Manchmal wünscht man sich wache Beobachtungsorgane und manchmal lieber, sie mögen ablassen von ihrem geheimen Tun. Seit Monaten hetzen nun laut Verfassungsschutz in Leipzig Rechtsextremisten gegen Asylbewerber in Schönefeld, den Bau einer Moschee in Gohlis, Erstaufnahmeeinrichtungen in Chemnitz und Schneeberg und seit Neuerem auch gegen die Einrichtung einer forensischen Klinik in Reudnitz. Wache Bürger in all diesen Orten und Städten stemmen sich in ihrer Freizeit gegen die vor allem im Netz verbreitete Flut von Hass und Gewaltbereitschaft, gründen Bürgerinitiativen und organisieren sich gegen den braunen Wahlkampf. Am 7. Februar 2014 - fast 6 Monate nach dem Beginn scheint nun auch der sächsische Verfassungsschutz den Kopf aus dem Kissen zu bekommen.

Ob die Schlapphüte eigentlich die heimlichen Kompagnons der Mörder, Schläger und Hetzer von Rechts waren und sind, mag derzeit wohl kaum jemand sicher beantworten können. Zu tief sitzt das Misstrauen gegenüber dieser Behörde, zumal der ostdeutschen Ableger. Nach den nahezu rechtsfreien 90ern, den NSU-Morden, den Schlägertrupps der Schutzstaffel Sächsische Schweiz und diverser “Heimatschutz”gründungen von Jena bis Görlitz und “national befreiter Zonen” unter ihren Augen und ihrem immer noch weitgehend unbekannten Beobachtungstreiben bleibt die Frage: Wofür braucht man diesen unfähigen Haufen eigentlich, wo Bürger längst schneller sehen, was sie Wochen, Monate oder Jahre später aus Presseberichten und aufgeklaubten Flyern herausfiltern?

Zu demaskierend war bis heute das offenbare, dilettantische Verhalten im Umgang mit rassistischen und Gewaltverherrlichenden Vorgängen, welches nach realistischen Schätzungen in weit über 100 Morden von Rechts seit 1990 mündete. Selbst über die eigentliche Zahl dürfen die Angehörigen der Opfer bis heute verhandeln. Am Freitag, den 7. Februar konnten sich die institutionellen Hüter des Grundgesetzes dann doch zu einer Erklärung rings um die neuesten Aktionen gegen das Asylbewerberheim in Schönefeld “unter der Beteiligung von Rechtsextremisten” (Zitat Verfassungsschutz) durchringen. Zu unübersehbar war wohl eher längst das Offensichtliche.
Und das Vorgehen der rechten Aufmarschierer in Schönefeld beschreiben die “Geheimdienstler” nach unzähligen Presseberichten wie folgt: “Die Veranstaltung wurde im Vorfeld auf Facebook-Seiten der Leipziger JN und NPD beworben. Die so genannte Bürgerbewegung ‘Leipzig steht auf’ verkündete auf einer Internetseite Informationen über die Veranstaltung. Ein dort eingestelltes Bild zur Veranstaltung enthält das gleiche Motiv, wie ein Werbeblatt für eine von der NPD organisierte Demonstration gegen Asylbewerber am 7. Dezember 2013 in Leipzig. Auf der Internetseite der ‘Bürgerbewegung’ wurde zuvor verkündet, dass es sich um einen Zusammenschluss der ‘Bürgerinitiative Gohlis’ (diese protestierte gegen den Moscheebau) und der ‘Interessengemeinschaft Schönefeld’ (agierte gegen die Asylunterkunft in Leipzig) handeln soll. Der Administrator der Seite ist der NPD zurechenbar und Geschäftspartner des sächsischen stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden Maik Scheffler.”

Fazit der Schlapphüte: “Vorliegende Erkenntnisse weisen deutlich darauf hin, dass in Leipzig Rechtsextremisten, insbesondere die NPD, bürgerlichen Protest zum Teil initiiert und diesen personell sowie logistisch unterstützt.” Fast ist man jetzt bei Louis de Funes: “Nein! Doch! Ohhhh!”

Break! Die vollständige Meldung kann man am Ende in Ruhe lesen. Aber schön wäre es gewesen, dies alles vor zirka 4 bis 6 Wochen zu erfahren, als sich Journalisten noch nicht der immerwährenden Gefahr “zu Hause besucht zu werden” und dem Vorwurf “gegen den Volkswillen zu sein” ausgesetzt hätten. Und schön wäre auch jetzt, etwas essentiell Neues zu lesen.
Zum Beispiel, dass sich in Gohlis gegen den Moscheebau der Ahmadiyya-Gemeinde im Netz längst eine deutschlandweite Neonaziszene geballt hat, dass Alexander K. aus Möckern heraus ungenannt und aggressiv agiert, dass sich längst NPD-Abgeordnete wie Jürgen Gansel in den Kommunikationsprozess eingeschalten haben, dass es erste Erkenntnisse rings um den Schweinekopfanschlag auf das Baugelände der Moschee an der Georg-Schumann-Straße geben könnte.

Auch im weiteren Wortlaut findet sich zum Beispiel ein stadtbekannter Nazi namens Enrico B. nicht. Und nirgendwo ist seitens der Verfassungshüter ein Leipziger Rechtsanwalt erwähnt, welcher irgendwie immer alle wichtigen Fälle aus der rechtsradikalen Ecke als Mandat sein eigen nennt?

Dieser Verfassungsschutz kann bei aller Freude über die institutionelle Bestätigung aller bekannten Informationen der Presse bislang auch unter seinem neuen Präsidenten Gordian Meyer-Plath nur eines: Berichten, was längst geschehen ist. Von Schutz ist nichts zu spüren, für eine wehrhafte Demokratie ist diese Dienstleistung, für die wir alle Steuern entrichten, gänzlich nutzlos. Die werden die Bürger bei diesem Verständnis für Klarheit und Tempo auch nach dieser Meldung weiterhin allein organisieren müssen, wenn sie das friedliche Miteinander wahren und beschützen wollen.

So gesehen braucht es diese Art Verfassungsschützer in Leipzig nicht mehr. Denn sie kommen immer zu spät oder nie.

Zur Einschätzung des Kommentars empfohlen: Oben rechts in der Suchfunktion das Wort “Moschee” oder “Asyl” oder “NPD” oder “Verfassungsschutz” eingeben. Oder irgend ein anderes Wort, welches vorkam und einem auffiel.
Am 3. Februar 2014 kam es in Leipzig unter der Beteiligung von Rechtsextremisten erneut zu einer gegen eine Asylbewerberunterkunft gerichteten Kundgebung

An der von einer so genannten Bürgerbewegung »Leipzig steht auf« organisierten Veranstaltung unter dem Motto »Leipzig steht auf. Bürgerwille vor Minderheitenpolitik« nahmen rund 80 Personen teil. Unter diesen befanden sich rund 50 Rechtsextremisten. Als Redner trat u. a. der stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Maik SCHEFFLER in Erscheinung. Die Kundgebung war im Namen einer »Interessengemeinschaft Leipzig Schönfeld« angemeldet worden.

Nach der Kundgebung erschien auf der Internetseite der »Bürgerbewegung« eine Pressemitteilung zur Veranstaltung. Die darin verwendeten Formulierungen wie »vermummte Antifa-Banden«, »links-grüne(r) Extremismus Mob«, »aufgestachelter Mob aus linken und grünen Extremisten, angeführt von der vorbestraften Stadträtin der Linken«, »antidemokratische Kräfte« oder »linientreue Volkszeitung« entsprechen weitgehend dem Sprachgebrauch von Rechtsextremisten.

Die Veranstaltung wurde im Vorfeld auf Facebook-Seiten der Leipziger JN und NPD beworben. Die so genannte Bürgerbewegung “Leipzig steht auf” verkündete auf einer Internetseite Informationen über die Veranstaltung. Ein dort eingestelltes Bild zur Veranstaltung enthält das gleiche Motiv, wie ein Werbeblatt für eine von der NPD organisierte Demonstration gegen Asylbewerber am 7. Dezember 2013 in Leipzig.

Auf der Internetseite der »Bürgerbewegung« wurde zuvor verkündet, dass es sich um einen Zusammenschluss der »Bürgerinitiative Gohlis« (diese protestierte gegen den Moscheebau) und der »Interessengemeinschaft Schönefeld« (agierte gegen die Asylunterkunft in Leipzig) handeln soll. Der Administrator der Seite ist der NPD zurechenbar und Geschäftspartner des sächsischen stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden Maik SCHEFFLER.

Vorliegende Erkenntnisse weisen deutlich darauf hin, dass in Leipzig Rechtsextremisten, insbesondere die NPD, bürgerlichen Protest zum Teil initiiert und diesen personell sowie logistisch unterstützt.

Gezielt streuen die Rechtsextremisten Informationen in die Öffentlichkeit, mit denen sie ein Klima der Angst erzeugen und Ressentiments schüren wollen. Entstehende bürgerliche Protestinitiativen werden – flankiert von eigenen Aktivitäten – durch die Rechtsextremisten subtil beeinflusst. Ein ähnliches Vorgehen praktizierte die NPD im letzten Jahr und auch Anfang 2014 in Schneeberg.

Diese Strategie der Rechtsextremisten ist ein Beispiel dafür, wie die NPD versucht, sich als Interessenvertreter und Schutzmacht bei der Bevölkerung zu profilieren. Dabei greift sie Themen auf, die das Sicherheitsempfinden der Menschen berühren und inszeniert sich als angeblich einzige Kraft, die sich um Bürgeranliegen kümmern würde. Damit erhofft sich die Partei letztlich eine Verankerung in der Mitte der Gesellschaft und Wählerstimmen.

Zur Meldung des Verfassungsschutzes im Netz

http://www.verfassungsschutz.sachsen.de/1429.htm

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