Das über Jahrzehnte sehr lückenhaft gewordene Leipzig hatte nicht nur negative Seiten. Denn wo Menschen verschwinden und Häuser abgebrochen werden, entstehen eben nicht nur Brachen, sondern auch neue Lebensräume für Stadtbewohner, die für gewöhnlich niemand zählt: Pflanzen und Tiere, die entstandene Leerräume gern als Lebensraum annehmen. Doch mit der wachsenden Einwohnerzahl werden natürlich auch die kleinen Biotope wieder zugebaut. Darüber sollte man schon mal nachdenken, findet der BUND Leipzig.
Die Leipziger Gruppe des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat das nun getan. Und kam dabei schon gewaltig ins Grübeln. Denn eine entsprechende Strategie zum Schutz wichtiger Biotope, Tier- und Pflanzenarten in der Stadt Leipzig gibt es eigentlich nicht. Eher ist Leipzig wieder auf dem Weg zurück zu einer aufgeräumten, dicht bebauten Stadt, wo für manche als wichtig erkannte Tierart kein Platz, keine Lücke, keine Baumhöhle mehr frei bleibt. Und das, obwohl bei vielen Tierarten bekannt ist, wie wichtig sie für die Stadt sind.
Die BUND Regionalgruppe Leipzig fordert deshalb jetzt mehr Schutzbemühungen für Biologische Vielfalt in der Stadt.
“Mit weniger werdenden Baulücken und der steigenden Einwohnerzahl sind ökologische Nischen für Tiere und Pflanzen in Gefahr. Grüne Nischen und Brachflächen prägen die bisherige Lebensqualität der Stadt”, betonen die Naturschützer. Um diesen Zielkonflikt klar zu regeln, hat der BUND Leipzig ein Positionspapier verabschiedet.
„Das Verdichten der Baustruktur innerhalb der Stadt ist zwar aus energetischen Gesichtspunkten als auch für die ‘Stadt der kurzen Wege’ sehr zu begrüßen. Gerade in jüngerer Zeit mussten wir aber feststellen, dass immer wieder wertvolle Biotope ohne Ausgleich einer Bebauung zum Opfer fallen”, erklärt dazu Martin Hilbrecht, Vorsitzender der Regionalgruppe Leipzig.
Die Schattenseite der Nachverdichtung besteht darin, dass durch sie artenreiche, schützenswerte Grün- und Brachflächen verschwinden, die aber Lebensraum und Futterstellen für Insekten, Vögel und kleinere Säugetiere sind, betont der BUND. Diese innerstädtischen Grünräume tragen darüber hinaus in erheblichem Maße zu einer guten städtischen Luftqualität, einem angenehmen Mikroklima, und nebenbei zu unserer Ernährungssicherung bei.
Im Zielkonflikt zwischen energetisch sinnvoller stadträumlicher Verdichtung und der Erhaltung von artenreichen und mikroklimatisch notwendigen Grün- und Brachflächen sind für den BUND Leipzig folgende Punkte von zentraler Bedeutung:
1. Eingriffe in die Natur müssen umfassend ausgeglichen werden.
2. Bei Nachpflanzungen sollte auf Artenvielfalt und Regionalität geachtet werden.
3. Brachflächen sind, wenn möglich, zu erhalten. Besteht ein begründeter Schutzbedarf, ist im Einzelfall ein kompletter Erhalt einer Brachfläche zu fordern und die Stadt sollte ihre baurechtlichen Möglichkeiten zum Erhalt von Brachflächen ausschöpfen. Hierzu gehört es auch, Brachflächen bei der Aufstellung von Bauleitplänen als Flächen zum Schutz von Natur und Landschaft auszuweisen.
4. Angemessene Flächen für Biotope sind zu schaffen. Freiflächen, die bebaut werden, müssen eine angemessene Fläche für Biotope aufweisen. Ist dies nicht möglich, sind am dort entstehenden Bauwerk ökologische Zusatzleistungen, wie z.B. Fassaden- oder Dachbegrünungen, zu erbringen.
5. Öffentliche Park- und Grünanlagen sollen erhalten werden, da sie einen wichtigen Beitrag zum lokalen Mikroklima, der Luft- und Wasserreinhaltung sowie zur Naherholung leisten. Der Einsatz von Pestiziden und Streusalz ist in Parks und Grünanlagen ausnahmslos zu verbieten.
6. Eine transparente Freiflächenvergabe muss geschaffen werden. Freiflächen sind in einem transparenten, nachprüfbaren Verfahren nach einem Kriterienkatalog zu vergeben, um die gleichberechtigte Antragstellung aller an einer Nutzung interessierter Gruppen zu gewährleisten (darunter beispielsweise auch Initiativen im Bereich des Urban Gardening, die sich für die Etablierung von städtischen Gärten und Stadtnatur engagieren).
7. Flächenverbrauch und Versiegelung müssen reduziert werden. Im Rahmen der angestrebten Verbesserung des Stadtklimas (Luftqualität, Temperatur, Lärm, Frischluftschneisen) soll dem steigenden Flächenverbrauch sowie einer zunehmenden Versiegelung der Böden entgegengewirkt werden.
8. Die Umweltbildung muss gestärkt und verbessert werden! – Die vielfältigen positiven Wirkungen von Stadtnatur und städtischen Wildräumen sollen den Bürgerinnen und Bürgern durch entsprechende Angebote, z.B. Exkursionen, Lehrpfade etc., nahegebracht werden, um die gesellschaftliche Akzeptanz von wilden, im Auge des Betrachters ”
Mit 480.000 Unterstützern ist der BUND die größte Vereinigung zum Naturschutz in Deutschland. Die Regionalgruppe Leipzig kümmert sich um Umwelt und Natur in Leipzig und Umgebung. Schwerpunkte der Arbeit bilden die Öffentlichkeitsarbeit, umweltpolitische Lobbyarbeit, die Umsetzung eigener Projekte und Kampagnen, sowie die Umweltbildungsarbeit. Thematisch beschäftigt sich der BUND Leipzig dabei beispielsweise mit dem praktischen Naturschutz und Biodiversität, Klimaschutz, Umweltbildung, Fluglärm und dem Auenwald.
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Mindestens genauso wichtig ist, bebaute Flächen wo immer möglich zu nutzen: begrünte Dächer, begründe Fassaden, Entsiegelung von Flächen auf Grundstücken und Anreize für Unternehmen, nicht bebaute Flächen naturnah zu gestalten. Im Moment haben viele Unternehmen Angst, daß sie Ärger bekommen , wenn sich auf Ihren Brachflächen geschützte Tiere ansiedeln. Das ist leider begründet. So hat zB BMW viel mehr Fläche gekauft als tatsächlich bebaut worden ist. Für die gesamte Fläche mußte Ausgleich geleistet werden. Die nichtbebauten Flächen wurden naturnah gestaltet. Entstanden ist ein Naturparadies mit artenreichen Blumenwiesen und sehr vielen geschützten Arten. Als dann die neue Halle für die Montage der Elektroautos gebaut werden sollte, verlangte die Stadtverwaltung erneut Ausgleich, weil nun geschützte Arten betroffen waren. BMW empfand das als Strafe.
Hätten sie englischen Rasen und Ziersträucherhecken dort angelegt, hätte es keinen Ärger gegeben. Übrigens ist noch genug unbebaute Fläche vorhanden und damit Raum für die geschützten Arten. Viele Unternehmen haben ihre Brachflächen als Bauland genutzt um Kredite abzusichern. Wird das nun mit Naturschutzauflagen nachträglich belastet, sinkt der Wert und neue Sicherheiten müssen her. Das führt dazu, daß sie im milden Fall nichts für den Naturschutz tun und im härteren Fall die Brachfläche so gestalten, daß geschützte Arten vergrämt werden. Diese Praxis muß geändert werden. Durch ihr vorgehen sind die Naturschutzbürokraten im Rathaus in der Praxis Naturschutzverhinderer.
Statt Grundbesitzer und Unternehmen durch doppelten Ausgleich und wertmindernden Auflagen zu bestrafen sollten Grundeigentümer, die auf unbebauten Flächen aktiv geschützte Natur fördern belohnt werden: Senkung der Grundsteuer für unbebaute Flächen, Erhöhung für Versiegelte. Die Grundsteuer für Flächen auf denen Gebäude stehen kann gesenkt werden, wenn Wände und Dächer begrünt werden. Unternehmen mit Artenreicher Natur auf unbebauten Flächen sollten öffentlich gewürdigt werden und Rabatte bei künftigem Ausgleich erhalten.
Ganz wichtig ist auch, Keine Gifte in Kleingartenanlagen einzusetzen. Was nützen naturnahe Biotope, wenn Eidechsen, Kröten, Vögeln und Igeln das Futter vergiftet wird?