VideoDrei Versuche hat Hénry unternommen, um von Libyen aus auf die andere, die scheinbar gute Seite des Mittelmeers zu kommen. Seit sieben Monaten ist er in Deutschland. Es ist die Beschreibung einer verfahrenen Situation, es sind wenige, aber wichtige Worte, die er für seine Erlebnisse findet. Sie zeugen von der Auflösung der Rechtsstaatlichkeit, an beiden Ufern. Da es keine regulären Möglichkeiten gibt, das Meer zu überqueren, beginnt alles mit dem Kauf eines Platzes auf einem Boot.

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Im Falle von Hénry sind es nach seinem Bericht drei Versuche gewesen, welche mit 1.000 libysche Dinar – je nach Tauschkurs 600 bis 700 Euro – für einen Platz auf dem Boot beginnen. So wie 280 andere Menschen, die gemeinsam auf einen der Seelenverkäufer gequetscht werden. Die fehlende legale Alternative macht Menschen reich, denen es egal ist, wer ankommt und wer ertrinkt – Hénry sieht mindestens sieben Mitreisende im Wasser sterben.

„Niemand hat sich dafür entschieden schwarz zu sein.“ (Hénry)

Wenn sie zuerst von der libyschen Küstenwache aufgegriffen werden, werden alle zurückgebracht und inhaftiert, bis die Verwandten sie freigekauft haben. Es ist ein zutiefst korruptes System der libyschen Behörden, sofern diese überhaupt so genannt werden können, angesichts der nach wie vor regierenden „Übergangsregierung“. Nach der Bombardierungen durch europäische Streitkräfte und dem Sturz und der Ermordung Muammar al-Gaddafis befindet sich das Land praktisch bis heute im Bürgerkrieg.

Menschenrechtsorganisationen weisen immer wieder auf ein System aus Korruption, Konzentrationslagern, Folter und Diskriminierung vor allem schwarzer Flüchtlinge hin. Ein System welches den Europäern dazu dient, Flüchtlinge an der nordafrikanischen Küste aufzuhalten und das selektiert. Wer nicht zahlen kann, verrottet in den Lagern, die Schwächsten trifft es demnach mit voller Wucht.

Die EU unterstützt so praktisch tägliche Menschenrechtsverletzungen, indem sie der libyschen Küstenwache die „Seenotrettung“ überlässt und diese befördert. Rechtsstaatlichkeit ist in Libyen so fern wie zu Zeiten des Sklavenhandels mit dem alten Rom, eine tragfähige Lösung der EU ist derzeit nicht in Sicht.

Den jetzigen Zustand scheinen auch einige Nachgeborene der römischen Sandalenträger auf der anderen Seite des Mittelmeeres durchaus lukrativ zu finden, denn auch nach der abschließend doch geglückten Überquerung kommt Hénry in Italien in Verhältnisse, die man aufgrund finanzieller Not und mangelnder Perspektiven nur als Zwangsprostitution umschreiben kann. Wie schon auf der nordafrikanischen Seite des Meeres ist es wieder seine Hautfarbe und der Rassismus, die obenauf kommen.

Hénry spricht von Menschen, die hier „wie eine Ware angeboten werden“. Italien wird so zu einem Land, in welches er nicht zurück möchte.

Wikipedia mit Grundlageninfos zu Libyen

Video  (2): Die Grenze selbst ist das Problem + Bildergalerie

Video von der Seebrücke-Demo in Leipzig (2): Die Grenze selbst ist das Problem + Bildergalerie

Video (1): Mission Lifeline schildern Einsätze im Mittelmeer + Bildergalerie

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