Das APRIL-Netzwerk (die Antiprivatisierungsinitiative Leipzig) hat mit einem Rundbrief an zahlreiche Organisationen und gesellschaftlich engagierte Personen eine Diskussion darüber gestartet, warum Leipzig eine "Privatisierungsbremse" benötigt und wie diese aussehen könnte. Für die Mitstreiter der Initiative betreibt die Stadt bei ihren Verkäufen eine Salamitaktik, nachdem die Leipziger im Bürgerentscheid von 2008 eine Privatisierung der Kommunalbetriebe abgelehnt hatten.
Konkret hieß die Fragestellung damals: “Sind Sie dafür, dass die kommunalen Unternehmen und Betriebe der Stadt Leipzig, die der Daseinsvorsorge dienen, weiterhin zu 100% in kommunalem Eigentum verbleiben?”
Seitdem wird durchaus debattiert. OBM und LVV sehen das Herauslösen und Verkaufen der Stadtwerke-Töchter HL komm und Perdata keineswegs als ein Aufweichen des Bürgerentscheids, zu dem OBM Burkhard Jung mehrfach erklärte, er stehe dazu. Interpretationsspielraum wirft natürlich die Frage auf: Was gehört tatsächlich zur Daseinsvorsorge? – Eine Frage übrigens, die auch beim Verkauf des Städtischen Eigenbetriebs Bestattungswesen auftauchte.
Das APRIL-Netzwerk vertritt aufgrund der Stadtratsbeschlüsse zur HL komm, perdata und dem Städtischen Bestattungswesen nun die Ansicht, dass das “Bekenntnis” des Stadtrates zum Bürgerentscheid von 2008 nur ein Lippenbekenntnis ist.”Das, was wir beobachten, ist eine ‘Salamitaktik’ beim Verkauf von öffentlichem Eigentum bzw. Betrieben und Unternehmen der Stadt Leipzig”, erklärt Wolfgang Franke vom APRIL-Netzwerk.
Das will das Netzwerk nicht länger hinnehmen und angesichts der zukünftigen Herausforderungen und gesellschaftlichen Unwägbarkeiten wie etwa der Bankenkrise, stelle sich im Vorfeld der Oberbürgermeisterwahl die Frage: “Wie können politische Entscheidungen auf diesem sensiblen Feld in Zukunft nachhaltig gestaltet werden? Deswegen finden wir: Leipzig braucht eine ‘Privatisierungsbremse’, die verhindern soll, dass knappe Mehrheiten und kurzlebige politische Allianzen über unser Eigentum entscheiden”, so Franke.
Mike Nagler ergänzt: “Eigentum, Anlagevermögen, Betriebe und Unternehmungen, die so wichtige Bausteine der Daseinsvorsorge und der Entwicklung der Potentiale unserer Stadt darstellen, müssen wetterfest gemacht werden und dürfen nicht Spielball kurzfristiger oder kurzsichtiger politischer Interessen und Entscheidungen sein. Die aktuell gefährlichen Entwicklungen der Finanzmärkte und die Gefahren und Unwägbarkeiten, denen sich die Stadt in finanzieller Hinsicht gegenüber sieht, unterstreichen diese Forderung umso mehr.”
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Aus diesen Gründen will das APRIL-Netzwerk eine Diskussion dazu in der Öffentlichkeit anregen. Die Vorschläge und Anregungen des Netzwerks gehen dahin, zukünftige Entscheidungen über Privatisierungen auf eine breitere Basis und Akzeptanz zu stellen.
“Das könnte eine obligatorische Befragung der Bürgerinnen und Bürger sein oder aber auch eine 2/3-Hürde im Stadtrat für Veräußerungen ab einer bestimmten Wertgrenze, zum Beispiel fünf Millionen Euro (festzuschreiben in der Hauptsatzung)”, so Nagler.
Wolfgang Franke: “Mit der Versendung des Briefes hoffen wir auf eine offene, anregende Diskussion unter den Bürgerinnen und Bürgern, den politischen Organisationen und Interessenvertretungen, wir sind gespannt auf die Reaktionen und Beiträge insbesondere auch der Kommunalpolitiker.”
Das Schreiben des APRIL-Netzwerkes als PDF zum download.
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