Fluglärm ist seit Jahren für sehr viele Bewohner im Umfeld des Flughafen Leipzig-Halle ein Dauerthema. Durch Vermittlung der Leipziger Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe (SPD) ist es der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ gelungen, stellvertretend für die im Netzwerk der BI’s gegen Fluglärm engagierten Bürger, hierzu einen Gesprächstermin mit Staatsminister Dulig im Sächsischen Landtag zu erhalten.

Wesentliche Themen des Gespräches waren:

– Die zugesagte aber bis heute nicht eingehaltene gleichmäßige Bahnverteilung am LEJ;
– Ein Bündnis für Lärmpausen;
– Der bisher noch immer nicht umgesetzte Bundestagsbeschluss zur Abschaffung bzw. Rücksetzung der kurzen Südabkurvung auf den im PFB festgelegten Stand;
– Die Inhalte des GroKo-Vertrages bezüglich LEJ;
– die Einforderung von Wahlversprechen.

„Die Zustimmung der SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag mag für das Land gut sein (genaues weiß man erst in Jahren), für die Lebensqualität und Gesundheit der Anwohner am LEJ auf alle Fälle nicht. Die müssen sich schon heute mit der nach Bild lautesten stadtnahen nächtlichen Lärmquelle Deutschlands arrangieren. Insofern wurde von uns im Gespräch in scharfer Form kritisiert, dass im Vertrag zwar eindeutige Festlegungen zu Maßnahmen am LEJ getroffen wurden (durchgesetzt gegen den Widerstand Hessens), die für einen Lärm-Expansionsschub sorgen werden, der seinesgleichen sucht, im Gegenzug aber nicht eine konkrete Aussage zur aktiven Lärmminderung enthalten ist. Und das in einer Zeit, in der ein Emmanuel Macron den Bau eines umstrittenen Riesenairports bei Nantes stoppt, ein Marcus Söder die Entscheidung zu einer dritten Landebahn am Flughafen München verschiebt und selbst China einen neuen zentralen Frachtflughafen vorsorglich ca. 70 km außerhalb der Sechs-Millionen-Metropole Wuhan baut. Da beruhigen Verweise auf andere Passagen des Koalitionsvertrages zum Thema Fluglärm/Flugwesen nicht wirklich. Zumal Fluglärmbetroffene so ihre ganz eigenen Erfahrungen mit pauschalen Zusagen haben. Wer konkret in die Gesundheit der Bürger eingreift, sollte auch konkrete Behandlungsmethoden vereinbaren.“’

Die Mitglieder der Bürgerinitiative vor dem Wirtschaftsministerium in Dresden. Foto: BI Gegen die neue Flugroute
Die Mitglieder der Bürgerinitiative vor dem Wirtschaftsministerium in Dresden. Foto: BI Gegen die neue Flugroute

„Nicht weiter gekommen sind wir auch bei der gleichmäßigen Bahnverteilung. Obwohl wir alle Argumente des SMWA, diese nicht umzusetzen, entkräften und auf entsprechende Gutachten verweisen konnten, scheint hier DHL im Hintergrund mehr als nur Strippen zu ziehen. Wenn sich SMWA und Bürgerinitiativen noch darüber verständigen müssen, ob im Planfeststellungsbeschluss 2004 die gleichmäßige Bahnverteilung nun als Auflage oder als Empfehlung enthalten ist, scheinen sie von einer Konfliktlösung doch weit entfernt.

Immerhin haben wir aus dem Gespräch mitgenommen, dass nach Ansicht des SMWA die Ressourcen für die Teilhabe der betroffenen Gemeinden und einzelnen Bürger am
Gestaltungsprozess zur Lärmminderung ausbaufähig sind. Wir interpretieren das so, dass nun endlich die Zusammensetzung der Fluglärmkommission auf den Prüfstand kommt und ein Fluglärmbeauftragter des Landes Sachsen installiert wird (wie von uns schon lange gefordert und in fast allen anderen Bundesländern üblich). Inwieweit in diesen Gestaltungsprozess auch das von den Bürgerinitiativen und dem Leipziger Stadtrat geforderte Bündnis für Lärmpausen eine Rolle spielt, ist abzuwarten. Modelle von Lärmpausen könnten allerdings, wie am Beispiel Frankfurt ersichtlich, zehntausenden Anwohnern nachts wenigstens zeitweise Erleichterung verschaffen.

Kein klares Zeichen der Solidarität gab es vom SMWA hinsichtlich der kurzen Südabkurvung, obwohl sich dazu gerade Leipziger Bundestagsabgeordnete und der Leipziger Stadtrat engagierten. Dies ist umso bedauerlicher, als dass es einen eindeutigen Bundestagsbeschluss dazu gibt, dessen Umsetzung aber vom Bundesverkehrsministerium derzeit noch abgelehnt wird. Klar ist, die Hoheit zur Flugroutenfestlegung liegt beim Bund. Klar ist aber auch, die Stimme/Position einer Landesregierung hat Gewicht. Wenn man für vieles betreffs eventuell noch nötiger Problemklärungen Verständnis aufbringen kann, für dieses fehlende Zeichen der Unterstützung nicht.

Soll man es nun Dialog nennen, was sich in den 60 min entwickelte? Wohl eher noch nicht. Dafür ist selbst die SPD zu sehr verwoben in wirtschaftliche Interessen und Minister Martin Dulig ‚gebunden‘ an einseitig geschnürte Verträge. Wer feste, abrechenbare Zusagen zu einem der Themenkomplexe erhofft hatte, wurde also enttäuscht. Aber immer noch besser als die kruden Äußerungen eines Herren Arnold Vaatz oder gar Andreas Nowak (beide CDU) zum Flughafen-Inhalt des Koalitionsvertrages und deren diffus angedeutete Bürgergespräche.

Auf alle Fälle werden wir das Angebot weiterer direkter Kontakte mit dem SMWA, ggf. verbunden mit Arbeitskreisen, annehmen. Ein Samenkorn kam in ein Saatbeet. Es muss nun gehegt und gepflegt werden.“

Grüne fordern Verzicht auf die im Koalitionsvertrag geplante Ausweitung des Frachtflugbetriebs am Flughafen Leipzig/Halle

Grüne fordern Verzicht auf die im Koalitionsvertrag geplante Ausweitung des Frachtflugbetriebs am Flughafen Leipzig/Halle

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