Es gibt Menschen, die haben eine tief sitzende Abneigung davor, zu Empfängen, Ehrungen und Ordensverleihungen eingeladen zu werden, weil die Einladungen oft von Leuten kommen, mit denen sie nicht einmal einen Abend in der Kneipe aushalten würden. Volly Tanner, Schriftsteller und immer wieder gern gesehener Autor der L-IZ, gehört dazu. Und er ist ganz bestimmt nicht allein, wenn er jetzt seine Ablehnung für einen Empfang bei Bundespräsident Joachim Gauck formuliert.

Der hatte den Leipziger, der sich auch ehrenamtlich für die Literatur und für ein besseres Miteinander einsetzt, für den 3. Oktober zu einem Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Hannover eingeladen. Doch irgendwann platzt einem wie Volly Tanner die Hutschnur, wenn das deutsche Staatsoberhaupt nun schon in einer ganzen Reihe von Äußerungen und Reden Meinungen von sich gegeben hat, die man nicht unbedingt teilen kann, die nicht nur Volly Tanner als “ausgrenzend, abwertend und Konflikte schürend” empfindet.

Von einem Präsidenten, der tatsächlich auf seine Worte achtet, wenn er über die Ereignisse der Zeit spricht, ist Joachim Gauck weit entfernt. Zuletzt erlebt bei seinen Äußerungen am 1. September zum Jahrestag des Kriegsbeginns 1939. Zu einem Präsidenten, der das Gesamte der Gesellschaft und der heutigen Welt betrachtet und wägend und verantwortungsvoll über die Dinge spricht, die vielen Bürgern mittlerweile richtig Angst machen, ist es noch ein weiter Weg.
In seinem Brief, den Volly Tanner nun als Absage an Gauck aufgesetzt hat, schreibt er dazu: “Die Welt die ich mir wünsche, für meine Freunde und Kinder, für alle Menschen auf diesem Planeten – ja selbst für Sie – ist eine Welt ohne Nationalgrenzen, ohne Kriege, ohne neoliberale Werte und ohne Angst vor dem jeweiligen Anderen. Sie jedoch schüren gerade diese Konflikte, sie reden im Falle Snowden von Verrat, sie lachen über Menschen, die sich gegen eine Diktatur der Finanzmärkte auflehnen, sie reden einer Kriegsmaschinerie das Wort. All dies widerstrebt meinem Wertekontext zutiefst.”

Wir leben durchaus in einer Zeit, in der tatsächlich ernsthaft über das nachgedacht werden muss, was die neoliberalen Wirtschaftsansichten und die völlig entfesselten Finanzmärkte angerichtet haben, wie das unsere Gesellschaften zerfrisst, entsolidarisiert und – und das fehlt in Gaucks Reden völlig – auch immer weiter destabilisiert.

Möglich, dass der Bundespräsident auch von anderen Leuten solche Absagen auf die Einladung bekommt. Volly Tanner zumindest hat seine Begründung öffentlich gemacht und in seinen Blog gestellt.

Hier ist sie zum Nachlesen.

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