Stadtbezirksbeiräte (SBB) tagen in der Regel öffentlich. Aber mit ihren Beschlüssen gehen sie nicht an die Öffentlichkeit, sondern arbeiten in aller Stille ihr Pensum ab, das in der Erstellung von Positionen zu Themen besteht, die aus Sicht der Verwaltung den Stadtbezirk betreffen. Nur der Stadtbezirk Südwest hat das in der letzten Wahlperiode konsequent anders gemacht. Jetzt legt er auch noch als erster SBB einen eigenen Rechenschaftsbericht vor. Gibt's denn sowas?
Am Mittwoch, 25. Februar, quasi frisch auf den Tisch des Stadtrates, hat er sein siebenseitiges Papier gepackt, in dem nicht nur steht, mit welchen wichtigen Themen man sich beschäftigt hat. Was auch schon etwas wäre. Eigentlich wäre es längst höchste Zeit, dass diese gewählten Gremien auf Stadtbezirksebene alle, wirklich alle öffentlich, am besten über eine eigene Website, informieren über das, was sie entschieden haben – und warum.
Neben dem SBB Südwest war es manchmal auch noch der SBB Mitte, der sich zu Themen wie der Verkehrssituation am Sportforum zu Wort meldete. Meldungen, die auch deutlich machen, dass die Meinungsbildung im Stadtbezirk oft völlig anders ist als im Stadtrat. Manchmal liegen geradezu Welten dazwischen. Die haben mit Betroffenheit zu tun.
Stadträte aus Holzhausen oder Plaußig sehen die Probleme im Leipziger Westen oder am Sportforum mit völlig anderen Augen als die, die direkt vor Ort wohnen und mit den Problemen konfrontiert sind.
Im SBB Südwest aber hat man nicht nur abgestimmt, was die Verwaltung im Lauf der normalen Abstimmungsprozesse an Papieren auf Rundreise geschickt hat. Man nahm sich dort tatsächlich das verbriefte Recht, Stadtpolitik durch eigene Anträge mitzugestalten. Heißt zwar nicht so. Aber wenn ein SBB wirklich ein Thema auf Stadtebene heben will, nennt er es “Wichtige Angelegenheit”.
Bilanz für harte Arbeit vor Ort
Dass die Gruppe nun selbst Rechenschaft ablegt, hat mit dem Wunsch nach einer Evaluation und einer weiteren Verbesserung der Gremiumsarbeit zu tun, betonen die Beiratsmitglieder. Die Bilanz entstand auf Initiative der Beiratsmitglieder und wird an das Büro für Ratsangelegenheiten, den Oberbürgermeister und die Fraktionen versandt. Der siebenseitige Bericht zeigt, wie viel der Stadtbezirksbeirat geleistet hat. Und stolz stellen die Beiratsmitglieder fest: “Oftmals wird die Arbeit des Gremiums nicht ernst genug genommen. Heute können wir darstellen, in welcher Bandbreite wir tätig sind. Auch wenn nicht alles von Erfolg gekrönt war, haben wir viel erreicht”.
Da braucht es eigentlich nur ein paar Stichpunkte, um die vergangene Wahlperiode in Südwest wieder bildhaft werden zu lassen.
Großes Thema der V. Wahlperiode war das Bürgersteigparken in Schleußig. Ein Beinahe-Unfall mit einem Kleinkind und einem ausparkenden Auto hatte den SBB Südwest veranlasst, tätig zu werden. Das Thema wurde mehrfach auf die Tagesordnungen gesetzt, Verantwortliche aus allen Ämtern geladen. In der Folge entwickelte das Dezernat Stadtentwicklung und Bau das inzwischen realisierte Konzept, welches das Ende des Bürgersteigparkens bedeutete. Gegen den sehr lautstarken Widerstand einiger Bürger, die das Thema seit fünf Jahren blockiert hatten.
Aber nicht mal im SBB fanden sie eine Mehrheit. Irgendwann ist Schluss mit solcher Trödelei und Gefährdung schwächerer Verkehrsteilnehmer.
Bei Vorgängen, bei denen die Beratungen zwischen Stadtbezirksbeirat und Verwaltung keine befriedigenden Ergebnisse zeigten, griff das Gremium zum Mittel der sogenannten “Wichtigen Angelegenheit” (WA), die eine Anhörung der Beiratsmitglieder vor den verantwortlichen Ausschüssen und die Befassung durch die Ratsversammlung nach sich zieht. Und in dieser Bandbreite steht der SBB Südwest bis jetzt allein da. Eigentlich ein echtes Vorbild für die anderen Stadtbezirke.
Eine “Wichtige Angelegenheit” musste der Stadtbezirksbeirat Südwest sieben Mal einsetzen, so unter anderem zum Erhalt des Schulclubs am Adler und zum Fütterungsverbot der Nutrias an der Weißen Elster. Viele Impulse für die Arbeit kamen aus der Bürgerschaft, die zu jeder Sitzung Gelegenheit zu “Einwohneranfragen” hat. So konnte die Einbahnstraßenregelung in der Insektensiedlung aufgehoben werden, obwohl die Stadt zunächst an der vorliegenden Regelung festhalten wollte.
Nicht alle Projekte, mit denen sich der SBB befasste, konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Der Verlust des Bürgeramtes Plagwitz war nicht abzuwenden, bedauern die Beiratsmitglieder. Und die Einführung eines echten Bürgerhaushaltes, der auch den Stadtbezirksbeiräten mehr Kompetenzen bei lokalen Investitionsentscheidungen gegeben hätte, gelang auch nicht. Ein gewisses dickes Fell braucht man als gewählter Volksvertreter auch auf dieser Ebene.
Einzelne Projekte, zum Beispiel der Wiederaufbau der Streetballanlage im Stadtteilpark Plagwitz und der Umgang mit Wildtieren in Leipzig, müssen in der nächsten Wahlperiode weiterverfolgt werden, schätzt der SBB Südwest ein. Dennoch ziehen die Beiratsmitglieder sehr positive Bilanz und formulieren es so: “Wir haben viel erreicht und denken, dass wir uns viel Respekt von Seiten der Verwaltung erworben haben”. Der Rechenschaftsbericht sei zunächst ein Testballon. “Zu Beginn der Wahlperiode haben wir beschlossen, Protokolle zu schreiben, die die Arbeit deutlich verbessert haben. In der nächsten Wahlperiode schreiben alle SBB Protokolle. Wir hoffen, dass auch unser Rechenschaftsbericht ‘Schule machen’ wird.
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