Naturschutz verbindet. Eigentlich. Doch manchmal ziehen auch Menschen, die ein gemeinsames Ziel haben, lieber in verschiedene Richtungen. Zum Beispiel bei der Frage: Wie rettet man den Auwald? Nicht nur den Leipziger. Selbst Leipzigs Stadtförster kritisiert zu recht die Trockenlegung des Auwaldes seit nunmehr 80 Jahren. Mit dem Vorstoß, sich um den UNESCO-Welterbe für die Auenlandschaften der Weißen Elster von Zeitz bis Halle/Merseburg zu bewerben, stieg Wolfgang Stoiber, Vorsitzender des NuKLA e.V., auch bei Naturfreunden nicht auf offene Ohren.

Ein “großer Leipziger Umweltverein” berichtete in der letzten Woche auf seiner Jahresversammlung, dass er sich dem “AULA-Projekt2030. Das grüne Band entlang der Weißen Elster” nicht anschließen werde. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass eine Bewerbung um einen UNESCO-Naturerbe-Titel mit den Flussauen der Weißen Elster von Zeitz bis Halle/Merseburg und dem Leipziger Auwald als Zentrum keine Chance auf Erfolg habe, da dieses Gebiet als UNESCO-Weltnaturerbe niemals anerkannt werden würde. Dies habe das Bundesamt für Naturschutz auf Nachfrage bestätigt.

Den UNESCO-Welterbe-Titel gibt es in zwei Kategorien: als Natur- und als Kulturerbetitel. Er kann auch wieder aberkannt werden, wenn die Akteure vor Ort sich nicht mehr an die Auflagen halten. So wie die Dresdner mit ihrer Waldschlösschenbrücke im Elbtal.

Für den NuKLA ist die Bewerbung um den Welterbetitel vor allem eine wichtige Werbemaßnahme, den Anrainern der Weißen Elster überhaupt wieder ins Bewusstsein zu rücken, wie gefährdet der Auwald ist. Aber bei anderen Vereinen erzeugt der Vorstoß eine Urangst: Gibt es dann nicht eine Art Sensations-Tourismus, der dem Auwald noch mehr schadet als die Trockenlegungen und Eindeichungen?
Eine Erklärung des NuKLA zu diesem Konflikt:

“Bei dem ‘Projekt AULA2030. Das grüne Band entlang der Weißen Elster’ geht es um die Vorbereitung auf die Bewerbung um einen möglichen UNESCO-Welterbe-, nicht WeltNATURerbe-Titel.

Der Leipziger Auwald, die Auen der Weißen Elster, das gesamte Neuseenland in seiner einzigartigen Entwicklung als Bergbaufolgelandschaft mit seiner zig Millionen Jahre währenden (Kultur-)Geschichte von Landschaftsveränderung durch Menschenhand, hätte es verdient, den Wettbewerb um einen UNESCO-Welterbetitel anzutreten. Der Erhalt und die nachhaltige Pflege der in diesem Gebiet vorhandenen Natur- und kulturellen Schätze, verbunden mit einem Konzept für naturnahen Tourismus könnte die Leitidee für die ganze Region um Leipzig werden. NuKLA versteht diesen Ansatz – unabhängig davon, ob es jemals einen solchen Titel geben wird – als eine große Chance, die Region für kommende Generationen unter vermehrt ökologischen Gesichtspunkten und mit einem echten Nachhaltigkeitsverständnis zukunftsweisend weiter zu entwickeln und dafür auch Akteure zu gewinnen und Kräfte zu bündeln, die ansonsten vielleicht eher nicht zusammen arbeiten würden.

Die Befürchtung auch anderer Umweltverbände, durch den angestrebte UNESCO-Titel könnten noch mehr Besucher in den Leipziger Auwald strömen und hiermit weitere Entwertung fördern, ist aus Sicht von NuKLA nur ein Bruchteil der Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, dass derzeit mit viel Engagement von den Kommunen an der Umsetzung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes gearbeitet wird – möglicher Weise auch aus einem Mangel an einer zündenden alternativen Idee. Alte Versprechungen der zum Teil auch heute noch Verantwortlichen für eine ‘grüne’ Seennutzung fallen dem inzwischen offen favorisierten massenhaften motorisierten Wassersport zum Opfer, gefeiert selbst in der völlig pervertierter Form eines Kriegsamphibienfahrzeuges (Störmthaler See).

Mehr zum Thema:

Projekt “Lebendige Luppe”: Forscher haben die ersten Gruben gegraben
Auch Leipzigs Forscher waren froh …

Hochwasserschutz und Auwaldrettung: Was schützen denn eigentlich die berühmten nördlichen Deiche?
Es gibt da einen Satz im Interview der LVZ …

Wem nutzen Leipzigs Polder eigentlich? – Dem Auenwald und Halle
Nicht nur die L-IZ hat mit der Juni-Flut …

Umweltbelastende Großveranstaltungen und illegaler Motorcross zu Lande ergänzen das touristische Angebot. Ebenso werden die ursprünglich umfänglichen Konzepte für geplante naturnahe Erholungsnutzungen klammheimlich immer weiter eingeschmolzen (Cospudener See). Damit erhöht sich vielleicht der kommerzielle ‘Wert’ dieser Gebiete; Erholungswert und ökologischer Wert gehen jedoch Stück für Stück verloren, wovon vor allem Ortsansässige und Erholungssuchende aus der nahen Umgebung betroffen sind.

Verschärfend kommt hinzu, dass die Umsetzung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes für Leipzig und Umgebung laut Potentialanalyse nur dann überhaupt sinnvoll wäre, wenn es eine schiffbare (d.h. für Motorboote nutzbare) Verbindung zwischen den Seen und Stadthafen Leipzig/Lindenauer Hafen/ausgebauter Elster-Saale-Kanal geben würde. Damit würden die Gewässer des Auwaldes zu Wasserschnellstraßen verkommen, der Auwald zum Verkehrsknoten für den hier gewünschten motorisierten Bootsverkehr werden: hiergegen gab es 2002, bei Veröffentlichung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes keinerlei Widerstand. Genau diese Art touristischer ‘Entwicklung’ ist es aber, die den Erhalt des Leipziger Auwaldes als Auenökosystem in hohem Maße gefährdet! Und dieses Nutzungskonzeptes ist derzeit das einzig vorliegende, bisher ohne kreative ‘Konkurrenz’ und diskussionslos in der Umsetzung.

Aus Sicht von NuKLA bietet die Arbeit an der UNESCO-Bewerbung eine völlig andere Grundlage, die zwar auch Tourismus fördern kann (und soll), dies aber unter der Prämisse ökologischer Verträglichkeit realisieren will, mit der Maßgabe des Erhaltes von wertvollen geschützten Gebieten, der Steuerung der Nutzungen im Interesse von tatsächlicher Nachhaltigkeit und verbunden mit umfassender Umweltbildung für diejenigen, die den Auwald nutzen wollen.”

www.NuKLA.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar