In Sachen Fairer Handel ist Leipzig keine Vorreiter-Stadt. Da sind andere Großstädte in Deutschland wie Dortmund oder Bremen schon deutlich weiter. Aber Leipzig ist nicht allein. Es ist wie beim "Stadtradeln": Je mehr mitmachen, umso spannender wird der Wettbewerb. Man spornt sich gegenseitig an, endlich besser zu werden. Den Titel "Fairtrade Town" trägt Leipzig seit 2011. Im September muss sich die Stadt erneut darum bewerben.
Die Kriterien wird Leipzig wohl erfüllen. Aber der Wettbewerb um diesen Titel zeigt auch, dass die Last für die eigentliche Arbeit in der Regel auf den Schultern derer liegt, die schon seit Jahren für ein anderes Nachdenken über Handeln, Einkaufen und Produzieren in Leipzig arbeiten – allen voran der Eine Welt e.V. und der Ökolöwe. Die Stadt unterstützt die Sache, denn natürlich macht sich auch dieser Titel gut im Strauß der Ehrungen.
Aber verortet ist das Ganze nach wie vor im Umweltdezernat, nicht im Wirtschaftsdezernat. Was einiges aussagt über Leipzig und sein Verhältnis zu fairer Arbeit. Da Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal erkrankt war, vertrat ihn Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller am Donnerstag, 1. August, beim Start der Eisrallye 2013. Der zweiten, die die Akteure organisiert haben. Die erste gab es 2012. Damals durchaus mit einem durchschlagenden Erfolg: 10.000 fair gehandelte Kugeln Eis wurden verkauft. Fünf Leipziger Eisläden machten damals mit.
Auch 2013 haben fünf Eisläden gesagt: Wir machen mit.
Immerhin, sagt Urte Grauwinkel, die beim Ökolöwen für den fairen Handel zuständig ist. Denn natürlich ist auch faires Eis erst einmal eine Logistikfrage. Man muss herausfinden, was die Eisverkäufer an Zutaten brauchen, um faires Eis herstellen zu können. Dann muss man die Quellen für diese Zutaten aus den Lieferländern finden – Quellen, die garantieren können, dass die Zutaten nicht mit Kinderarbeit, nicht zu Dumpinglöhnen oder unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt oder geerntet wurden. Das ist – wie ja selbst Textilhandelsketten oder bekannte IT-Konzerne immer wieder bewiesen haben – gar nicht so leicht. Wer kontrolliert die Lieferanten, wer sichert die Produktionsstandards vor Ort? Schöne Erklärungen nutzen da nichts.
Deswegen spielt der Eine Welt e.V. bei dieser in Leipzig geborenen Idee eine so wichtige Rolle. Dadurch, dass er über mehr als 20 Jahre enge Kontakte zu Kooperativen und Lieferanten in Asien, Afrika, Lateinamerika aufgebaut hat, konnte er auch am besten die Quellen für fair gehandelte Zutaten auskundschaften. Vanille, Mango, Kokos, Kakao – wer ein Eisgeschäft betritt, weiß, wie exotisch die Zutaten sind.In fünf Leipziger Eisgeschäften steht jetzt – wie im Vorjahr – wieder dran, welches Eis aus fair gehandelten Zutaten hergestellt wurde. “Nur wieder fünf”, sagt Urte Grauwinkel, und: “Doch wieder fünf.” Die fünf beteiligten Eisgeschäfte waren von Herzen gern wieder dabei, auch wenn der Verkauf von fairem Eis wohl eher ein Plus-minus-Null-Geschäft ist. Es rechnet sich. Aber die Käufer werden auch nicht extra abkassiert.
“Es geht vor allem darum, die Leipziger wieder darauf aufmerksam zu machen, woher auch die Zutaten im Eis kommen”, sagt Müller.
“Wenn man so eine Aktion vorbereitet, merkt man erst mal, wieviele Eisläden es in Leipzig noch gibt. Das hätte ich selbst nicht gedacht”, sagt Urte Grauwinkel. Am liebsten hätte sie auch die größeren mit ins Boot geholt. Aber die taten sich schwer mit den Modalitäten. Vielleicht brauchen sie auch einfach noch ein bisschen Zeit zum Nachdenken.
Folgende Händler beteiligen sich an der Eisrallye:
– der Connewitzer Eisladen “Brakers go” in der Bornaischen Straße
– der Bioeisladen “Tonis handmade organic ice-cream” in der Könneritzstraße
– die “Gourmétage” in der Mädler Passage
– die “Eisträumerei” in der Riebeckstraße
– der Fair-Trade-Shop “Contigo” in der Nikolaistraße.
An der Grünfläche zwischen Thomaskirche und Petersstraße wurde am Donnerstag, 1. August, die neue Eisrallye mit einer Kostprobe der Sorte Mango-Kokos gestartet. Weitere ausgefallene Sorten wie Kaffee, Banane, Arabisch Mokka oder auch der Klassiker Schokolade sind im Laufe der Aktion erhältlich. Sie sind in den genannten Eisläden mit dem Fairtrade-Symbol gekennzeichnet. Lecker sind sie garantiert.
Aber es gibt – wie im letzten Jahr – auch ein Extra: Man kann mit einem kleinen Bonus-Heft Stempel sammeln. Wer sich Fairtrade Eis schmecken lässt, unterstützt damit zugleich die Prinzipien des gerechten Handels, zu denen unter anderem der Verzicht auf Kinderarbeit und der Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung gehört. Für den Kauf jeder fairen Eis-Kugel gibt es einen Stempel auf einer Sammelkarte, die zu Beginn der Aktion in vielen verschiedenen Läden und Cafés erhältlich ist. Schafft man es, die Karte voll zu bekommen, besteht die Möglichkeit, an einer Verlosung teilzunehmen. Es locken faire und schöne Preise – etwa eine Zugfahrt nach Dresden für fünf Personen inklusive Restaurant-Gutschein, ein Gutschein für einen Familienbesuch im Grassimuseum inklusive Gutschein für Kaffee und Kuchen im Museumscafé und ein Gutschein für eine Kanufahrt im Leipziger Auwald für eine Familie.
Nachdenken beim Naschen: Faire Eisrallye 2012 gestartet
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“Es gibt viel mehr Möglichkeiten, das Prinzip des fairen Handels zu unterstützen, als man es sich vorstellen kann”, betonte Bürgermeister Andreas Müller noch. “Mit ganz wenig Aufwand können wir für menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kleinbauern in den Produzentenstaaten unseren Beitrag leisten. Als Fairtrade-Town will Leipzig darauf aufmerksam machen, dass es neben dem Blick auf die Kosten für das, was wir konsumieren, auch gilt, ungerechte Wirtschaftsstrukturen abzubauen.”
Mit der Eisrallye setzt Leipzig einen Sommer-Höhepunkt in seiner Rolle als Fairtrade-Town. Insgesamt gehören dazu natürlich noch andere Aktionen – fair gehandelte Produkte zum Beispiel in Leipziger Geschäften und Restaurants. “Aber wir wollen unbedingt noch in die Schulen”, sagt Urte Grauwinkel. “Es ist so wichtig, die Kinder schon frühzeitig aufmerksam zu machen auf die Produktionsbedingungen, unter denen die Dinge unseres Alltags hergestellt werden, – und was man auch im Alltag selbst tun kann und worauf man achten kann beim Einkaufen.”
Aber da tut sich, wie so oft, Sachsens Schule noch schwer.
Die Eisrallye läuft bis zum 13. September, dem Beginn der Fairen Woche 2013.
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