Kaum war die Pressekonferenz mit Sahra Wagenknecht anfang September vorüber, verpackten die großen deutschen Medien das Thema #aufstehen schon wieder unter „Funktioniert nicht“, es sei als Sammelbewegung überflüssig. Aber als die Leipziger „Aufstehen“-Gruppe am Wochenende zum ersten Treffen einlud, wurde es rappelvoll im großen Saal des Schulungszentrums „Walradushof“ in der Emil-Teich-Straße 4.

Die Teilnehmerzahl beim ersten regionalen Treffen der „Aufstehen“-Bewegung in Leipzig überraschte selbst die Einladenden: Der 100 Sitzplätze umfassende große Saal des Schulungszentrums „Walradushof“ war völlig überfüllt. Ein Drittel der 150 Mitglieder nahm stehend an der dreistündigen Veranstaltung teil. Die Organisatoren zeigten sich hochzufrieden.

„Aufstehen“ in Leipzig will noch diesen Herbst durchstarten – mit vielfältigen Aktionen und einer späteren Großkundgebung mit Sahra Wagenknecht. Unter der Gesprächsleitung des „Aufstehen“-Mitgründers und ehemaligen Rektors der Universität Leipzig, Prof. Dr. Ing. Cornelius Weiss (SPD), organisierten sich die Mitglieder in mehr als 30 Arbeits- und Themengruppen, in denen nun lokale Aktionen und politische Kampagneninhalte rund um die Themen Frieden und soziale Gerechtigkeit erarbeitet werden.

Prof. Cornelius Weiss bei der Begrüßung. Foto: Aufstehen Leipzig
Prof. Cornelius Weiss bei der Begrüßung. Foto: Aufstehen Leipzig

Die Gruppen können dabei auf die bewährten Erfahrungen mehrerer Mitglieder zurückgreifen, die diese bereits bei der früheren, bundesweiten „Occupy“-Bewegung gesammelt haben. Die Ähnlichkeit des Ansatzes ist ja nicht zufällig: „Occupy“, entstanden während der weltweiten Finanz- und Bankenkrise, hatte auch schon auf die eklatante Diskrepanz aufmerksam gemacht, dass augenscheinlich zur Lösung drängender ökologischer und gesellschaftlicher Probleme kaum Geld da ist, zur Rettung riesiger Banken aber die Steuer-Milliarden locker saßen.

Das Gleichgewicht stimmt nicht mehr.

In regem Austausch diskutierten die Teilnehmer der ersten Versammlung die unterschiedlichsten, möglichst öffentlichkeitswirksamen Aktionen – vom Geigespielen im Jobcenter, über Publikumsansprachen in Fußgängerzonen, bis hin zu Flashmobs und zivilem Ungehorsam bei politischen Veranstaltungen. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann kündigte die Teilnahme Sahra Wagenknechts an einer Großkundgebung auf dem Leipziger Augustusplatz an. Deren Termin steht aktuell noch nicht fest.

Ziel aller geplanten Aktionen sei es zunächst, weitere Mitglieder für die „Aufstehen“-Bewegung zu gewinnen, betont Berlin-Koordinator Wolfgang Zarnack. Aktuell sind rund 1.000 Leipziger beim Trägerverein in Berlin registriert.

SPD-Urgestein Professor Cornelius Weiss zeigte sich mit dem Erfolg des ersten Treffens sehr zufrieden: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass daraus etwas wird. Der Frust der Menschen an den sozialen Missverhältnissen ist spürbar groß – und damit auch der Wille, aktiv bei uns mitzumachen. Mit so vielen Teilnehmern habe ich jedoch nicht gerechnet.“

Besonders seien die Leipziger an Fragen der Aufrüstung in Zusammenhang mit schlechten Sozialleistungen interessiert.

„Jeder Tausender, der für Waffen und Granaten ausgegeben werden soll, würde viel dringender für die Sanierung von Schulen oder den Bau von Sozialwohnungen gebraucht“, erklärte Cornelius Weiss. Dies werde von den Leipzigern als große Ungerechtigkeit und überdies als Gefahr für den Frieden betrachtet. Das nächste „Aufstehen“-Treffen, das in einem deutlich größeren Saal stattfinden soll, wurde für den 19. Oktober 2018 vereinbart.

Die neue Leipziger Zeitung Nr. 59 ist da: Zwischen Überalterung und verschärftem Polizeigesetz: Der Ostdeutsche, das völlig unbegreifliche Wesen

Zwischen Überalterung und verschärftem Polizeigesetz: Der Ostdeutsche, das völlig unbegreifliche Wesen

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar