Die Debatte um Gentrifizierung, Segregation und bezahlbaren Wohnraum in Leipzig hat gerade erst begonnen. Da helfen auch alle Beschwichtigungen aus dem Rathaus nichts. Leipzig ist eine wachsende Stadt, gewinnt jedes Jahr 10.000 Einwohner hinzu. Das lässt den Wohnungsleerstand schmelzen. Aber wohin geht die Reise? - Damit wollen sich jetzt junge Leipziger Wissenschaftler auf einer eigenen Website beschäftigen.
einundleipzig.de heißt das wissenschaftjournalistische Projekt, das Carolyn Wißing gemeinsam mit zwei Kommilitonen zur Leipziger Stadtentwicklung gegründet hat.
“Es geht dabei um Gentrifizierung und Reurbanisierung und den neuen Hype um Leipzig”, erklärt sie dazu. “Es heißt immer, in Leipzig gibt es noch günstige Mieten, Raum für kreative Köpfe und den Charme des Unvollkommenen. Wir glauben aber, dass damit noch nicht alles gesagt ist. Leipzig ist mehr als illegale Partys und schöne Altbauviertel. Leipzig ist auch, wenn Wohnraum luxussaniert wird und die Bewohner ausziehen müssen. Wenn Studenten in die Stadt kommen und auf Dauer nicht bleiben können. Wenn sich Menschen zusammenfinden und ihr Viertel lebenswerter machen. Die Diskussion um die Stadt muss weiter gehen als bisher – mit allen und angeregt von allen, denen die Zukunft Leipzigs wichtig ist.”Manchmal kommt ein Rauchwölkchen aus dem Neuen Rathaus, das verheißt: Jetzt kümmert sich auch die Stadtverwaltung mal um das Thema. “Leipzig weiter denken” war so ein Projekt, bei dem auch die (jungen) Leipziger selbst gefragt waren, sich über die Zukunft der Stadt Gedanken zu machen. Dabei geht es nicht nur um Verkehr, Wohn- und Freiraum, sondern auch um die Chancen kreativer Köpfe, in Leipzig Fuß zu fassen. Ein zuweilen eher quälender Vorgang, denn die massiv ausgeweitete Dienstleistungslandschaft ersetzt nicht die dringend notwendigen Angebote für Innovationen, Gründerfonds und geschützte Räume für Ideenentwicklungen.
Viele kluge Köpfe gehen Leipzig auch verloren, weil junge Leute hier keinen Job finden, weil eine Landespolitik lieber Rentenfonds füllt als jetzt in Zukunftsstrukturen zu investieren. Dabei stehen gerade Großstädte wie Leipzig vor einem Berg von Zukunftsaufgaben. Sie sind die Motoren der Entwicklung. Doch Motoren ohne Öl.
Das wabert zwar da und dort ganz zaghaft auch durch die politische Diskussion. Aber irgendwie fehlt die Plattform, auf der diese Prozesse abgebildet werden. Das soll sich jetzt mit einundleipzig.de ändern.
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“Dafür möchten wir zum einen offene Daten der Stadt auswerten und datenjournalistische Karten erstellen und Wissenschaftler zum Thema Gentrifizierung in Leipzig befragen”, erklärt Carolyn Wißing. “Zum anderen wollen wir aber auch, dass die Leipziger sich an der Diskussion um ihre Stadt beteiligen und auch selbst in naher Zukunft Informationen auf Karten einpflegen können. Wir möchten die Erkenntnisse, die sich daraus ergeben, öffentlich zugänglich machen und für alle zur Diskussion stellen. Außerdem werden wir Einzel-Schicksale aufgreifen, die den Wissenschafts-Storys ‘ein Gesicht’ geben.”
In der vergangenen Woche ging der Entwicklerblog online.
“Der Aufbau der Website ist ein großes Experiment, da wir ja noch gar nicht wissen, wie viele Menschen sich tatsächlich an der Diskussion um die Stadt beteiligen werden”, meint Carolyn Wißing. “Wir sind aber gespannt und freuen uns, wenn unsere Seite viel verbreitet und geteilt wird.”
Kann man also mal gespannt sein.
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