Zum zweiten Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Fukushima rufen Bürgerinitiativen und mehrere bundesweite Organisationen und Verbände zu großen Demonstrationen an Atomstandorten auf. Geplant sind Demonstrationen am Atomkraftwerk Neckarwestheim (BaWü), in Günzburg, nahe dem AKW Gundremmingen (Bayern) und an der Uranfabrik in Gronau (NRW).

Die größte Aktion wird eine 350 Kilometer lange Aktions- und Menschenkette rund um das AKW Grohnde (Niedersachsen). Getragen und organisiert werden diese Proteste von breiten, regionalen Bündnissen. Auch international finden zeitgleich Demonstrationen statt, so in Japan, Paris und im belgischen Tihange.

“Die Katastrophe von Fukushima dauert an. Rund 200.000 Menschen wurden evakuiert, weite Regionen sind auf Jahrzehnte unbewohnbar. Atomkraft, das ist Fukushima und Tschernobyl, Anhäufung von Atommüll, Zunahme von Krebs und Material für Bomben. Atomkraft ist menschenverachtend, nicht beherrschbar und muss sofort beendet werden. Im Wahljahr setzen wir ein deutliches Signal”, sagt Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt.

“Als Katastrophenschützer werden wir nach einem Super-GAU nicht wirklich helfen können”, so Dr. Angelika Claußen von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW. “Die Katastrophenschutzpläne sind katastrophal untauglich. Wir fordern als Ärzte die Stilllegung aller Atomkraftwerke jetzt.”

Thorben Becker vom BUND ergänzt: “Die Demonstrationen am 9. März wenden sich entschieden gegen die gefährliche Hinhaltetaktik der Politik und der Stromkonzerne, neun Atommeiler weiter laufen zu lassen. Jetzt dringend nötig sind dagegen Atomausstieg und globaler Klimaschutz. Wir wehren uns an vielen Orten gegen Atom- und Kohlekraftwerke, wir setzen uns ein für Energieeinsparung und den raschen Ausbau Erneuerbarer Energien – dezentral und in Hand der Bürgerinnen und Bürger.”

Mit der Aufforderung: “Stell Dir vor, die Katastrophe findet nicht 9.000 Kilometer entfernt statt, sondern vor Deiner Haustür”, ruft die Regionalkonferenz “AKW Grohnde abschalten” zu einem großangelegten Katastrophenszenario auf. Um ein angenommenes Evakuierungsgebiet, rund 40 Kilometer um den Reaktor, soll eine Aktions- und Menschenkette mit rund 200 Aktionspunkten entstehen und zeigen, welches Ausmaß eine solche Katastrophe auch in Deutschland haben könnte. Bernd Schlinkmann: “Wir wissen, dass Katastrophen auch in Grohnde möglich sind, ein Schutz davor aber nicht. Deshalb fordern wir: Alle Meiler jetzt abschalten!”

Die Uranfabriken in Gronau und Lingen produzieren unbefristet Brennstoff für Kraftwerke in aller Welt, sie sind Motoren der Atomindustrie. Udo Buchholz vom BBU-Vorstand und aktiv im Gronauer Bündnis gegen die Urananreicherungsanlage: “Uranabbau verursacht strahlende Mondlandschaften in Ländern wie Kanada und Australien, hochgefährliche Atomtransporte fahren mitten durch die Städte und Atommüll wird zur Vertuschung der ungelösten Entsorgung ständig hin und her gekarrt. Deshalb fordern wir: Uran im Boden lassen, alle Atomkraftwerke und Uranfabriken jetzt abschalten!”

In Gundremmingen laufen die letzten beiden Siedewasserreaktoren der Bundesrepublik. Dazu Ulrike Brenner vom Forum “Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V.”: “Dies ist ein besonders störanfälliger AKW-Typ, ähnlich dem Fukushima-Reaktor. Und gleich nebenan wird ein riesiges Atommüll-Zwischenlager aufgebaut mit bisher 42 Castoren. In jedem einzelnen lagert etwa so viel Radioaktivität, wie in Tschernobyl insgesamt freigesetzt wurde. Kein einziges Gramm Atommüll ist sicher entsorgt.”

Nicht nur Japan, auch die Region rund um das AKW Neckarwestheim ist Erdbebengebiet. “Ein Weiterbetrieb von Neckarwestheim ist nicht zu verantworten, der Meiler muss sofort stillgelegt werden. Landesregierungen – wie die grün-rote in Baden-Württemberg – dürfen nicht aus wirtschaftlichen Interessen den Atomausstieg verzögern”, so Wolfram Scheffbuch, Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar e.V. (BBMN).
Gedenk-Mahnwache zu den Fukushima-Katastrophen am 11. März um 18:30 Uhr auf dem Leipziger Markt

Am 11. März jährt sich zum zweiten Mal die Reaktorkatastrophe von Fukushima. Ausgelöst durch Erdbeben und Tsunami kam es in gleich zwei Blöcken des AKW Fukushima Daiichi zur Kernschmelze. Nachdem die Naturgewalten das Land bereits verwüstet hatten, verhinderte die Technologie des Menschen vielen die Rückkehr – bis heute und wahrscheinlich noch über Jahre gelten große Gebiete um die sechs Reaktorblöcke als Sperrgebiet.

Die Leipziger Akteure wollen der Opfern der Naturkatastrophen und der Atomkatastrophe mit einer Mahnwache auf dem Marktplatz am Montag, 11. März, um 18:30 Uhr gedenken. Es ist eine von zahlreichen Gedenkaktionen bundesweit, die zu diesem Termin stattfinden.

“Wir möchten zugleich unseren Unmut bekunden, dass auch in Deutschland immer noch Atomkraftwerke laufen und die zahlreichen Folgeprobleme bis heute ungeklärt sind, wie etwa die Endlagerfrage”, erklären sie. “Zugleich stockt die Energiewende. Die Politik muss endlich gegenüber der Atomlobby das Primat des Handelns zurückgewinnen. Ein erster Schritt wäre den ungeeigneten Salzstock Gorleben aus dem Prüfkatalog zu streichen. – Bringt Kerzen mit!”

Die Leipziger Aktion:
www.keine-kernenergie.de

Bundesweiter Trägerkreis “Fukushima mahnt: Atomanlagen jetzt abschalten!”:
http://anti-atom-demo.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar