Eigentlich gehört alles zusammen: Der Protest draußen in Pödelwitz gegen die drohende und völlig sinnlose Zerstörung eines Dorfes und drinnen in Leipzigs Innenstadt am Samstag, 4. August, der Protest gehen die Verlogenheit der europäischen Abschottungspolitik. Beides Dinge, die zutiefst menschen- und zukunftsfeindlich sind. Und obwohl in Pödelwitz schon viele Menschen am Klima-Camp teilnahmen, waren zur „Seebrücke“-Demo am Samstag ebenfalls geschätzt 2.000 Leipziger auf den Beinen.

Der Demozug der “Seebrücke” am 4. August 2018 durch Leipzig

Video: L-IZ.de | Weitere Videos der Ansprachen unter l-iz.de/tag/Seebruecke

Am Samstag, 4. August 2018, haben in der Leipziger Innenstadt etwa 2.000 Menschen gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung und für eine menschenwürdige Aufnahme von Geflüchteten in Leipzig demonstriert. Die Demonstration stand im Kontext des bundesweit stattfindenden „Day Orange“ der Seebrücken-Bewegung, die die europäische Asylpolitik anklagt und „Seebrücken“, also sichere Fluchtwege nach Europa, fordert. Im Vorfeld hatten verschiedenste Leipziger Initiativen und Institutionen zu der Demonstration aufgerufen.

Derzeit sterben täglich flüchtende Menschen auf dem Weg nach Europa im Mittelmeer. Ausgelöst wird diese humanitäre Katastrophe von politischen Entscheidungen, wie zum Beispiel der von Horst Seehofer, Seenotrettung zu kriminalisieren. Nichtregierungsorganisationen, die mit Rettungsschiffen Menschen im Mittelmeer das Leben retten, werden bei ihrer Arbeit behindert und sogar angeklagt und eingesperrt.

„Wir wollen hier heute ein klares Zeichen gegen die mörderische Abschottungspolitik der EU setzen und klagen Entscheidungsträger wie Seehofer, Dobrindt oder den italienischen Salvini an“, erklärt Hannah Sandner, Pressesprecherin der Leipziger „Seebrücke“. „Auch wenn die Aussichten auf eine europaweite Veränderung gerade schlecht aussehen, so wollen wir wenigstens versuchen, in Leipzig auf lokaler Ebene was zu verändern!“

Dies forderten auch die verschiedenen Rednerinnen und Redner, die während der Demonstration das Wort ergriffen. Verschiedene Initiativen, Vertreter der Kirche und Geflüchtete selbst forderten die Stadt Leipzig immer wieder vehement dazu auf, es Städten wie Berlin oder Barcelona nachzutun und sich als Sicheren Hafen für Geflüchtete und Menschen in Not zu erklären.

Hannah Sandner: „Die Perspektive einer Solidarity City ist für uns nur die logische Konsequenz auf die Forderung nach sicheren Fluchtwegen. Wir kämpfen nicht nur gegen das Massensterben im Mittelmeer, sondern wir fordern eine menschenwürdige Bleibeperspektive für alle Menschen, die nach Leipzig kommen!“

Zwar ist Leipzig offiziell seit 2016 Teil des europaweiten „Solidarity City“-Netzwerkes und hat sich dadurch unter anderem der zusätzlichen Aufnahme geflüchteter Menschen verpflichtet. Dem Einlösen dieser Verpflichtung ist sie allerdings aus Sicht der Demonstrierenden noch nicht nachgekommen. Dies wäre aktuell ein dringend notwendiger Schritt zur Umsetzung von Menschenrechten und von Solidarität, die in unserer Gesellschaft gerade fehlen.

In diesem Kontext forderten die Demonstranten von der Stadt Leipzig die Möglichkeit zur selbstbestimmten Unterbringung für Geflüchtete, den Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und eine menschenwürdige, gleichberechtigte Bleibeperspektive für alle Menschen, die in Leipzig Zuflucht suchen.

„In Zeiten einer erstarkenden Rechten in Europa können wir nicht länger darauf warten, dass auf europäischer oder bundesdeutscher Ebene Lösungen gefunden werden. Es ist an uns, hier in Leipzig symbolisch und praktisch Solidarität zu zeigen und diese auch von unseren Kommunen zu fordern“, erklärt Sandner.

Nach dem Demonstrationsmarsch und den verschiedenen Reden klang die Veranstaltung am Augustusplatz mit verschiedenen künstlerischen Beiträgen aus. So gab es beispielsweise Live-Musik mit Sebastian Krumbiegel, der sich öffentlich zur Seebrücken-Bewegung bekannt hat.

Seebrücke-Demo in Leipzig: Europa braucht sichere Häfen und eine faire Handelspolitik mit Afrika

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