Die Sprüche sind ein bisschen provokant. Aber sie deuten auch an, was da in Sachsen seit ein paar Jahren in Schieflage geraten ist. Nicht nur in Sachsen. Aber das Bundesland hat besonders unter der geschürten Unzufriedenheit mit dem Zustand der Demokratie zu leiden. Und statt wirklich ihre Möglichkeiten, sich einzumischen zu nutzen, lassen die Bürger so demotivierende Sprüche hören wie: „Früher war alles besser“ oder „Mich fragt doch keiner“.
Und so liest man es jetzt auch auf der frisch beklebten Straßenbahn, die am Donnerstagabend, 18 Uhr, im Beisein Dutzender Leipziger vorgestellt wurde. Keine zufälligen Leipziger, sondern jene Engagierten, die als Teilnehmer für innovative Demokratieprojekte im „Jahr der Demokratie“ gesucht waren, ihre Bewerbungen abgaben.
Und nicht nur der Verwaltungsbürgermeister staunte: Die Zahl der Bewerbungen sprengte das 500.000-Euro-Budget, das der Stadtrat nach langer Diskussion bewilligt hatte. Ursprünglich hatte die Grünen-Fraktion 2 Millionen Euro beantragt, wohl wissend, wie es derzeit in Sachsen kocht und wie viel Bedarf nach wirklich lebendiger Erfahrung von Demokratie besteht.
Ulrich Hörning, Bürgermeister und Beigeordneter für allgemeine Verwaltung, und Ulf Middelberg, Geschäftsführung der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft und Sprecher der Geschäftsführung der Leipziger Verkehrsbetriebe, waren mit vor Ort, als die Bahn an der Straßenbahnhaltestelle Windmühlenstraße nahe der Stadtbibliothek Halt machte.
Das in Blau und Grün – den Farben des Jahres der Demokratie – gehaltene Fahrzeug vom Typ NGT 8 zeigt Menschen mit exemplarischen Meinungen, wie „Früher war alles besser“ oder „Mich fragt doch keiner“, aber auch Aussagen wie „Demokratie ist ein Privileg“. Möglich wurde die Beklebung des Fahrzeugs durch die Unterstützung der Leipziger Gruppe.
„Unsere Straßenbahn soll in der Stadt Aufmerksamkeit für das Jahr der Demokratie erzeugen und die Leipzigerinnen und Leipziger zum Dialog anregen – zum Beispiel an der Haltestelle. Gerade in Zeiten von gesellschaftlicher Radikalisierung ist es wichtig, dass wir uns über unsere demokratischen Grundwerte verständigen“, sagte Ulrich Hörning.
Und Ulf Middelberg ergänzte: „Austausch und miteinander reden ist zentral, wenn wir unsere Stadt gemeinsam voranbringen wollen. Dafür setzt sich auch die Leipziger Gruppe ein und deshalb unterstützen wir das Jahr der Demokratie.“
Die Straßenbahn ist Teil einer großen Kampagne, die derzeit auf Plakaten und digitalen Medien im Leipziger Stadtbild für das Jahr der Demokratie 2018 wirbt. Die Website demokratie.leipzig.de bietet darüber hinaus alle wichtigen Informationen.
Projektphase gestartet
Der 17. Mai bildete auch den Auftakt für die Projektphase zum Jahr der Demokratie 2018. Über einhundert Vereine und Initiativen hatten sich zu Beginn des Jahres mit ihren Projekten um Förderung durch die Stadt Leipzig beworben. Nach gründlicher Prüfung wurden 27 Projekte ausgewählt. Darunter sind auch neun Projekte mit internationalem Kontext, die sich an der europäischen Kampagne „Cities4Europe“ beteiligen.
Zum Kick-off-Termin in der Stadtbibliothek kamen zahlreiche Akteure und Akteurinnen, die mit ihren Projekten das Jahr der Demokratie gestalten werden. Eine Vielzahl an Veranstaltungen ist geplant – von Podiumsdiskussionen über Workshops bis hin zu Theaterperformances im öffentlichen Raum.
Selbst mitmachen und mitgestalten
„Ein weiteres Anliegen des Jahres der Demokratie ist es, den Menschen in dieser Stadt aufzuzeigen, wo sie sich aktiv einbringen können, zum Beispiel im Stadtbezirksbereit, im Ortschaftsrat oder aber auch im Jugendparlament. Auch dafür wollen wir werben. Die Bürgerstadt Leipzig hat seit jeher eine starke Stadtgesellschaft, das soll auch in Zukunft so bleiben. Was wir brauchen, sind engagierte Bürgerinnen und Bürger“, betonte Ulrich Hörning.
Wichtig sei ihm dabei der direkte Kontakt zu den Menschen vor Ort, beispielsweise auf Marktplätzen und bei Events. Zu diesen Anlässen sollen die zwei neuen Demokratie-Lastenräder der Stadt Leipzig zum Einsatz kommen.
Aktuelle Informationen zum Jahr der Demokratie, Wissenswertes und Veranstaltungen sind zu finden unter demokratie.leipzig.de. Mehr zur Kampagne „Cities4Europe“ unter cities4europe.eurocities.eu.
Diese Projekte werden innerhalb des Jahres der Demokratie von der Stadt Leipzig gefördert:
– „Alle dabei“ (Hort der Astrid-Lindgren-Schule)
– „A bis Z – Plakatreihe und kreative Workshops in Jugendclubs“ (Kulturbahnhof e. V.)
– Bürgerpicknick „Demokratie Airleben“ (Bürgerinitiative Kleinzschocher)
– Weiterentwicklung des Brückenfests – Ankommen. Platznehmen. Mitgestalten (Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“/Say it loud e. V.)
– „Das große Mecker-Welttheater“ (Theater der jungen Welt)
– „Demokratie in Anger-Crottendorf“ (Bürgerverein Anger-Crottendorf e.V.)
– „Demokratie erleben – unmittelbar.digital.barrierefrei“ (Landesfilmdienst Sachsen für Jugend- und Erwachsenenbildung e.V.)
– „Demokratietag 2018 – Schule und Gesellschaft demokratisch gestalten“ (Initiative Bildung in Zukunft e.V.)
– „Der lange Weg zur Demokratie für alle – 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland“ (Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V.)
– „Grünau gemeinsam gestalten“ (Mütterzentrum e.V.)
– „Kalendergänger“ (Volkshochschule Leipzig)
– „Leipzig debattiert“ (Leipziger Debattier- & Disputations-Gesellschaft e.V.)
– „Mein Sport – unsere Geschichte: Demokratie im sportlichen Erleben“ (IfiK – Initiative für interdisziplinäre Kommunikation)
– „Stimme zeigen“ (Protegat)
– „Wem gehört die Stadt?“ (AG Soziokultur, c/o Geyserhaus)
– „Viele Stühle – (k)eine Meinung: Renftplatz – Bühne der Demokratie“ (Anker e.V.)
– „Wandernde Agora“ (Tripolis GbR)
– „Clubpolitiken“ (UT Connewitz e.V.)
– „Demokratie erleben – über Leipzig hinaus“ (BBV Leipzig Eagles e. V.)
– Schülerbegegnung in Travnik mit Demokratiewerkstatt (Berufliches Schulzentrum 12 “Robert Blum” Leipzig)
– Leipzig. Ein europäischer Katalysator der Jugendbeteiligung (CUBE. Your Take on Europe)
– „Widerstand gestern und heute“ (Europäische Stiftung der Rahn Dittrich Group)
– Austausch von Akteuren in Jugendbeteiligungsformen (Jugendparlament der Stadt Leipzig)
– „Building Bridges“ (Kulturwerk deutscher Schriftsteller e. V.)
– „#Wir müssen reden“ (Lindenfels Westflügel e. V.)
– „Demokratie … was ist das?“ (Städtepartnerschaftsverein Leipzig-Thessaloniki e. V.)
– „Internationaler Runder Tisch 2018“ (Stiftung Friedliche Revolution)
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Schade, daß es keine Straßenbahnlinie zum Flughafen gibt. Aber die 11 ist, glaube ich, auch ganz passend. Nicht weit bis zum Auenwald, zum Flughafen, die Rentenversicherung liegt auch recht nah an der Strecke. Alles Leuchttürme der gelebten Demokratie, da fühlt man sich so richtig ernst genommen!