Viel war letztlich nicht los. Was seitens der Jungen Nationaldemokraten (JN) im Vorfeld der Demonstration am Sonntag wie das Armageddon klang, war der mittlerweile übliche laue Wind. 100 sagen die einen, 150 die anderen, mehr braune Kameraden wollten es dann doch nicht werden - ihnen gegenüber 450 oder 1.000? Da waren sich Veranstalter "Leipzig nimmt Platz" und Polizei erneut nicht einig, aber das wäre schon fast eine Überraschung gewesen. Keine hingegen, in Leipzig ist für JN und NPD nicht gut demonstrieren.

Üblich auch das Spiel zwischen Polizei und Gegendemo. Streckenverlegung, weil die Ursprungsstrecke bereits blockiert ist, dann erneute Blockade und wieder dicht. Aus Sicht der Gegendemo-Veranstalter: “Rund 1.000 Menschen protestierten am heutigen Sonntag, 18.05.2014 gegen einen Aufmarsch der NPD-Jugendorganisation JN in Leipzig-Lindenau. Nachdem sich an verschiedenen Stellen auf der angemeldeten Route der Nazis zahlreiche Menschen versammelt hatten, wurde der Aufmarsch zuerst umgeleitet. Aufgrund einer gewaltfreien Sitzblockade auf der Georg-Schwarz-Straße Ecke Uhlandstraße mussten die lediglich 150 Nazis schließlich nach kurzer Laufstrecke zum Lindenauer Markt zurückkehren.”

Und da stand es dann, das kleine Häuflein, das aus ganz Sachsen gekommen war, um gegen den “linken Straßenterror” zu marschieren. Irgendwie auch wie immer und zur Freude der überwiegend gewaltfreien Gegenprotestler. “Die Route der aus ganz Sachsen angereisten Nazis wurde empfindlich verkürzt. Das ist ein klarer Erfolg des zivilgesellschaftlichen Protestes! Es ist erfreulich, dass sich trotz strömenden Regens und kurzer Mobilisierungszeit so viele Menschen eingefunden haben, um menschenfeindlichen Ideologien eine Absage zu erteilen”, so Leipzig nimmt Platz im Anschluss.
Ganz so friedlich hatte es die Polizei aus ihrer Einsatzperspektive dann wohl doch nicht gesehen, im Nachgang sprachen die Beamten dann von gerade mal 450 Gegendemonstranten und 250 gewaltbereiten unter ihnen. Ein seltsames Spiel irgendwie – da 1.000, hier 450, ganz als ob man in Leipzig das Zählen verlernt hätte. Ebenfalls verlernt scheint der Dialog früherer Tage zwischen Polizei und Antifaschisten. Während im Nachgang schwere Kritik an der Art des Polizeieinsatzes seitens “Leipzig nimmt Platz” laut wurde, melden die Beamten folgendes Fazit: “Teilweise wurden diese Barrikaden angezündet und der Einsatz der Feuerwehr verhindert. Zwei Brandstifter (18 Jahre, männlich) konnten in diesem Zusammenhang festgenommen werden.” Weiter heißt es: “Weitere dreizehn Gewahrsamnahmen erfolgten durch die Polizei. Um 15:50 Uhr erreichte der Demonstrationszug der JN wieder den Ausgangspunkt. Um 15:55 Uhr war der Aufzug beendet. Die Polizeidirektion Leipzig, die Bereitschaftspolizei Leipzig sowie die Bereitschaftspolizei Chemnitz führten diesen Einsatz gemeinsam durch. Es gab fünf leicht verletzte Polizeibeamte.”
Die Antwort der Veranstalter Leipzig nimmt Platz: “Dagegen war das Vorgehen der Polizei an manchen Stellen extrem überzogen. So wurde die friedliche Sitzblockade an der Uhlandstraße anfangs brutal versucht auseinanderzutreiben. In anderen Straßen gab es wahrliche Hetzjagden gegen DemonstrantInnen. Durch ein solches Vorgehen wird der Protest gegen Nazis diskreditiert. Zudem werden Menschen eingeschüchtert sich zivilgesellschaftlich zu engagieren. Wir fordern die Polizeiführung auf im Umgang mit Demonstrationen einen humane Kommunikations- und Einsatztaktik an den Tag zu legen.”

Dies war in Leipzig schon mal besser, derzeit versucht es die Leipziger Polizei unter dem neuen Präsidenten Bernd Merbitz (CDU) mal wieder mit verstärktem Krafteinsatz und weniger Gespräch. Nach dem erst durch ihn öffentlich geleugneten und mittlerweile nachgewiesenen Chemieeinsatz gegen linke Demonstranten vor der ehemaligen Asylnotunterkunft in Schönefeld, nun erneut eine harte Gangart in Lindenau.
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