In Leipzig geht Vieles nicht zusammen, obwohl es eigentlich zusammengeht. Naturschutz und Hochwasserschutz zum Beispiel. Mehrere Baumaßnahmen an Leipzigs Hochwasserschutzsystem waren in letzter Zeit Thema in der L-IZ. Sie sind alle vom technischen Hochwasserschutz dominiert, so wie fast alles, was der Freistaat seit 2002 im Hochwasserschutz investiert hat. Doch das wäre ein wenig anders, wenn es in Leipzigs Stadtverwaltung eine echte Lobby für den Naturschutz und vor allem den Auenwald gäbe.
Die gibt es nicht. Das Amt für Umweltschutz winkt die Anfragen der Landestalsperrenverwaltung eher durch, als selbst gestaltend einzugreifen. Die diversen für Leipzig konzipierten Hochwasserschutzkonzepte liegen in der Schublade und werden nicht mit Leben erfüllt. Das Projekt “Lebendige Luppe” wirkt eher wie ein Feigenblatt: Wie bekommt man wieder Wasser in die seit 80 Jahren trockengelegte Burgaue? – Langfristig und vor allem nachhaltig wird das ohne einen punktuellen Rückbau der Deichsysteme und Sperrwerke nicht gehen. Aber auch den Neubau des Nahleauslasswehrs hat das Amt für Umweltschutz der Stadt Leipzig durchgewinkt.
Für Wolfgang Stoiber, Vorsitzender des NuKla e.V. weckt das erhebliche Zweifel daran, dass der Naturschutz derzeit in der Leipziger Stadtverwaltung gut aufgehoben ist. “Was geht da vor am Elsterhochflutbett?”, fragt Wolfgang Stoiber. “Im Gebiet der Lehmlache Lauer greift der neue Deichverteidigungsweg zwar ins europäische FFH-Gebiet ein. ‘Aber wir sind da in einer umfangreichen Abstimmung mit dem Amt für Umweltschutz’, betont der LTV-Verantwortliche.”
Woran liegt es, dass die Leipziger Fachbehörde sich eher als Kooperationspartner der Landestalsperrenverwaltung versteht, denn als Umsetzer einer wirklich sinnfälligen Politik für die Revitalisierung des Leipziger Auenwaldes?
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Wolfgang Stoiber: “NuKLA stellt bei seiner ehrenamtlichen Vereinsarbeit immer wieder fest, dass Leipzig in der Wahrnehmung und Vertretung von Interessen des Naturschutzes nicht gut aufgestellt ist. Der Bereich Naturschutz und damit seine Inhalte sind in Gestalt der städtischen Naturschutzbehörde dem Umweltamt zugeordnet. Aus Sicht von NuKLA führt das zwangsläufig zu Interessenkollisionen, die dann regelmäßig zu Ungunsten naturschützerischer Belange ausgehen (müssen), da Umwelt- und Naturschutzinteressen durchaus nicht immer die gleichen sind.”
Er verweist in diesem Zusammenhang auf das 1992 im Urania-Verlag erschienene Buch “Der Leipziger Auwald – ein verkanntes Juwel der Natur” mit einem Vorwort des ambitioniert für den Erhalt dieses einmaligen urbanen Auenökosystems eintretenden damaligen Oberbürgermeisters Hinrich Lehmann-Grube.
Stoiber: “Damals gab es noch ein separates, nicht angegliedertes Amt für Naturschutz. Das Büchlein enthält die berühmten 12 Thesen von Prof. Dr. Gerd K. Müller (? 2012). Bei der Lektüre wird deutlich, welch wesentlich höheren Stellenwert zu dieser Zeit der Naturschutz in Leipzig hatte. Im Gegensatz dazu ist heute Naturschutz weit hinter verschiedenen anderen Interessen, Planungen, ‘Visionen’ mit eher auf die Förderung der Wirtschaft orientiertem Fokus angesiedelt, fristet ein Dasein als Gnadenbrotempfänger mit Feigenblattfunktion und ist, trotz verschiedener Bemühungen, offensichtlich ohne die notwendige Lobby. Beispiele für den Naturschutz ignorierende (manchmal diesem sogar bezogen auf ausgewiesene Schutzgebiete schadende) Entscheidungen gibt es viel zu viele.”
Aus Sicht von NuKLA müsse der Naturschutz in der Leipziger Verwaltung gestärkt werden, er brauche dringend wieder ein eigenes Amt. “Was wären wir ohne die Natur, die tagtäglich von uns Menschen zurückgedrängt und unwiederbringlich vernichtet wird?”, fragt der Vereinsvorsitzende. “Eine Stadt wie Leipzig, die über einen derart kostbaren Schatz wie den Leipziger Auwald, ein in Teilen derzeit noch einigermaßen intaktes Auenökosystem, verfügt, sollte die Erhaltung dieses Erbes entsprechend seiner Bedeutung in einem eigenen Amt gestalten (nicht nur verwalten!) lassen. NuKLA fordert deshalb von der Stadt Leipzig, den Verantwortlichen in Verwaltung und Stadtrat, diese Situation zu ändern: Leipzig und sein Auwald brauchen dringend ein eigenes Naturschutzamt mit eigenen Kompetenzen.”
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