Man muss gar keine lauten Reden halten oder Bilder malen. Zahlen genügen. Sie sagen alles über unsere Gesellschaft und das Denken derer, die immer so tun, als seien sie die Behüter der Mitte. Sachsen ist ein Land der Machos und Patriarchen. Das zeigen selbst die Zahlen zur Verleihung der sächsischen Verdienstorden. Männer sind ja so viel verdienstvoller.
Seit April 2016 wurden in Sachsen insgesamt 12 Verdienstorden des Freistaats verliehen, davon nur drei an Frauen, stellen nun die Grünen fest. Damit hat sich die Praxis der letzten Jahre seit dem Antrag der Grünen-Landtagsfraktion, der auf diese Ungleichbehandlung hinwies, nicht geändert.
Darum stellt die Grünen-Fraktion den Antrag am Mittwochabend, 15. März, zur Diskussion und zur Abstimmung im Landtag.
„In den letzten 20 Jahren haben die Ministerpräsidenten 285 Verdienstorden des Freistaates Sachsen für außergewöhnliche Leistungen zum Wohle der Allgemeinheit verliehen. Nur 16 Prozent der Geehrten waren Frauen. Das spiegelt ihren tatsächlichen wertvollen Beitrag in allen gesellschaftlichen Bereichen keinesfalls wider“, erklärt Katja Meier, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion. „Der sogenannte Stiftungserlass als rechtliche Grundlage für die Ordensverleihung verlangt die gleichmäßige Berücksichtigung aller Bevölkerungsteile. Die Vergabepraxis der Ministerpräsidenten entspricht dem nicht einmal im Ansatz. Stichhaltige Gründe hierfür kann die Staatsregierung aber bis heute nicht präsentieren – weil es einfach keine gibt.“
Aber die Verteilung zeigt deutlich, mit welcher Brille die Staatsregierung auf das schaut, was man als Verdienst für den Freistaat betrachtet. Dabei bewertet man die (oft nicht einmal ehrenamtliche) Arbeit von Männern augenscheinlich vielfach höher als die von Frauen. Allein das Ungleichgewicht zeigt, dass man die Arbeit von Frauen nicht einmal mehr wahrnimmt. Was teilweise auch an den Bereichen liegt, in denen sie tätig werden – politiknahe Präsenz wird um ein Vielfaches höher bewertet als das vielfältige soziale Engagement, in dem Frauen besonders häufig aktiv sind.
„Wir fordern mit unserem Antrag nicht mehr und nicht weniger als das, was die Sächsische Verfassung fordert: die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der Anerkennung besonderer Verdienste um den Freistaat Sachsen und das Wohlergehen der sächsischen Bevölkerung“, betont Katja Meier. „Um ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis unter den Geehrten zu erreichen, muss der Sächsische Verdienstorden in den nächsten zehn Jahren verstärkt an Frauen verliehen werden. Danach sind Frauen und Männer zu gleichen Anteilen auszuzeichnen.“
Aber gerade auf diesem Auge ist die sächsische Regierung augenscheinlich blind. Denn sie sieht die verdienstvollen Frauen einfach nicht, weil sie von lauter verdienstvollen Männern verstellt werden. Die haben schlicht die bessere Lobby und die bessere Medienpräsenz – manche sind ja regelrechte Sattelschlepper für Berge unterschiedlichster Ehrungen, die ihnen umgebammelt werden, weil Staatssekretären einfach keine anderen Namen einfallen. Die von Frauen schon gar nicht.
Die Dauerpräsenz der üblichen Ordensträger sorgt dafür, dass auch immer wieder (nur) dieselben Ordensträger in Betracht kommen, wenn es wieder Plaketten regnet. Sachsens Regierung ist sichtlich nicht in der Lage, aus dieser Dauerpräsenz der Dauerberühmten auszubrechen.
„Wie wenig sich in Sachsen trotz des SPD-Koalitionspartners und einer Gleichstellungsministerin geändert hat, wurde in der Stellungnahme von Staatskanzleichef Dr. Fritz Jaeckel zu unserem Antrag deutlich“, stellt die Landtagsabgeordnete fest. „Er befürchtet, ‚dass verdienstvollen männlichen Personen ein Unrecht im Sinne der Gleichstellung zugemutet werden müsste‘ und erklärt, dass der Verdienstorden ‚nicht für eine paritätische Verteilung gestiftet worden‘ sei. Diese Argumentation empfinde ich als reaktionär. Sie ist einer Staatsregierung unwürdig. Hier muss ein Umdenken erfolgen!“
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