Von wem werden wir eigentlich regiert? Was sind das für Leute, die sich zwei Jahre lang regelrecht einen Sport daraus machten, das EU-Mitglied Griechenland zu demütigen und verbal zu bashen? Und die seit ein paar Tagen wieder draufhauen auf den „Sündenbock“ Griechenland. Jetzt beklagen sie, dass Griechenland „in der Flüchtlingskrise versagt“. Versagt da nicht eher eine bürokratische EU? - Thema für eine Speakerstour von Attac.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac nimmt den Generalstreik am Mittwoch, 4. Februar, in Griechenland zum Anlass, die Politik der Bundesregierung gegenüber Griechenland scharf zu kritisieren.
„Die Dauererpressung Griechenlands – erst mit der Drohung, es aus dem Euro zu werfen, nun aus Schengen – muss endlich aufhören”, sagte Mike Nagler vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. „Statt das Land weiter zu knebeln und Privatisierungen, Kürzungen und zusätzliche Einschnitte bei den Renten zu verlangen, muss Griechenland in die Lage versetzt werden, die dringend notwendigen öffentlichen Investitionen zu tätigen, auch um die Flüchtlingskrise bewältigen zu können.”
Notwendig dafür wären ein Schuldenerlass für Griechenland und ein Kurswechsel der Bundesregierung in der Europapolitik.
Und in der Asylpolitik. Denn das jüngst beschlossene Asylpaket der Bundesregierung wird die Lage für die Flüchtlinge in Griechenland weiter verschärfen. Und da viele der in Deutschland abgewiesenen Asylsuchenden in Griechenland zum esten Mal registriert wurden, entsteht dort ein regelrechter Stau – die Flüchtlinge hängen fest, die Griechen werden mit der Betreuung der Gestrandeten allein gelassen. Und das in einer Situation, in der der griechische Staat unter den Rezepturen der Troika erst so richtig zu leiden beginnt.
Europäische Solidarität sieht anders aus.
Attac fordert die Bundesregierung mit Nachdruck auf, nicht länger auf dem Rücken von Geflüchteten und Schutzsuchenden Politik zu machen. Die Erpressung Griechenlands verschärfe die bereits bestehende humanitäre Katastrophe.
„Statt Lager an den Außengrenzen der EU einzurichten, in denen Geflüchtete für längere Zeit zu schlechtesten Bedingungen leben sollen, müssen legale und sichere Wege für Schutzsuchende geschaffen werden”, fordert Georg Brzoska von der Attac-Projektgruppe Eurokrise.
Durch die in Deutschland beschlossenen Asylrechtsverschärfungen und die Dublin-Richtlinien der EU werde Griechenland zusätzlich unter Druck gesetzt, habe aber nicht die Möglichkeiten, die katastrophale humanitäre Situation der Geflüchteten insbesondere auf den Inseln zu verbessern. So hat etwa die Zahl der Abschiebungen von Asylsuchenden aus der Bundesrepublik in die Länder, in denen sie registriert wurden, massiv zugenommen.
Speakerstour durch fünf Städte
Attac hat nun ein Mitglied der griechischen „Wahrheitskommission für die Staatsverschuldung” für eine Speakerstour eingeladen. Vom 14. bis 19. Februar wird Thanos Contargyris von Attac Hellas in Hamburg, Berlin, Frankfurt, Mainz und Leipzig über die Situation in Griechenland und ihre Ursachen informieren.
Mit der Wahrheitskommission kam das griechische Parlament 2015 einer Verpflichtung durch die EU nach, die öffentlichen Finanzen des Landes umfassend zu prüfen und die Bilanz der Bevölkerung vorzulegen. Die international besetzte Kommission präsentierte im Juni ihren ersten Bericht, der nun auch in deutscher Sprache vorliegt. Das Ergebnis: Ein großer Teil der Schulden Griechenlands ist als illegitim oder illegal zu werten.
Den Leipziger Termin kann man sich schon einmal vormerken:
Vortrag von Thanos Contargyris, Mitglied der griechischen Wahrheitskommission, am 17. Februar: „Schuldenschnitt für Griechenland? Über den Bericht der Wahrheitskommission des Griechischen Parlaments”
Vortrag und Diskussion (englisch mit Übersetzung): Thanos Contargyris, Neues Schauspiel Leipzig (Lützner Str. 29), Mittwoch, 17. Februar, 19 Uhr
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