Der neue Reichtums- und Armutsbericht der Bundesregierung zeigt es, der neue Bericht des Innenministeriums zum "Aufbau Ost" indirekt auch: Deutschland ist zwar ein reiches Land, die Exporte erreichten selbst in der jüngsten Krisenzeit Rekordstände. Und trotzdem haben immer größere Teile der Gesellschaft am erarbeiteten Reichtum keinen Anteil mehr, Kommunen und Länder stecken in Schuldenbergen. Das könnte eigentlich anders sein. Deshalb ruft ein breites Bündnis am Freitag in Leipzig auf zum Protest.
Mit einer Aktion vor dem Kanzleramt in Berlin hat das Bündnis “Umfairteilen” am Dienstag, 25. September, eine stärkere Besteuerung großer Vermögen eingefordert. Eigenhändig verteilten die Aktivisten einen privaten Reichtumsberg aus “Goldbarren”, “Münzen” und “Geldsäcken” zu Gunsten wichtiger gesellschaftlicher Bereiche wie Bildung, Pflege und Energiewende.
Mit der Aktion läutete das breite parteipolitisch unabhängige Bündnis die heiße Phase der Mobilisierung zum bundesweiten Umfairteilen-Aktionstag am Samstag in mehr als 40 Städten ein. Allein zu Demonstrationen in Berlin, Bochum, Frankfurt, Hamburg und Köln erwartet das Bündnis zehntausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Und warum sollten sich nicht auch in Leipzig genug Teilnehmer finden?
In Leipzig wird die “Umfairteilen”-Aktion am Freitag, 28. September, von 12 bis 14 Uhr auf dem Nikolaikirchhof stattfinden. Veranstalterin ist die Kirchliche Erwerbsloseninitiative Leipzig (KEL).
“Die zunehmende Ungleichheit zwischen Arm und Reich ist Gift für unsere Demokratie. Mit der Diskussion um Altersarmut und den Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung haben viele Menschen den Eindruck: Da läuft etwas gewaltig schief im Land. Die Zeit ist reif für echte Umverteilung”, sagte Christoph Bautz vom Kampagnen-Netzwerk Campact. Mit dem Aktionstag fordert das Bündnis eine Vermögensabgabe, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und ein konsequentes Vorgehen gegen Steuerflucht ein.
“Die letzten Wochen haben gezeigt: Die Dynamik ist da. Täglich schließen sich mehr Menschen unseren Forderungen an, wie Pilze schießen lokale Umfairteilen-Bündnisse aus dem Boden”, stellte Jutta Sundermann vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac fest. “Schon jetzt ist klar: Wir werden Zehntausende sein am Samstag, wir werden in mehreren Dutzend Städten auf die Straße gehen, und wir werden unüberhörbar überall im Land ‘Umfairteilung’ einfordern!”
Uwe Hiksch, für die Naturfreunde Deutschlands im Berliner Umfairteilen-Bündnis aktiv, betonte, wie dringend Umverteilung auch aus kommunaler Perspektive sei: “Gerade in Berlin, der Stadt mit einem der höchsten Anteile an armen Menschen ist die Forderung nach ‘Umfairteilen’ zentral, etwa um sozialen Wohnungsbau finanzieren zu können. Durch ein breites Bündnis aus Sozialverbänden, Initiativen und Gewerkschaften werden wir in Berlin den Druck auf die Politik erhöhen.”
Dem Bündnis “Umfairteilen – Reichtum besteuern!” gehören auf Bundesebene mehr als 20 Organisationen an: Von Attac, Gewerkschaften und Sozialverbänden über Migrantenverbände, Jugend- und Studierendenorganisationen bis zur Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe. Die Breite spiegelt sich auch in den lokalen Zusammenschlüssen wider.Die Leipziger Protestveranstaltung hat auch erste Unterstützer. So ruft die Grüne Jugend Leipzig zur Teilnahme auf.
“Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen, so steht es im Grundgesetz, doch die Realität in Deutschland ist eine andere. Das reichste 1 Prozent der Deutschen besitzt über ein Drittel des gesamten Vermögens, die reichsten 10 Prozent besitzen zusammen sogar zwei Drittel. Vermögen ist hierzulande noch wesentlich ungleicher verteilt als Einkommen, doch die öffentlichen Kassen sind leer, Kommunen und Länder verschuldet”, erklärt dazu Norma Tiedemann von der Grünen Jugend. Kindergärten, Schulen, Öffentlicher Transport, Pflegeheime – überall muss gespart werden. Diese grundlegenden Leistungen büßen dabei massiv an Qualität ein. Nur wer das entsprechende Kleingeld hat, kann sich Gesundheit, Bildung und Teilhabe am öffentlichen Leben leisten.
“Diese Ungerechtigkeit muss endlich ein Ende finden. Statt immer nur an der Ausgabenseite herumzuschrauben, müssen öffentliche Finanzen eine solide Grundlage erhalten. Eine faire und soziale Lösung besteht in der Einführung einer Vermögenssteuer und einer Vermögensabgabe”, erklärt Norma Tiedemann. “Wir unterstützen die Forderungen des Bündnisses “Umfairteilen” für die Besteuerung von Reichtum und nehmen daher am kommenden Freitag, 28.September, am lokalen Aktionstag in Leipzig teil.”
“Während die Vermögen der reichsten Menschen in Deutschland in der Krise noch gewachsen sind, steigt gleichzeitig die Armut. Vor allem Kinder, Ältere, Erwerbslose und Menschen in prekärer Beschäftigung sind davon betroffen. Eine gerechtere Verteilung und eine solidarische Gesellschaft sind nicht nur möglich, sondern absolut notwendig! Daher rufen wir alle Menschen auf, am 28. September in Leipzig und am Folgetag, 29. September, in den Aktionsstädten dabei zu sein”, ergänzt Astrid Weidt, Schatzmeisterin der Grünen Jugend.
Und auch die OBM-Kandidatin der Partei Die Linke, Dr. Barbara Höll, unterstützt das Bündnis.
“Seit Jahren nimmt die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen in der Bevölkerung zu. Etliche Organisationen und Initiativen, darunter auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, fordern die Bundesregierung auf, etwas gegen diesen Trend zu unternehmen. Doch die Regierung ignoriert diese Aufforderungen. Alle bisher in den Bundestag eingebrachten Initiativen zur höheren Besteuerung hoher Vermögen und Einkommen wurden abgelehnt”, stellt die Bundestagsabgeordnete fest. “Eigene Vorschläge unterbreitet die Regierung nicht. Bundesminister Rößler lehnt selbst das Nachdenken darüber ab.”
“Forderungen nach noch mehr Umverteilung sind für das Bundeswirtschaftsministerium nicht zustimmungsfähig”, so zitiert ihn am 20. September das “Handelsblatt”.
“Wir fordern eine Trendwende”, sagt Höll, “eine neue Steuerpolitik! Dazu braucht es neben der Vermögenssteuer auch deutlich höhere Steuern auf große Erbschaften, eine Steuer auf alle Wertpapier-, Derivate- und Devisenumsätze sowie eine Gemeindewirtschaftssteuer, die die bisherige Gewerbesteuer ersetzt. Außerdem muss bei der Einkommensteuer der Tarif durchgehend linear-progressiv gestaltet werden, sodass insbesondere untere und mittlere Einkommen entlastet und obere Einkommen stärker belastet werden. – Es ist ein politischer Skandal, dass zehn Prozent der Bundesbürger rund zwei Drittel des deutschen Privatvermögens besitzen, während mehr als die Hälfte der Bevölkerung nichts oder gar Schulden hat, wie der aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung belegt. Wir brauchen ein Umdenken: Steuern sind nicht unbedingt eine Last, denn sie sind die Basis unserer demokratischen Gesellschaft und unseres Wohlstands.”
Als steuerpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion kämpfe sie für eine Millionärssteuer und unterstütze damit aktiv das Bündnis “UmFAIRteilen- Reichtum besteuern!”.
www.umfairteilen.de
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