Rund 150 Menschen haben sich gestern am 11. April am “Marsch des Lebens” zum Jom HaShoa („Tag der Shoah“) in Leipzig beteiligt. Bei strömendem Regen und Hagel liefen sie vom Richard-Wagner-Platz bis zum Marktplatz. Dort wurde bei einer öffentlichen Kundgebung den Opfern des Holocaust gedacht und vor der Aktualität der Gefahr durch Antisemitismus gewarnt. Der Marsch verlief weitestgehend frei von Störungen. Zweimal hatten sich drei junge Männer dem Zug genähert, die Parolen “Freiheit für Israel” und “Scheiß Israel” skandiert und sich dabei selbst gefilmt. Da sie sich jedoch schnell wieder entfernten, blieben die Aktionen ohne Folgen für den Ablauf der Demonstration.

Impressionen von einem späten Nachmittag im Unwetter in Leipzig

Der “Marsch des Lebens” am 11. April 2018 in Leipzig. Video: Luca Kunze, L-IZ.de

Als die etwa 150 Demonstranten am Richard-Wagner-Platz losliefen, fing der Regensturm gerade an. Und es donnert und hagelt bereits, als Stefan Haas, Pastor der evangelischen TOS-Freikirche in Leipzig, die Kundgebung mit der Metapher “Der Himmel weint über die Opfer der Shoah” begann. Seine Gemeinde hat die ”Marsch des Lebens”-Bewegung 2007 initiiert und seitdem Gedenkmärsche in 20 Nationen und über 350 Städten durchgeführt.

Besonderen Wert legte Haas in seinen Redebeiträgen auf geschichtliche Aufarbeitung. Sowohl die Suche nach den “Wurzeln des Antisemitismus” – er fasste hier besonders die Kirchengeschichte der Christlichen Religionen ins Auge – als auch die Suche in der eigenen Familiengeschichte. Ein Beispiel für die langen Linien, die Antisemitismus auch und vor allem in der deutschen Geschichte hat, ist Bundesaußenminister Heiko Maas, der laut Haas bei seiner Israelreise gesagt hatte, er sei “wegen Auschwitz in die Politik gegangen”.

Maas habe in seiner Familie nach Widerstandskämpfern gesucht, “aber keine gefunden”. Angelehnt an dieses Beispiel erzählten fünf Leipziger Bürgerinnen von ihren Urgroßvätern, Onkeln und Großeltern, die direkt oder indirekt an der Shoah beteiligt waren.

Sechs Kerzen zum Gedenken am Tag der Shoa in Leipzig. Foto: Luca Kunze
Sechs Kerzen zum Gedenken am Tag der Shoa in Leipzig. Foto: Luca Kunze

Küf Kaufmann, Vorsitzender der Israelischen Religionsgemeinde Leipzig, warnte eindringlich vor jeder Form von Antisemitismus, Juden- und Israelhass. Er proklamierte: “Das Existenzrecht des Israelischen Staates ist deutsche Staatsraison und darf nicht infrage gestellt werden.” Außerdem warnte er vor der Gefahr, die von dem im Internet weitverbreiteten Antisemitismus ausgeht. 

Gabriele Goldfuß vom Internationalen Referat der Stadt Leipzig sprach stellvertretend für Bürgermeister Burkhard Jung und betonte, wie wichtig Jung der Kampf und das Engagement gegen Antisemitismus sei. Die Kundgebung endete mit einem symbolischen Akt. Sechs Kerzen, die für die sechs Millionen Opfer des Holocaust stehen sollten, wurden angezündet, außerdem wurde ein jüdisches Gebet gesprochen und die Israelische Nationalhymne gespielt.

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