Die Debatte um steigende Flüchtlingszahlen in Leipzig ist auch immer von sozialen Diskussionen geprägt. Vom einfachen "die bekommen alles, wir bekommen nüscht", bis zur etwas ausgefeilteren Variante der Ablehnung, dass ja meist kommunale Vermietungsunternehmen auch noch Kasse mit den Asylbewerbern machen würden, reicht dabei die Palette. Ein letztlich nicht zu lösender Zirkelschluss zwischen unberechtigtem, sozialem Neid und scheinbarer Verantwortung für angeblich verschleuderte Steuergelder durch zu hohe Mieten bei der Unterbringung. Während mancher über Geld, Moral und Politik diskutiert, packen andere längst an.

Erstmals äußerte sich nun die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) zu ihren Vermietungsgeschäften mit Flüchtlingen. “Die LWB vermittelt und vermietet seit mehr als zehn Jahren Wohnungen an Asylbewerber”, berichtet Pressesprecherin Samira Sachse gegenüber L-IZ.de. “Derzeit seien rund 120 Wohnungen mit Asylbewerbern, deren Asylverfahren läuft, belegt. “Wir schätzen die Gesamtzahl der Frauen, Männer und Kinder auf 240”, so Sachse.

Neben den Wohnungen besitzt die LWB in der Lilienstraße (Grünau) eine Gemeinschaftsunterkunft für 220 Menschen. Die Belegung der Wohnplätze koordiniert die Stadtverwaltung. “Kurzfristig werden auf Wunsch der Stadt voraussichtlich weitere 30 LWB-Wohnungen für die Unterbringung von Asylbewerbern hinzukommen”, verrät Sachse. “Außerdem entstehen in der Pittlerstraße (12 Wohneinheiten) und in der Markranstädter Straße (12 Wohneinheiten) Unterkünfte.”

Die Kaltmiete in der Pittlerstraße, seitens der L-IZ als weitgehend musterhaftes Beispiel angefragtes Objekt, liegt laut Sachse bei acht bis zehn Euro. Dies sei für die LWB kostendeckend. Das Unternehmen müsse hierbei insgesamt rund 500.000 Euro investieren. “Bei jeder Investition, so auch bei dieser, entstehen Planungs-, Herstellungs- und Finanzierungskosten. Zu beachten ist außerdem, dass die Mietverträge für die Dauer von lediglich zehn Jahren geschlossen werden”, führt die Pressesprecherin aus.
Es scheint also, mit der Unterbringung von Asylbewerber sei kein Geschäft zu machen – laut LWB zumindest ist es offenbar kein lukratives, also gewinnbringendes Unterfangen, um welches sich die Leipziger Vermieter reißen würden. Beleg dafür könnte zudem sein, dass die Stadt bei steigenden Zahlen offenbar nicht so viele Alternativen von freien Anbietern für die Unterbringung von Flüchtlingen in Leipzig vorgeschlagen bekommt. Und so immer wieder bei der LWB landet.

Den scheinbar auch kalkulatorisch bedingten Grund liefert Samira Sachse: “Normalerweise ist die Amortisationszeit für Investitionen mindestens doppelt so lang. Nach zehn Jahren ist von einem erhöhten Sanierungsaufwand für die Wohnungen auszugehen. Bedingt durch die hohe Fluktuation ist die Abnutzung sehr groß”, so Sachse.

Ein weiteres Problem sind die nach wie vor vorhandenen Ressentiments und Ängste bei einigen Leipzigern. Deshalb trafen sich in dieser Woche Vertreter von Parteien, Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften, Vereinen und Verbänden in Leipzig zu einem Runden-Tisch-Gespräch speziell zur Unterbringung von Flüchtlingen. Die Teilnehmer des Gespräches, zu dem OBM Burkhard Jung (SPD) eingeladen hatte, vereinbarten dabei, Angebote zur Förderung der Integration und des interkulturellen Zusammenlebens zu verstetigen und enger zu vernetzen.
Sie wollen vor allem mit Kommunikations- und Informationsangeboten im Umfeld bestehender und künftiger Flüchtlingsunterbringungen in Leipzig für Toleranz und Begegnung werben. “Zuwanderung und Bevölkerungswachstum hat Leipzig seit jeher gut getan. Wer in Leipzig wohnt, gehört – unabhängig von Herkunft und Glauben – zu uns”, sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung. “Leipzig ist weltoffen und tolerant. Das sollen Menschen, die, von der Not getrieben, zu uns kommen, auch so erfahren.”

Mit einer gemeinsamen Resolution wenden sich die Gesprächsteilnehmer an die Öffentlichkeit und werben für Toleranz und Akzeptanz für die Flüchtlinge. Darin heißt es: “Es ist nicht nur unsere gesetzliche, sondern insbesondere unsere moralische Pflicht, Flüchtlinge, die Hilfe und Zuflucht bei uns suchen, aufzunehmen. Wir wollen ihnen eine sichere, menschenwürdige neue Heimat bieten und sie vor Hunger, Verfolgung und Gewalt jeglicher Art schützen.”

Begonnen haben einige Leipziger damit schon längst. Auch am Montag, 16. Dezember treffen sich erneut Vertreter der Bürgerinitiative Schönefeld, die Initiative Leipzig hilft, die christlichen Gemeinden Schönefelds und weiterer Organisationen zu einem Planungsgespräch zum weiteren Fortgang der Unterstützung der Flüchtlinge in der Notunterkunft Schönefeld.

Binnen zwei Wochen war es den ehrenamtlich agierenden Leipzigern gelungen, hier gemeinsam mit den Bürgern und unbürokratisch für die nötigsten Dinge wie Kleidung, Spielzeug für mittlerweile 29 Kinder sowie erste Begegnungen zwischen den Ankommenden und den Leipzigern zu sorgen.

Bereits am Mittwoch wollen erneut Schönefelder und Initiativen wie Menschen.Würdig die nächsten 30 Flüchtlinge begrüßen und ab 10 Uhr an der Notunterkunft Schönefeld willkommen heißen. Die Planung eines gemeinsamen interkulturellen Festes gemeinsam mit den Flüchtlingen hat zudem begonnen. Und weil es in die Jahreszeit passt, wird es Weihnachten heißen. Ein Baum ist bereits vorhanden, weitere Ideen werden am 16. Dezember besprochen. Die Unterstützung der Leipziger ist auch dabei nach dem Motto “Nicht reden, machen” immer erwünscht.

Zum Bürgerverein Schönefeld
www.bv-schoenefeld.de

Zur Initiative Leipzig hilft

www.leipzighilft.org
Kommunikation unter www.facebook.com/leipzighilftEinfach zum Vergrößern die Vorschaubilder anklicken:

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