Am heutigen Donnerstag, 4. Februar, wird in Dresden mal wieder demonstriert. Diesmal sind es nicht die Lehrer und auch nicht die Polizisten, die der Staatsregierung demonstrierend ihre Meinung sagen wollen, sondern die Naturschützer. Angekündigt haben sich zur Protestaktion vor dem Landtag der BUND, die Grüne Liga Osterzgebirge und der NABU. Drinnen wird das Thema an diesem Tag diskutiert.
Denn auf Initiative der Grünen-Fraktion ist am Donnerstag, 4. Februar, die dramatische Situation der Naturschutzarbeit in Sachsen Thema in der Aktuellen Stunde im Landtag. Vor der Behandlung im Plenum gibt es zwischen 10.30 und 11 Uhr eine Anhörung, die Protestaktion soll ebenfalls 10.30 Uhr vor dem Landtagsgebäude (Bernhard-von-Lindenau-Platz 1) beginnen. Anschließend können Interessierte gegen 11 Uhr im Landtag die von der Grünen-Fraktion beantragte aktuelle Debatte „Naturschutz in Sachsen vor dem Aus? Fördermittelproblematik sofort lösen!” verfolgen.
Das Problem, das den Ehrenamtlichen derzeit zu schaffen macht: Der Beginn der neuen EU-Förderperiode 2015 hat sich für die sächsischen Naturschützer als verhängnisvoller Fehlstart erwiesen. Die neuen Förderrichtlinien hemmen die Biotoppflege derzeit mehr, als sie diese unterstützen. Von über 300 seit März 2015 eingereichten Projektanträgen wurden bis Ende 2015 nur sechs praktische Maßnahmen bewilligt.
Dazu hatte der Grünen-Abgeordnete Wolfram Günther eine Große Anfrage an die Staatsregierung gestellt, die alle Befürchtungen bestätigte. So wie es aussieht, droht der Naturschutzarbeit in Sachsen nach Einschätzung der Grünen das Aus.
“Der Beginn der neuen EU-Förderperiode 2015 erwies sich für den sächsischen Naturschutz als verhängnisvoller Fehlstart. Die neuen, praxisfernen Förderrichtlinien des sächsischen Umweltministeriums (SMUL) machen die Biotoppflege von Lebensräumen gefährdeter Pflanzen- und Tierarten vielerorts unmöglich”, kritisiert Wolfram Günther, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, den Vorgang. “Von über 300 seit März 2015 eingereichten Projektanträgen für Artenschutz, Biotopgestaltung oder Naturschutzöffentlichkeitsarbeit schaffte es das SMUL bis Ende 2015 gerade einmal, sechs zu bewilligen.”
Die Antworten dazu findet man auf die Fragen VI.1 und VI.5 in der Antwort des Umweltministeriums. (Link unterm Text)
“Oftmals haben die antragstellenden Privatpersonen oder Vereine trotzdem die längst anfallenden Aufgaben erledigt und Ausgaben getätigt. Nun warten sie händeringend auf die Fördermittel”, sagt Günther. Denn dass die Bürokratie jetzt zuschlägt, hat wieder mit einem der vielen Verschiebebahnhöfe im sächsischen Haushalt zu tun. “In Sachsen wird Flächennaturschutz derzeit fast ausschließlich durch die Nutzung von EU-Fördermitteln über die Programme NE (Natürliches Erbe) und (AuK) Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen durchgeführt. Diese Mittel werden aber aktuell nicht ausgezahlt. Dies hinterlässt eine große Lücke in der langfristigen Sicherung des Erhalts der Artenvielfalt. Deutlich wird durch die derzeitige Misere: Die Erhaltung der biologischen Vielfalt in Sachsen ist nicht allein mit EU-Förderinstrumentarien zu erreichen.”
Aber der Freistaat redet lieber über Naturschutz – wenn es ums Umsetzen und die nachhaltige Sicherung geht, dann tut die Landesregierung gern so, als könnten das ruhig andere finanzieren.
“Zudem besteht eine große Finanzierungslücke beim Übergang von der letzten zur aktuellen Fördermittelperiode – vom Jahr 2013 bis heute. Jeder wirtschaftlich kalkulierende Betrieb wäre lange insolvent”, beschreibt Günther die Lage der Betroffenen. “Abhilfe kann nur durch die unverzügliche Bewilligung von beantragten Naturschutzprojekten und die Auszahlung der Fördermittel für erbrachte Naturschutzleistungen geleistet werden. Ergänzend muss die Staatsregierung auch selbst Landesmittel für den Erhalt von Sachsens Natur bereitstellen.”
Günther weist auch darauf hin, dass der Schutz der Umwelt als Lebensgrundlage in Artikel 10 der Sächsischen Verfassung festgeschrieben ist. “Damit ist der Erhalt der Natur, das heißt der Arten, Lebensräume und der genetischen Vielfalt, eine Aufgabe des Freistaates und kein Hobby Einzelner. Naturschutz ist Daseinsvorsorge für die Gesamtgesellschaft.”
Wenn Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) seiner Verantwortung nicht schnell nachkomme, stellt Günther fest, würden jetzt zwangsläufig Kündigungen in den betroffenen Vereinen drohen.
“Private Naturschützer geben auf, die Flächen fallen brach und Lebensräume und deren Arten verschwinden unwiederbringlich. Gewachsene Strukturen, Wissen und Engagement drohen verloren zu gehen. Dabei sind für die Naturschutzarbeit auf diesen Flächen zum Teil jahrzehntelang Fördermittel geflossen”, zählt Günther auf. “Wir sind auch in unserer modernen Gesellschaft auf die Artenvielfalt angewiesen. Sei es zur Erholung, für nachhaltigen Tourismus, als Wirtschaftsfaktor oder für die vielfältigen Umweltdienstleistungen, wie medizinische Produkte, Gewässerreinigung, Bestäubungsleistung oder natürliche Schädlingsbekämpfung und nicht zuletzt die pure Erhaltung der Schöpfung.”
Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf die Große Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‘Naturschutzförderung und Agrarumweltmaßnahmen in Sachsen’ (Drs 6/3023)
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