"Wir möchten auch mal Danke sagen." Das ist für Doris Altvater vom Verein Straßenkinder e.V. die Botschaft zur Jahrespressekonferenz. Denn durch ein stabiles Netzwerk von Unterstützern kann der Verein sein Angebot für junge Menschen in Not anbieten. Dabei geht es insbesondere um den Anlaufpunkt Haus "Tante E." am Listplatz.
Deutschlands Jugendhilfesystem kennt keine Straßenkinder. Ein gut ausgestattetes Hilfesystem erreiche alle jungen Menschen, die eventuell doch keinen festen Wohnsitz haben sollten, bekommt man im Zweifel als amtliche Antwort.
Mit solcherart Definitionsfragen hält man sich im Haus “Tante E.” in der Rosa-Luxemburg-Straße 38 am Friedrich-List-Platz nicht auf. Das Haus betreibt seit 2003 der Leipziger Verein Straßenkinder e.V., seit 2006 an dieser Stelle.
“Wer da Zweifel hat, ist herzlich eingeladen, hier mal einen Tag zu verbringen”, sagt Doris Altvater über die Notwendigkeit des Projekts. Das Haus ist 364 Tage im Jahr geöffnet, jeweils von 11 bis 19 Uhr. Nur an Neujahr ist mal Ruhetag.
Etwas von ihren Kenntnissen über das Wirken von Tante E. brachte die Schauspielerin Simone Thomalla unlängst in ihre Arbeit ein. Die Leipziger Fernsehkommissarin suchte zu Ostern 2012 in dem Doppel-Tatort “Kinderland” und “Ihr Kinderlein kommet” im Milieu der Leipziger und Kölner Straßenkinder nach Menschen, die Jugendliche ohne festes Zuhause töten. Auch Simone Thomalla unterstützt die Arbeit von Straßenkinder e.V.Man verstehe sich als “niederschwelliges Angebot” für Jugendliche, die hier eine Anlaufstelle haben, erläutert Bernd Bleck, der erste Vorsitzende des Vereins. Essen, Wäsche waschen oder tauschen, selbst duschen, sich aufhalten, mal reden – all das bietet die Tante E.
Man komme ohne öffentliches Geld aus, bestreite den 120.000-Euro-Jahresetat ausschließlich über Spenden und beschäftige sieben Mitarbeiter, heißt es zur Jahrespressekonferenz am Listplatz.
“Wir möchten auch mal Danke sagen”, wendet sich deshalb Vereins-Pressesprecherin Doris Altvater an die Öffentlichkeit. “Was uns auszeichnet, ist die Bindung der Unterstützer”, fügt Vereinschef Bleck an. Und die Transparenz, fährt Doris Altvater fort. Wer sehen wolle, was mit seinem Geld geschieht, müsse einfach nur in das Haus hineingehen. Auch werde kein Geld für Verwaltungsausgaben verwendet, das erfolge alles im Ehrenamt.Verein und Haus haben eine gute Seele, mit der vor gut zwanzig Jahren – weit vor dem Verein – alles anfing. Denn hinter Tante E. verbirgt sich Gabi Edler. Die ehemalige Leipziger Straßenbahnfahrerin kümmert sich seit den frühen 1990er Jahren um jene jungen Leute, die sie konsequent “Straßenkinder” nennt. Was als ihre Privatinitiative begann, nahm alsbald einen Umfang an, der nur noch in Vereinsform zu stemmen war. Gabi Edlers Arbeitgeber LVB vermittelte die Kontakte zu Leuten, die sich mit solchen Fragen auskennen.
Daraus erwuchs schrittweise jenes Netzwerk von Privatpersonen und Unternehmen, die mit ihrem Know-how und ihren Spenden für das stabile Fundament des Vereins sorgen.
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“Der Satzungszweck wird insbesondere dadurch verwirklicht, dass auf der Straße lebenden Kindern und Jugendlichen ein Anlaufpunkt angeboten wird, wo sie Essen und Kleider erhalten sowie fachkundig betreut werden”, haben es die Mitglieder des Vereins niedergeschrieben, “Ziel des Vereins ist es, diese Kinder und Jugendliche in die Gesellschaft zu integrieren.”
Täglich kommen bis zu 60 junge Menschen in die Tante E. – wenn es kalt oder das Geld schneller als der Monat vorbei ist, zumeist mehr. Neben dieser unmittelbaren Lebenshilfe sind mittlerweile auch langfristige Integrationserfolge zu verzeichnen. Wohnungen für junge Menschen über 18 Jahre konnten eingerichtet werden, insgesamt 29 junge Menschen absolvierten über die Jahre eine Berufsausbildung. “Wenn diese jungen Leute einmal gesehen haben, das könnte meine Chance sein, dann sind sie auch sehr motiviert”, so Doris Altvater.
Und solche Erfolge motivieren auch die Unterstützer.
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