt, auf denen den Bürgern erklärt wird, wie wichtig und nützlich die Kahlschläge dort sind. Der NuKLA-Verein kündigt nun, nach erfolglosem Bemühen, im klärenden Gespräch und mit allen gemeinsam eine Veränderung im Umgang mit den Holzeinschlägen im Auwald zu erreichen, nun mal recht(lich) zur Sache kommen zu wollen, und schwubs gibt es eine ganz neue Rechtslage, die ganz allein der Ökolöwe mit dem Stadtförster aus dem Ärmel zaubert, um zumindest verbal eine Wende um 180 Grad zu verkünden und als Retter des Auwaldes in den Ring zu reiten. Fein gemacht!

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