Als die ganz große "Markus Lanz Petitionswelle" schwappte, blieb die L-IZ im Wissen um die Masse an Rückmeldungen bei Maren Müller mit eigenen Anfragen zurückhaltend. Der Druck auf Maren war gewaltig. Doch nun ist der erste Berg an Medienanfragen und Mails abgearbeitet und so fand sich kurz Zeit zum Plaudern. Thema natürlich die Netzattacke auf den öffentlich-rechtlichen Ausfall von Lanz, aber auch das lokal entstehende Stadtratswahlbündnis "für Leipzig", an welchem die umtriebige Leipzigerin beteiligt ist.
Alle Medien sind schon da, alle Medien, alle. Jeder hat eine Meinung zum Thema, über 215.000 Menschen haben die Petition “Raus mit Markus Lanz aus meinem Rundfunkbeitrag” bereits unterzeichnet und es wird das Für und Wider einer simplen Reaktion diskutiert. Muss man sich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirklich alles gefallen lassen? Ist es Mobbing, was da auf Markus Lanz einprasselt oder eine effektive Möglichkeit, sich gegen das eigen Finanzierte zu wehren, über dessen Lieferung andere bestimmen?
In jedem Fall eine Petition, die mehr Welle gemacht hat, als so manche andere. Zeit für ein Gespräch mit der Initiatorin, die weit mehr vorhat, als einen mittelmäßig begabten Journalisten aus dem Programm zu drängen.
Hallo Maren, eine explodierende Petition gegen das Verhalten von Markus Lanz im Interview mit Sahra Wagenknecht, eine geplatzte Privatisierungsbremse in Leipzig und nun Wahlkampf um die Stadtratsposten mit dem “Bündnis für Leipzig” – ich vermute, Du hast die vergangenen Tage wenig geschlafen?
Ja, der Schlaf ist in der Tat etwas zu kurz gekommen. Täglich um die 100 Mails und unzählige Anrufe von MedienvertreterInnen. Die Petition lässt sich in der Tat nicht auf das Verhalten von Markus Lanz gegenüber Sahra Wagenknecht reduzieren, sie nimmt die Parteilichkeit und den Niedergang des Niveaus im Öffentlich Rechtlichen aufs Korn. Lanz nur ist ein besonders krasses Beispiel beitragsfinanzierter Zumutungen für Zuschauerhirne.
Die geplatzte Privatisierungsbremse war aufgrund der bekannten Konstellationen vorauszusehen und hatte somit keinen Einfluss auf meinen Schlafrhythmus. Was die Gründung des Bündnisses anbelangt, so gibt es ja zahlreiche aktive UnterstützerInnen.
Ich kenne Dich als hier und da leidenschaftliche TV-Schauerin. Wie viel Wut allgemein über das öffentlich-rechtliche Programm steckt in der Petition gegen Lanz? Und wie viel davon war die reine Verärgerung?
Ich bin TATORT-Fan und ärger mich auch schon mal über zu übel konstruierte Folgen, wie zum Beispiel die letzte Leipzig-Folge. In diesem Falle sind viele Leute an einer Produktion beteiligt und die Schauspieler können nichts für verhunzte Drehbücher.
Bei Formaten wie “Lanz” ist das etwas anderes. Er ist als Moderator für seine Art der Verhöre allein verantwortlich, er folgt keinem Drehbuch. Er behandelt seine Gäste oft nicht neutral und wenig wertschätzend. Dirk Müller als Verschwörungstheoretiker zu bezeichnen, Tiedemann mit dessen Suchtproblemen in der Öffentlichkeit zu konfrontieren und selbst das Publikum zu kritisieren, wenn es an der “falschen” Stelle klatscht, wie bei Sahra Wagenknecht, ist einfach dreist.
Ich habe während der Sendung am 16.01.2014 auf Twitter nebenbei die Kommentare unter #Lanz gelesen und konnte hundertfache Übereinstimmung mit meinem persönlichen Ärger erkennen. Er ist ein typisches Beispiel für die Strategie der Demontage missliebiger Meinungen vor Millionenpublikum. Dafür ist das Öffentlich-Rechtliche der falsche Platz.
Nun schreiben sich – dem Herdentrieb folgend – alle Zeitungen in Deutschland die Finger wund, interpretieren, während sich Markus Lanz bei Sahra Wagenknecht entschuldigt und sich mühsam durch “Wetten dass …?” quält. Und Du? Ist es noch wichtig, was da jetzt läuft oder hast Du Dir eine Sekretärin gesucht?
Ich beantworte besonders wertschätzende Mails und solche, die grobe Beleidigungen oder Unwahrheiten enthalten. Mails der zweiten Kategorie sind meist nicht zustellbar bzw. anonym, was ja auch typisch für Hassbotschaften in diversen Kommentarspalten der Zeitungen (da freu ich mich schon wieder drauf) ist und für mich eine besondere Form der Feigheit darstellen.
Ich habe meine Daten öffentlich zum Zwecke der Diskussion und Kontaktaufnahme ins Netz gestellt und zwinge auch niemanden dazu mitzuzeichnen. Das machen die inzwischen rund 215.000 vollkommen freiwillig.
Viele Mitzeichner wünschen, dass die Petition bis zum Ende läuft. Allerdings habe ich Zweifel, dass die Dynamik anhält und die Zahl der Kritiker am Gesamtprocedere – obwohl sie lediglich vereinzelt auftauchen – lässt mich auch nicht kalt. Hier wird offen von Cybermobbing gesprochen und an mein Gewissen appelliert, welches bereits stark strapaziert wurde.
Dem Prinzip der Quote folgend, bist Du nun auch etwas unters mediale Feuer geraten?
Die teilweise geharnischte Medienschelte von der gleichen Journaille, die z. B. den Kanzlerkandidaten Steinbrück gnadenlos jagten, bis er als heulendes Häufchen Elend in irgendeinem Podium saß, die Wulff solange belagerten, bis seine Ehe in die Brüche ging und er nur noch ein Schatten seiner selbst war, und die Promis aller Couleur schamlos belauern und ihrer Privatsphäre berauben usw. amüsiert mich aber dann doch ein wenig.
Haben sich Markus Lanz oder das ZDF mal bei Dir zu melden versucht – wäre
doch auch irgendwie dran, nachdem er sich für Dein Geld derart benommen hat?
Nein. Das ZDF beklagte in irgendeiner Zeitung, dass es noch kein Gesprächsangebot von mir bekommen hätte. Ich melde mich spätestens mit den Unterschriftenlisten im Gepäck.
Wirst Du die Petition noch ans ZDF senden oder war der Wink mit dem Zaunpfahl genug?
Natürlich, das ist doch der Sinn der Sache. Tausende motzende Internetuser, Beschwerdebriefschreiber und Kommentarspaltenningler auf einem Schlag in einer Botschaft zu vereinen und an einen klar definierten Adressaten zu senden, ist logistisch sinnvoll und eine Dienstleistung für das Beschwerdemanagement des Senders. Kostengünstiger ist es allemal, als eine Vielzahl von Beschwerdebriefen zu beantworten.
Eigentlich hast Du gerade ganz anderes zu tun, neben Deinem Job bist Du mit einigen anderen dabei, das “Bündnis für Leipzig” zu gründen und willst in den Leipziger Stadtrat. Warum?
Weil es an der Zeit ist, direkte Mitbestimmung der BürgerInnen im Rat zu ermöglichen, die Mehrheitsverhältnisse zu verändern und vor allem mal frischen Wind durch unsere jungen MitstreiterInnen ins Parlament zu bringen. Leute, die seit über 24 Jahren ohne Unterbrechung im Stadtrat sitzen, sollten sich endlich ausruhen dürfen.
Viel Zeit habt Ihr ja bis 25. Mai 2014 nicht mehr – Ihr sucht noch Kandidaten?
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Ja, jede/r der/die sich angesprochen fühlt und für ein bestimmtes Thema Feuer und Flamme oder einfach nur interessiert ist, möge am Mittwoch, den 29. Januar, um 19 Uhr zu unserer Gründungsveranstaltung ins Volkshaus kommen.
Wenn Ihr oder Du gewählt werdet – was konkret wollt Ihr in Leipzig verändern?
Direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung durch die Installierung einer internetbasierten Beteiligungsplattform soll den LeipzigerInnen die Möglichkeit geben, vom heimischen Rechner aus jederzeit Stellung zu diversen Aufgaben und Vorhaben der Stadt zu nehmen, Ratsvorlagen zu voten und eigene Vorschläge zu machen.
Transparenz ist ein großes Thema, Compliance um die Rechtssicherheit aller Vorgänge, Verträge innerhalb der Stadtverwaltung sicherzustellen. Und natürlich steht für uns die Wahrung des kommunalen Eigentums klar im Vordergrund. Alles andere folgt in den nächsten Wochen, wenn die Aufgaben verteilt worden sind.
Hab ich etwas vergessen zu fragen, wozu Du gern noch etwas sagen würdest?
Ich denke, wir sind durch. 🙂
Dann denke ich das auch. 😉 Vielen Dank.
Zur Onlinepetition “Raus mit Markus Lanz aus meinem Rundfunkbeitrag”
www.openpetition.de/petition/online/raus-mit-markus-lanz-aus-meiner-rundfunkgebuehr
Eine kleine Medienschau (Auswahl)
Das “Corpus delikti” – Die Sendung Markus Lanz mit Sahra Wagenknecht (ZDF Mediathek)
22. Januar 2014 mit der Wahrnehmung auf spiegel.de geht das bunte Treiben los
26. Januar welt.de bemüht sich um einen abstürzenden Moderator
26. Januar focus.de orakelt, Maren Müller möchte “Lanz stürzen”
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