"Wann wird in Leipzig abgestimmt?", fragen Mike Nagler und Wolfgang Franke, die Sprecher des Leipziger Antiprivatisierungsnetzwerks, nachdem am Wochenende der Berliner Volksentscheid zur Rekommunalisierung des Energienetzes nur knapp das nötige Quorum von 25 Prozent verfehlte. 24,1 Prozent der stimmberechtigten Berliner waren es am Ende, die abgestimmt haben.

Das Leipziger APRIL-Netzwerk und die Initiative Bürgerbegehren “Privatisierungsbremse” zollen dem Berliner Energietisch größten Respekt für die außerordentliche Zustimmung von 83 Prozent beim Volksentscheid zur Neugründung eines Stadtwerks und Übernahme der Berliner Energieversorgung von Vattenfall.

Das mit nur einem Prozentpunkt am Quorum von 25 Prozent gescheiterte Volksbegehren zeige, wie schwer es ist, einmal verkauftes kommunales Eigentum auf dem Weg der direkten Demokratie zurück zu holen. “Allerdings hat die Berliner Initiative politisch schon jetzt viel erreicht, denn der Senat hat einen eigenen Vorschlag für die Wiedererrichtung eines kommunalen Stadtwerks auf den Weg gebracht, wenngleich dieser auch deutlich hinter dem Konzept des Berliner Energietischs zurückbleibt”, kommentieren Nagler und Franke das Ergebnis.Unterdessen bleibe die Leipziger Initiative Bürgerbegehren “Privatisierungsbremse” gespannt, wie lange die Stadt Leipzig noch brauchen wird, um die juristische Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu prüfen. “Wir haben bis jetzt keinerlei Rückmeldung erhalten und sehen nicht, wo die Probleme liegen. Offenbar möchte man erst die Verabschiedung des Haushalts im Stadtrat abwarten”, so die beiden APRIL-Sprecher.

Wie wichtig die Frage der Verfahrensweise bei eventuellen weiteren Privatisierungen sei, zeige die öffentliche Diskussion um die Ausschreibung des Leipziger Stadtbades. Für nur 500.000 Euro Mindestgebot werde dieses unverwechselbare historische Gebäude, in das in den letzten Jahren öffentliche Mittel und Spendengelder in Millionenhöhe geflossen sind, von der Stadt Leipzig zum Verkauf ausgeschrieben.

“Eine öffentliche Nutzung nach der Privatisierung und Sanierung erscheint darüber hinaus zur Zeit fraglich. Viele Bürgerinnen und Bürger sind damit nicht einverstanden”, so Franke und Nagler. “Unabhängig von der Durchführung eines Bürgerentscheides und der Relevanz der ‘Privatisierungsbremse’ in Bezug auf diese Entscheidung fordern wir, dass der Stadtrat dieses Thema an sich zieht und keinesfalls nur eine Behandlung im Grundstückverkehrsausschuss erfolgt (wie das bei Grundstücksverkäufen unter 2,5 Millionen Euro gemäß Satzung üblich ist).”

Das Ziel der Leipziger Bürgerinitiative ist es, zukünftig Privatisierungen städtischen Eigentums erheblich zu erschweren. Ist der Bürgerentscheid erfolgreich, dürfte der Stadtrat in Zukunft Privatisierungen nur noch mit einer Zweidrittel-Mehrheit beschließen. Bereits 2008 hatten die Leipzigerinnen und Leipziger in einem Bürgerentscheid die von CDU, SPD und FDP geplante Privatisierung der kommunalen Stadtwerke verhindert. Damals sprachen sich bei einer hohen Wahlbeteiligung knapp 90 Prozent für den Erhalt aus.

www.privatisierungsbremse.de

www.april-netzwerk.de

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