In der Kernidee der Montagsdemos steckt zuerst einmal die für manche Menschen überraschende Mitteilung, die Federal Reserve Bank wäre eine Privatbank. Ist sie auch, wie so vieles in Amerika anders als im alten Europa entstand. Private Unternehmer wie dem deutschstämmigen John D. Rockefeller schufen im "wilden Westen" Monopole im Bereich Erdöl, private Unternehmer erschlossen das gesamte Land für die Eisenbahn, während in Europa die Strecken durch den Staat gebaut wurden. Die gesamte Entstehung der USA ist eine vollkommen andere als das Jahrhunderte andauernde Gerangel der Europäer.
Während also beispielsweise in Deutschland so mancher bis heute froh ist, dass das Streckennetz der Deutschen Bahn in Staatshand liegt oder die Europäische Zentralbank eine staatliche Einrichtung ist, haben die USA in Konsequenz ihrer Pionierzeit von Anfang an ein anderes Modell verfolgt. Mit allen Vor- und Nachteilen.
Es beruht weniger auf den staatlichen Besitz von geschäftlichen Kernbereichen, als vielmehr eine harte Gesetzgebung, welche in Zeiten von Verwerfungen den Präsidenten und dem Parlament mehr als die oft zahnlosen Untersuchungsausschüsse in Deutschland ermöglicht. So haben die USA beispielsweise in der Hochzeit der Bankenkrise rascher einen anderen Weg gefunden, einige Banken und Versicherer schlicht zu enteignen, indem sie Geschäftsanteile übernahmen. Die Vorladungen von Chefs der Banken glichen Tribunalen, die Folgen für so manchen Fehler der Manager waren schwerwiegend. Nicht grundlos hat es die USA geschafft, die Deutsche Bank auf Unsummen zu verklagen – nach dem Nachweis von schädlichen Immobilienspekulationen entschieden die Gerichte gegen die deutschen Banker.
Das mag so manchem Zentraleuropäer plötzlich eher wie Kommunismus vorkommen, doch während man die Deutsche Bank hierzulande lieber päppelte und die Commerzbank ohne Gewinnmitnahmen rettete, verdienten die Amerikaner mit ihren Bankenrettungen an manchen Stellen sogar Geld. Denn sie haben die Rettungen mit klaren Forderungen verbinden können – die Kontrolle der Politik über die Banken bis hin zur Fed ist also offenbar gegeben, die Macht zwischen Politik und Geld ist nur anders austariert als in Europäischen Gefilden.
Hier wie jenseits des großen Teiches tobt letztlich die gleiche immerwährende Auseinandersetzung zwischen Notenbank, Wirtschaft und Politik. Wie viel Macht und Einfluss haben gewählte Politiker auf die Geldinstitute und wie viel Macht besitzen diese wiederum. Und finden sich dazwischen irgendwie auch die Unternehmer wieder und wer kontrolliert diese? In Europa gibt es längst massive Kritik an der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (eine staatliche Einrichtung), welche damit selbstredend auch Wirtschaftspolitik macht.
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Die verschiedenen Sichtweisen auf die “Freiheit” der Wirtschaft ist also nicht grundlos auch der Hauptkonflikt in den Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP). Dass diese hinter geschlossenen Türen und ohne Einbezug der NGOs und der Bürger geführt werden, ist jedoch der eigentliche Wahnsinn, gegen welchen man durchaus protestieren muss. Dies tun in ganz Europa bereits Bürger – ganz ohne Montagsdemo. Nun jedoch mit diesen. Egal, ob sie nach rechts deklariert werden oder einfach Ideen öffentlich debattieren – eines eint die Versammlungen: Hilflosigkeit und die Frage, wo der sprichwörtliche kleine Mann (nennen wir sie auch gern Frau) letztlich bleiben in diesem Ziehen und Werden.
Und das Misstrauen steigt, schaut man sich die Versuche der EU-Kommission an, ein so wichtiges Abkommen ohne Mitsprache durch die Bürger Europas zu versuchen. Der pauschalisierte Angriff auf die Fed und die Zuweisung der Kriegstreiberei ist dennoch falsch. Der Ruf “gegen die Fed” ist wahllos ersetzbar durch “gegen die EZB” oder “gegen die Politik” oder eben “gegen meinen Nachbarn, der Geld in Aktien, einer Versicherung, seiner Krankenkasse oder Staatspapiere angelegt hat”.
Ja. Die Montagsdemos wenden sich auch gegen andere Menschen, indem sie sich etwas herausgreifen und es “das System” nennen. Das System existiert jedoch nicht. Es besteht aus allen, die es gemeinsam bilden. Dazu gehören neben NGOs, die oft genug mehr Unterstützung fordern auch die rund 500 friedlichen Teilnehmer der Montagsdemonstration am 21. April vor der Oper auf dem Leipziger Augustusplatz. Sie haben in ihren Bemühungen vorschnelle Attacken nicht verdient, Auseinandersetzung hingegen schon.
Deshalb ein Beispiel am Schluss: Die berechtigte Konsumkritik auf den bisherigen Veranstaltungen ist nur durch Konsumverzicht lösbar, also mit der Veränderung des eigenen Handelns. Dies wird auf den Montagsdemos auch gefordert. Vielleicht einer der zentraleren Aufrufe, welche Bestand haben werden. Es beginnt mit dem nächsten Einkauf und der Nachfrage: Woher kommt dieses Produkt eigentlich? Funktioniert mein altes Smartphone noch – warum also ein neues? Muss es heute wirklich schon wieder Fleisch sein? Und warum bin ich eigentlich mit dem Auto die paar Meter bis hier gefahren?
Dazu und zu allen sonstigen Themen kann und sollte man sich gern und öfter austauschen. Auch an Montagen ab 18 Uhr auf dem Leipziger Augustusplatz. Denn Evolution ist, was ihr draus macht. Schaun mer mal. Und das möglichst genau.
Zum Rest und derzeitigen Abschluss vielleicht an dieser Stelle mal ein Kommentar von Heribert Prantl zum Thema Europa/EU.
Wie Europa unsere Heimat werden kann / Süddeutsche.de / 17. April2014
Die Fed – Privat oder Staatlich auf ARD.de / Börse
http://boerse.ard.de/boersenwissen/boersenwissen-fuer-fortgeschrittene/die-fed-hueterin-des-dollar-100.html
Wie abhängig/unabhängig ist die Fed im Vergleich zur EZB
http://boerse.ard.de/boersenwissen/boersenwissen-fuer-fortgeschrittene/ist-die-fed-so-unabhaengig-wie-die-ezb-100.html
Die Geschichte/Eigenbeschreibung der Fed
http://www.federalreserve.gov/pf/pdf/pf_1.pdf
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