In Leipzig häufen sich in der letzten Zeit die Fälle öffentlich bekannt werdender Entmietungsabwicklungen, die dazu führen, dass Mieter aus ihren Wohnungen verdrängt werden, ohne dass dazu ein handfester Anlass besteht. Immobilienfirmen nutzen die in Leipzig vorhandene Marktlage, um mittels Luxussanierungen hohe Renditen zu erzielen. Im Fokus des Interesses stehen historisch bedeutsame Gebäude, deren gute Lage oder außergewöhnliche Struktur besondere Attraktivität bei möglichen Kaufinteressenten wecken können.
Oft führen die Entmietungsabwicklungen zu Streitigkeiten zwischen Eigentümer und Mietern. Mitunter wird auch durch fragwürdige Methoden versucht, die Bewohner dazu zu bewegen, ihr Zuhause zu verlassen. So geschehen in der Holbeinstraße 28a oder in Bernhard-Göring-Straße 110. Dort wurde und wird versucht, die Mieter schnellst möglich dazu zu bewegen, ihre Wohnungen zu verlassen. Ein Mediationsverfahren zwischen der Hausgemeinschaft der Holbeinstraße 28a und der KSW Gmbh (neuer Eigentümer der Immobilie) scheint auch nicht den gewünschten Effekt erzielt zu haben. Nun droht den Mietern der Rauswurf mit Nutzungsuntersagung zum 13. Januar 2015.
Neben dem Widerstand der Bewohner, formiert sich nun auch öffentlich die Bekundung des Unwillens gegenüber den Entwicklungen auf dem Leipziger Immobilienmarkt, der von Seiten der Stadt und den Immobilienvertretern gern als entspannt dargestellt wird.
Das Bündnis “Nowhere!” ruft am Donnerstag gemeinsam mit dem Leipziger Netzwerk “Stadt für alle” zur Unterstützung der Bewohner der Holbeinstraße 28a und anderen Betroffenen auf. Nowhere ist ein dezentraler Zusammenschluss von Einzelpersonen, Initiativen und Gruppen.
“Die Fälle unverantwortlicher Verdrängungs- und Entmietungspraktiken häufen sich im Zuge von deutlich steigenden Mieten und strukturellen Veränderungen in der Leipziger Wohnungsbestandsstruktur. Stellvertretend für die größtenteils im Dunkeln bleibenden Verdrängungsprozesse, stehen die öffentlich gewordenen Beispiele der jüngsten Vergangenheit aus fast allen Stadtteilen…”, heißt es in der Pressemitteilung.
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Insbesondere zeige die Situation der Holbeinstraße 28a exemplarisch auf, mit welcher Rücksichtslosigkeit renditeorientierte Akteure ihre ökonomischen Interessen durchzusetzen versuchen.
“Erste Schutzmechanismen seitens der Stadt Leipzig wurden zwar im März 2014 mit der Änderung der Eigentümerziele der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) eingeführt, welche ein Vorkaufsrecht für die Bestandsmieter_innen von LWB-Immobilien sowie die Vereinbarung von Sozialchartas festschreiben.” Dies sei allerdings nutzlos für Mietparteien, deren Häuser bereits verkauft wurden und “nur bei konsequenter Durchsetzung mehr als ein Papiertiger. Nur wirksame und angewandte kommunalpolitische Instrumente können die juristisch, aber auch sozialpolitisch fragwürdigen Entmietungen verhindern.” Die Stadt Leipzig, die LWB und private Unternehmen sollten umgehend ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden.
Hier fordert das Bündnis einen sofortigen Verkaufsstopp des städtischen Immobilien- und Liegenschaftsbestandes sowie sozialen Neubau, eine Aktivierung derzeit nicht nutzbarer Wohneinheiten und niedrigschwellige Sanierungen. Zudem müsse der Schutz für bestehende Strukturen vor der ökonomischen Verwertung stehen. Die selbstverwalteten, alternativen und kreativen Räume der Stadt seien ihr kulturelles Kapital und Motor ihrer Attraktivität und müssen aus diesem Grund besonderen Schutz erfahren.
“Gentrifizierung ist kein Naturgesetz! Wohnen ist kein individuelles Problem, sondern eine soziale Frage.”
Diese Frage will man seitens des Bündnisses auch in den Fokus der Auseinandersetzung um eine gerechte Stadt stellen und öffentlich wahrnehmbar machen.
Am 11. Dezember 2014 wird es in diesem Zusammenhang einen Lampionumzug geben. Beginn ist 16:00 Uhr an der Holbeinstraße 28a, die Route führt entlang der Merseburger Straße über die Karl-Heine-Straße zum Firmensitz der KSW GmbH auf der Karl-Heine-Straße 2 und nach einer Zwischenkundgebung zurück zum Ausgangspunkt.
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