Das war dann nach vielen Jahren doch mal ein Paukenschlag, ein ordentlicher, mit dem der Leipziger Karnevalsverein seinen Frust der Stadt gegenüber richtig deutlich machte: Er sagte kurzerhand die offizielle Rückgabe des Rathausschlüssels für Mittwoch, 10. Februar, ab. Es ist zwar nicht so, dass Oberbürgermeister Burkhard Jung jetzt nicht mehr zur Arbeit kommt. Aber beim Geld, so empfinden es Leipzigs Karnevalisten, hört die Freude auf.

Dabei hatte sich Ulrich Hörning, Bürgermeister und Beigeordneter für Allgemeine Verwaltung, schon so gefreut auf die lockere Begegnung mit Löwin Leila (Julia Liebner) und einer Abordnung der Leipziger Karnevalisten. War ja nie ein langweiliger Staatsakt. Im Gegenteil: Leipzigs Narren gaben – nachdem sie ihn seit dem 11.11. ordentlich verwahrt hatten – den Rathausschlüssel immer brav zurück, verbanden das aber stets auch mit fröhlich-forschen Mahnungen an die Verwaltung. Es war jedes Mal einer der schönen Momente, in denen Leipziger Bürger sich launig erkühnten, den Ratsherren ein paar ordentliche Ratschläge fürs Regieren zu geben.

Aber irgendwie hören die nicht immer zu. Vielleicht, weil sie an den Berg von Arbeit denken, der auf ihrem Tisch liegt. Oder den strengen Finanzbürgermeister, der darauf pocht, dass die Stadt mit ihren Pfunden wuchert und auch ein paar Einnahmen einspielt.

Nur irgendwie hat es jemand in dem großen Behördenapparat diesmal übertrieben und die Leipziger Karnevalisten so behandelt, wie man vielleicht die großen Karnevalsvereine in Köln oder Düsseldorf behandeln kann. Darüber informierte der Förderverein Leipziger Karneval am Montag, 8. Februar, in einer eigenen Mitteilung.

Tags zuvor hatte man mit geschätzten 50.000 Leipzigern in der Innenstadt gefeiert. Nicht ganz ungetrübt. Denn die Stadtverwaltung hatte den Rundkurs für den Rosensonntagsumzug wieder einmal verkleinert.

„Zu Beginn des Rosensonntagsumzuges in Leipzig ging die Strecke rund um den Ring, mittlerweile erhält der Zug nur für eine kleine Runde rund um den Marktplatz eine Erlaubnis“, beklagt sich der Verein. Wohl zu Recht, wenn man bedenkt, dass ein kleines Legida-Häuflein für 300 bis 1.000 Teilnehmer regelmäßig den halben Ring gesperrt bekommt. Da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht mehr, auch wenn 50.000 Zuschauer natürlich auch auf den Marktplatz passen. Aber je kürzer die Strecke wird, umso unattraktiver wird sie auch. Und ein wenig sehen sich Leipzigs Karnevalisten auch von den Stadtvätern ignoriert. Man baut zwar nicht so riesige Schauwagen wie in Köln, aber auch das, was da an Musikern und Funkenmariechen paradiert zwischen den bunt geschmückten Wagen, ist nun einmal Leipziger ehrenamtliches Engagement. Und ein Stück Lebensfreude sowieso.

Musikkapelle zum 17. Rosensonntagsumzug im Neumarkt. Foto: S. Wendt/FKLK e.V.
Musikkapelle zum 17. Rosensonntagsumzug im Neumarkt. Foto: S. Wendt/FKLK e.V.

„Außerdem zeigt sich der Oberbürgermeister Jung nur selten zur närrischen Zeit – von Unterstützung seitens der Stadt Leipzig kann man sich mehr erhoffen“, formuliert der Förderverein nun seine enttäuschten Erwartungen. Und dann geht’s ums Geld. Und das ist ein Thema, das mittlerweile allen eingetragenen Vereinen in Leipzig schwer auf der Seele liegt. Erst recht, wenn die zuständigen Ämter dann mitteilen, dass die Gebühren wieder kräftig gestiegen sind.

„Dieses Jahr hat nicht nur die Stadtreinigung ihre Rechnung vervierfacht – die letzte Anforderung der Stadt an das Förderkomitee Leipziger Karneval e.V. hat den 17. Großen Rosensonntagsumzug ins Straucheln geraten lassen: 15.000 Euro für Sanitäter, Notärzte und Sicherheitskräfte sollte der gemeinnützige Verein für diesen Tag aufbringen“, beschwert sich der Verein. Nach intensiven Gesprächen sei es zumindest gelungen, die Kosten erheblich zu senken, dennoch sei die kommende Saison jetzt schon in Gefahr.

„Wir werden in der kommenden Zeit noch genauer rechnen und leider auch an Alternativen ohne einen Umzug in Leipzig denken müssen“, erklärt dazu Präsident Steffen Hoffmann vom Förderkomitee Leipziger Karneval e.V.. „Ein großer Dank gilt hier den vielen Helfern, die mit Herzblut und teilweise erheblichen privaten Summen bereit waren, kurzfristig für den Karneval in die Bresche zu springen, um den Rosensonntagsumzug stattfinden zu lassen.“

Wie es in der nächsten Saison wird, stehe in den Sternen. Der Förderverein Leipziger Karneval strebt nun ein klärendes Gespräch mit der Stadt an und hofft zukünftig auf Unterstützung. Ansonsten, so Hoffmann, müssten die Leipziger nächstes Jahr auf einen weiteren Kulturpunkt verzichten.

Die erste Konsequenz: Der Aschermittwoch fällt aus und der Rathausschlüssel wird dieses Jahr nicht zurückgegeben.

„Natürlich bekommt das Rathaus den Schlüssel, doch wir werden es nicht feiern“, erklärt Hoffmann. Schließlich waren auch die Mitarbeiter der Stadt stets gern in der Wandelhalle des Neuen Rathauses und hätten sich am närrischen Kurzprogramm erfreut. Da gibt es also mal nichts zu Lachen im Rathaus. Entsprechend geknickt las sich dann das Kurztelegramm aus dem Verwaltungsdezernat:

„‚Närrisches Volk gibt Rathausschlüssel zurück‘ (geplant für 10. Februar, 10 Uhr) ist leider abgesagt worden und entfällt damit ersatzlos.“

Das Wörtchen „leider“ werden Leipzigs Karnevalsfreunde schon mit Erleichterung gelesen haben. Vielleicht zeigt die hohe Verwaltung jetzt auch bei den Kosten Entgegenkommen und findet einen tapferen Bürgermeister, der sich auch mal unter die Narren und Närrinnen mischt.

Die Zahlen zum 17. Rosensonntagsumzug: 50.000 Zuschauer am Straßenrand, 30 geschmückte Wagen und Traktoren. Zum Abschluss des Zuges gab es ein buntes Programm mit Gesang, Tanz und gesprochenem Wort. In diesem Jahr wurden die Mitarbeiter der Leipziger Verkehrsbetriebe mit der „Goldenen Rose“ ausgezeichnet – eine Auszeichnung für besondere Leistungen in und um Leipzig.

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