Der Austritt von Uwe Schwabe aus der Initiativgruppe „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig, 9. Oktober 89“ und seine Kritik an der Vorbereitung des Lichtfestes trafen auf Resonanz. Wenn auch nicht unbedingt auf die erwartete. Das verbliebene Gremium vertiefte sich lieber in Abwehrschlachten: Ist doch alles in Ordnung und man arbeitet gut zusammen! – Aber daran zweifelt nicht nur Uwe Schwabe.
Im Namen des Archivs Bürgerbewegung hat er jetzt gemeinsam mit Saskia Paul und Jochen Lässig einen Vorschlag an Oberbürgermeister Burkhard Jung geschickt, wie die kritisierte Initiativgruppe reformiert werden könnte, damit wieder das eigentliche Anliegen im Zentrum des Festes steht. Der Vorschlag läuft im Grunde auf eine veränderte Struktur der Gruppe hinaus. Denn dass die Ergebnisse der letzten Lichtfeste so schwammig und oberflächlich waren, hat möglicherweise mit der schieren Größe der Gruppe zu tun, in der auch wieder im Dutzend die üblichen Leipziger Namen saßen, die sonst auch immer mit am Tisch sitzen, wenn irgendwie Kultur gemacht wird in Leipzig.
Das verändert schon die Entscheidungsfindung in der Runde. Statt wirklich das zentrale Anliegen zu schärfen, nimmt man immer schon auf all die Verantwortlichen Rücksicht, die in Leipzig mehr oder weniger Kulturpolitik machen. Das ist wie Mikado. Man rührt lieber nichts an und nichts auf. Und am Ende bekommen die Lichtfest-Besucher ein Angebot, bei dem alles wie Fernsehen aussieht und klingt – aber es hat keine Seele mehr.
Den größeren Initiativkreis könne man als Beratergremium behalten, finden die drei Briefautoren.
Und so ähnlich könnte man auch bei der Entwicklung des „Forums für Freiheit und Bürgerrechte“ am Matthäikirchhof arbeiten – eine kleine, übersichtliche Gruppe, die die Idee vorantreibt – und als Unterstützung der große Beraterkreis.
Der Brief mit dem Vorschlag komplett zum Nachlesen:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
seit einiger Zeit gibt es Auseinandersetzungen um die Ausgestaltung des Lichtfestes sowie die inhaltliche Ausrichtung der Erinnerung an die Friedliche Revolution in Leipzig an sich. In den letzten zwei Jahren hat Uwe Schwabe immer wieder mit Ihnen über das Konfliktpotential in der Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig, 9. Oktober 89“ gesprochen. Leider hatte er nicht das Gefühl, bei Ihnen Verständnis geweckt zu haben.
Da wir als ein unmittelbar aus der Friedlichen Revolution entstandener Verein, der sich für eine aktive Vermittlung einsetzt, weiterhin großes Interesse daran haben, das Lichtfest in Leipzig als ein zentrales Element der Erinnerung am Leben zu erhalten, wir aber die Gefahr sehen, dass es immer mehr zu einem reinen Eventtermin verkommt, ist eine Strukturreform bei der Vorbereitung und Durchführung aus unserer Sicht dringend notwendig.
Dazu würden wir Ihnen gern einen Vorschlag unterbreiten, der in ähnlicher Form auch schon einmal innerhalb der Initiative – u. a. auch vom jetzigen Sprechen Michael Kölsch – erarbeitet worden ist, damals aber keine Mehrheit fand:
1. Es wird ein Organisationsgremium gegründet, das das Lichtfest inhaltlich vorbereitet. Zu dem Kreis gehören LTM und die Einrichtungen, die sich unmittelbar mit der Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur sowie der Friedlichen Revolution und deren Vermittlung in Leipzig beschäftigen.
Dazu gehören: das Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V., das Bürgerkomitee Leipzig e. V. als Träger der Gedenkstätte Museum in der „Runde Ecke“, das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig, die Außenstelle Leipzig des Stasi-Unterlagenarchivs, die Stiftung Friedliche Revolution und das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig.
LTM übernimmt hier federführend die Organisation und Umsetzung. Die Stadt Leipzig ist durch das Stadtgeschichtliche Museum vertreten. Alle inhaltlichen und gestalterischen Fragen werden von diesem Organisationsgremium in Zusammenarbeit mit LTM beschlossen.
Der Stadtrat erteilt diesem Gremium in einem Beschluss ein offizielles Mandat.
2. Daneben gibt es weiterhin die Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober“ als Beraterkreis. Der Beraterkreis koordiniert alle Veranstaltungen um den 9. Oktober, organisiert die Rede zur Demokratie, berät das Organisationsgremium und entwickelt neue Formate, um diesen Tag noch stärker in der Stadtgesellschaft zu verankern. Da alle Mitglieder des Organisationsgremiums auch Mitglied in der Initiative sind, ist hier ein direkter Informationsaustausch sichergestellt.
Damit hätten wir wieder arbeitsfähige und effiziente Strukturen. Unter diesen Bedingungen wäre das Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. auch weiterhin bereit, bei der Organisation und Vorbereitung des Lichtfestes und der Feierlichkeiten um den 9. Oktober mitzuwirken.
Ähnliche Strukturen brauchen wir auch für die weitere Entwicklung des „Forums für Freiheit und Bürgerrechte“ (Arbeitstitel). Hinter uns liegt eine intensive Zeit der konstruktiven und inhaltlichen Zusammenarbeit der Initiativen, Einrichtungen und Vereine, die sich schon vor Ort befinden oder sich perspektivisch dort ansiedeln sollen.
Mit dem vom Stadtrat auch zur Kenntnis genommenen Positionspapier „Entwicklungsperspektiven für das Areal der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig zwischen Dittrichring und Großer Fleischergasse“ haben wir einen wichtigen Zwischenstand erreicht.
Wir sollten den inhaltlichen Gesprächsfaden jetzt nicht abreißen lassen. Deshalb schlagen wir vor, so schnell wie möglich einen Termin mit Ihnen und den zuständigen Dezernaten (Kultur und Bau) zu vereinbaren, um die weiteren notwendigen Schritte zu besprechen, damit auch künftig ein kooperatives Miteinander auf Augenhöhe gewährleistet ist. Die Struktur könnte so ähnlich sein, wie unter Punkt 1 beschrieben.
Bei der Entwicklung des „Matthäikirchhofes“ sollten die Einrichtungen, die das zugehörige Entwicklungskonzept für ein „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ (Arbeitstitel) erarbeitet haben, federführend mit den zwei Dezernaten Bau und Kultur zusammenarbeiten und das Positionspapier weiterentwickeln. Daneben sollte es ein Beraterkreis geben, dessen Teilnehmer noch zu bestimmen sind.
Wir sind gern bereit, unseren Vorschlag für eine Strukturreform Ihnen bei einem persönlichen Gespräch näher zu erläutern. Es wäre ein positives Zeichen und Zeugnis einer guten Zusammenarbeit, wenn wir diesen Vorschlag danach gemeinsam der Öffentlichkeit präsentieren würden.
Mit freundlichen Grüßen
für den Vorstand
Uwe Schwabe, Dr. Saskia Paul, Jochen Lässig
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