Auch das Haus der Demokratie bekommt in diesem Jahr erstmals Stolpersteine vor die Tür. Am 7. Mai um 14 Uhr werden vor dem Haus der Demokratie die ersten Stolpersteine für Opfer der NS-Diktatur verlegt. Zu diesen Opfern gehören nämlich auch Kinder aus dem damaligen Kinderheim der Stadt, das sich in der Elisenstraße, der heutigen Bernhard-Göring-Straße 152, befand.
Die Stolpersteine, die verlegt werden sollen, sind den sechs Kindern gewidmet, die durch das Jugendamt der Stadt Leipzig in Obhut genommen wurden und die in der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Aktion in sächsischen „Heil- und Pflegeanstalten“ zu Tode kamen.
Lange Zeit war unklar, wie viele Kinder aus dem städtischen Kinderheim in die Mühlen des „Euthanasie“-Programms gerieten. Lange Zeit wurde von 152 Kindern gemutmaßt. Aber diese hohe Zahl hat sich im Rahmen der Recherchen für die neue Chronik „Haus der Demokratie. 1901 bis 2015“ nicht bestätigt. Petra Seyde und ihre kleine Recherchemannschaft konnten sechs Schicksale von Kindern nachweisen, die aus dem Kinderheim in die sogenannten „Kinderfachabteilungen“ kamen, sechs Jungen, die so nach Dösen bzw. Großschweidnitz gelangten. Bei fünf von ihnen konnte ihr Tod in diesen Tötungseinrichtungen nachgewiesen werden.
„Ihr kurzes Leben lässt sich aus den Akten der beiden Landes-Heil- und Pflegeanstalten bruchstückhaft dokumentieren“, heißt es in der Chronik, die diese Schicksale dann auch nach den vorgefundenen Aktennotizen so gut wie möglich rekonstruiert. Dabei werden nicht nur die amtlichen Todesbescheinigungen dokumentiert, in denen den Eltern die falsche Todesursache mitgeteilt wird. Auch die Briefe der Eltern werden zitiert, die von den Ärzten bewusst im Unklaren gelassen wurden über das, was mit den Kindern in den Kliniken geschah. Selbst wenn die Eltern über die Stadtverwaltung versuchten, die Kinder wieder in eigene Pflege zu nehmen, bekamen sie nur die lakonische Antwort, dass die Kinder nur in der Klinik richtig betreut werden könnten. Eine Klinik, über die es im Chronik-Text an anderer Stelle lakonisch heißt: „Für Kinder mit Epilepsie oder mit psychischen bzw. psychiatrischen Erkrankungen war die Kinderfachabteilung in Dösen ein lebensgefährlicher Ort.“
Aber die kleinen Biografien reflektieren auch das, was zuvor im Kinderheim selbst und in den Schulen geschah, die die Kinder besuchten. Immerhin arbeitete das Kinderheim gerade in den 1940er-Jahren schon unter verschärften Bedingungen, fehlte es an Betreuungspersonal und damit wohl auch an menschlicher Zuwendung.
Es fällt natürlich auf, dass es jedes Mal auch derselbe Arzt war, der in den Akten der überwiesenen Kinder auftaucht.
Ein großer Teil der Stolperstein-Verlegung ist bereits durch Spenden abgedeckt. Noch wird weitergesammelt, um die Gesamtkosten für die Steine abzusichern und ein würdevolles Andenken an die Opfer zu ermöglichen.
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