Wer schon einmal an der Ostsee war, wird sie vielleicht schon einmal auf ihren Rettungstürmen gesehen haben. Leute der DLRG, der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Aber was macht die Gesellschaft neben dem Bewachen von Stränden noch? Birgit Grunewald sprach mit Thomas Naumann und Mike Strauß des Stadtverbandes hier in Leipzig.

Ich habe in letzter Zeit verschiedene Variationen gelesen. Und bevor ich es falsch ausspreche, möchte ich vorher gern wissen: Heißt es der, die oder das DLRG?

Thomas: Die DLRG. Die Abkürzung steht für Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Wir sind die größte ehrenamtliche Wasserrettungsorganisation in Deutschland und tragen dazu bei, die Sicherheit der Menschen im, am und auf dem Wasser zu gewährleisten.

Die meisten bringen die DLRG mit Rettungsschwimmern in Verbindung. Wo trifft man denn die DLRG überall?

Mike: Generell überall wo es Wasser in Deutschland gibt, größtenteils jedoch an der Küste. An der Ost- und an der Nordsee betreibt die DLRG ihren Rettungswachdienst in der warmen Jahreszeit . Weiterhin trifft man uns im Bäderbetrieb z. B. in Freibädern. Überall dort sind unsere ehrenamtliche Rettungsschwimmer im Einsatz. Dann sind wir noch als Absicherung bei Veranstaltungen am Wasser tätig und natürlich auch im Katastrophenfall wie zum Beispiel bei Hochwasser.

Vom Sächsischen Staatsministerium für Inneres wird momentan ein Simulationsprogramm mit dem Namen SAFER getestet. Dies simuliert Katastrophenfälle für Rettungsdienste. Habt Ihr davon mal gehört oder habt ihr schon Erfahrung damit?

Thomas: Das Simulationsprogramm ist für die Weiterbildung von Führungskräften vorgesehen, die damit an unterschiedlichsten Einsatzszenarien trainieren können. Das ist sicher eine tolle Sache, aber wir sind damit noch nicht in Berührung gekommen.
Wo wir bei der Frage wären, wie im Katastrophenfall zum Beispiel in Sachsen vorgegangen wird.

Mike: Die Grundlagen für einen funktionierenden Katastrophenschutz werden durch das Sächsische Staatsministerium des Innern und die Landesdirektion geschaffen. Diese sorgen dafür, dass die entsprechenden Einheiten aufgestellt und ausgerüstet werden. Im Fall einer Großschadenslage ist es Aufgabe der betroffenen Gemeinde, Katastrophenalarm auszulösen.

Thomas: Zuständig ist der jeweilige Bürgermeister oder Landrat bzw. die örtliche untere Katastrophenschutzbehörde. In Leipzig ist das die Branddirektion. Deren Aufgabe ist dann die Bildung einer Technischen Einsatzleitung, zu der Vertreter der mitwirkenden Bereiche hinzugezogen werden. Bei Hochwasser beispielsweise würden wir einen Fachberater Wasserrettung dorthin entsenden. Die TEL koordiniert dann den Einsatz, indem sie den einzelnen Einheiten Einsatzorte und Aufgaben zuweist.

Gibt es die DLRG in allen Bundesländern?

Thomas: Die DLRG gibt es überall in Deutschland. In den alten Bundesländern sind wir besonders stark vertreten. Wir wurden ursprünglich 1913 hier in Leipzig gegründet. Entsprechend steht unser 100-jähriges Jubiläum unmittelbar vor der Türe. Der Gründungsgrund für die DLRG war ein Unglück 1912 in Binz, bei dem 17 Menschen ums Leben kamen. Seit unser Gründung sind die Ertrinkungszahlen massiv zurückgegangen. Von ehemals 8000 auf mittlerweile ca. 450 pro Jahr. Im Zweiten Weltkrieg wurde wie alles andere auch, die DLRG gleichgeschaltet.

Unmittelbar nach dem Krieg wurden alle Vereine von den Siegermächten verboten und in den Ostsektoren blieb das auch so. Es gab keine DLRG in der DDR. In den alten Bundesländern wurde sie aber wieder zugelassen, deshalb haben diese Bundesländer 40 Jahre Vorsprung. Hier konnte sich die DLRG über fast 100 Jahre ohne Unterbrechung entwickeln. Uns hier als Stadtverband Leipzig gibt es erst seit 1993 wieder. Somit feiern wir nächstes Jahr einen doppelten Geburtstag, zum einen unseren 20-jährigen als Stadtverband und den 100-jährigen! Die DLRG ist in den neuen Bundesländern schwächer vertreten als in den alten. Die einzelnen DLRG- Gliederungen in den Bundesländern und Städten sind selbstständige Vereine.
Was sind die Aufgaben der DLRG neben der Wasserrettung?

Thomas: Die DLRG bietet verschiedene Ausbildungen die alle unmittelbar mit dem Wasser zusammenhängen wie z. B. die Schwimm- Rettungsschwimmausbildung, Sanitätsausbildung und Erste-Hilfe Kurse. Weiterhin gibt es auch noch die Kinder- und Jugendarbeit sowie den Katastrophenschutz und unsere Wettkampfschwimmer. Obwohl wir als Stadtverband Leipzig ein kleiner Verein sind, so sind wir doch sehr stolz drauf, dass wir alle Sparten der DLRG anbieten können.

Gibt es in Leipzig an den neu entstehenden Seen eigentlich die DLRG?

Thomas: Wir wünschen uns, dass die Gemeinden erkennen, dass es einen Vorteil für ihre Bevölkerung bietet, bewachte Badezonen einzurichten. Es würde gerade für die zahlreichen Familien, die Gegend reizvoller machen den kühlenden Familienspaß an einem bewachten “Strand” zu genießen! Gerne würden wir in Zusammenarbeit mit den Gemeinden einen Wasserrettungsdienst organisieren.

Bei den vielen Aufgaben, die Ihr begleitet, stellt sich die Frage, wie sich das alles eigentlich finanziert?

Thomas: Die Finanzierung setzt sich zusammen aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Einnahmen für unsere Kursangebote wie zum Beispiel Rettungsschwimmkurse oder Erste-Hilfe-Kurse und andere. Hinzu kommen Einnahmen aus dem Wasserrettungsdienst und für die Absicherung von Veranstaltungen. Dabei wird oft von uns erwartet, dass wir kostenlos tätig werden.

Mike: Dass unser Motorrettungsboot, die Tauchtechnik oder das Zugfahrzeug gewartet und repariert werden müssen, wir Treibstoff, Miete oder Anschaffungen zu bezahlen haben, wird gerne mal übersehen.
Wie steht es momentan um Euren personellen Aspekt? Hat die DLRG genug Mitglieder in Leipzig?

Thomas: Der personelle Aspekt ist wahrhaftig eine große Herausforderung für uns. Wir haben ständig Personalmangel. Vormals konnten junge Leute bei uns den Wehrersatzdienst leisten, diese sind dann oftmals dabeigeblieben, weil es ja auch jede Menge Spaß macht. Mit Wegfall der Wehrpflicht ist diese Quelle jedoch versiegt.

Mike: Wir brauchen dringend Mitglieder, die aktiv mitwirken. Diese sollten auch die Bereitschaft mitbringen, sich ausbilden und weiterbilden zu lassen. Wir brauchen Spezialisten in den einzelnen Bereichen wie Einsatztaucher, Bootsführer, Rettungsschwimmer, Signalleute, Funker, Sanitäter oder auch Kraftfahrer. Also alle, die auch im Katastrophenschutz tätig sind. Vor allem aber Rettungsschwimmer!

Welche Aufgabe habt Ihr beiden eigentlich in der DLRG hier im Stadtverband Leipzig?

Thomas: Ich bin der Technische Leiter und dafür zuständig, dass wir als Katastrophenschutzeinheit funktionieren und uns auch weiterentwickeln. Mein Aufgabengebiet habe ich untergliedert in die Ressorts Rettungsschwimmausbildung, Wasserrettungsdienst, Technik, Tauchen, Ausbildung und Medizin. Für jedes Ressort gibt es einen Verantwortlichen. Das klappt sehr gut, meine Jungs sind fähig und haben ihre Bereiche im Griff. Mike ist der Technikwart, wobei er sich weit darüber hinaus engagiert und mittlerweile meine Rechte Hand geworden ist.

Mike: Thomas ist unser “Verbindungsmann” zur Branddirektion Leipzig. Er plant die Ausbildungen und die Einsätze, aber das muss er jetzt nicht mehr alleine machen.

Wie können denn die Leute zu Euch kommen und bei Euch tätig werden?

Mike: Am Besten per Kontaktformular über unsere Internetseite dlrg-leipzig.de melden. Natürlich können Schnellentschlossene auch gleich dort das Antragsformular ausdrucken, ausfüllen und uns per Post zusenden. Dann bekommen sie von uns Vorschläge, wie Sie bei uns tätig werden können und was ihren Interessen am ehesten entspricht.
Ihr habt jetzt immer mal den Bereich Jugend angesprochen. Was kann man sich darunter vorstellen?

Thomas: Die DLRG-Jugend ist bei uns unter Führung eines eigenen Jugendvorstands weitestgehend sebstständig. Unseren Jugendlichen und Kinder bieten wir eine gute vereinsorientierte Jugendarbeit zum Beispiel Sommerlager oder Jugendtreffen an. Natürlich kommt auch hier der Ausbildungsaspekt nicht zu kurz. Wir hoffen, dass viele Jugendliche die einmal “DLRG-Luft” geschnuppert haben, uns auch später in der Wasserrettung unterstützen. In den Bereich der Jugend fällt auch das Anfängerschwimmen,die verschiedenen Trainingsgruppen sowie die Wettkampfmannschaft.

Gibt es eigentlich momentan Erhebungen wie es mit der “Schwimmfertigkeit” der Kinder aussieht?

Thomas: Unser Bundesverband beklagt die Gefahren, die durch fortwährende Bäderschließungen entstehen: die wachsende Zahl der Nichtschwimmer und die allgemein verminderten Schwimmfertigkeiten in der Bevölkerung. Mit der Folge, dass langfristig gesehen, die Ertrinkungszahlen wieder nach oben gehen werden.

Mike: Jede Schwimmhalle die wegfällt, reißt ein großes Loch in unser Ausbildungsangebot. Auch in unserer Stadt sind die Schwimmhallenzeiten schon ein knappes Gut geworden, aber wir hoffen, dass die Stadtväter die Situation erkennen und die richtigen Weichen stellen.

Gibt es noch irgendetwas, was für Euch und die DLRG sehr wichtig ist? Was Ihr gern umsetzen wollt?

Mike: Meine Priorisierung ist neben der Technik, den Bekanntheitsgrad unserer Hilfsorganisation zu steigern. Wenn man in die Stadt geht und fragt einen Passanten: “Kennen Sie die vier Buchstaben DLRG?”, sagen die meisten “Nein. Was ist das? Ist das was zu essen?” (lacht) Wenn ich dann den Sinn und Zweck erkläre, wofür die DLRG steht kommt häufig die Frage: “Was ist denn das?” Hier sehe ich noch eine große Herausforderung in der Öffentlichkeitsarbeit für uns. Wir freuen uns auf das Jubiläum im nächsten Jahr. Wir haben vor, mit einer kleinen Werbeaktion in Leipzig auf uns aufmerksam zu machen. Unser Stadtverband hat nur wenige Mitglieder im Vergleich zu anderen Ortsgruppen. Wir haben momentan ca. 200 Mitglieder, für eine Stadt unserer Größe sollten es mindestens 3 mal so viele sein.

Thomas: Unser Bekanntheitsgrad ist in der Tat noch zu gering. Leipzig bietet jede Menge Möglichkeiten zum Zeitvertreib. Wir stehen da im Wettbewerb. Aber bei uns kann man dem Zeitvertreib auch einen Sinn geben. Und der Spaß kommt definitiv nicht zu kurz.. Wenn das alle wüssten, würden sie uns die Bude einrennen. Man muss aber auch einen gewissen Enthusiasmus mitbringen. Natürlich gibt es auch negative Momente und belastende Einsätze, aber am Ende werden die durch die Kameradschaft getragen und das Positive obsiegt.

Gibt es noch etwas anderes, was Euch auf dem Herzen liegt?

Thomas: Wir sind hier in unserem Vereinsobjekt ein bisschen auf dem Pulverfass. Irgendwann werden wir einem Neubau weichen müssen. Deswegen halten wir auch Ausschau nach einem anderen Standort. Dieser sollte schon zentral gelegen sein, damit es für unsere Jugendgruppe mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. Dann brauchen wir einen Lagerraum, ein Büro sowie einen Schulungsraum und eine Möglichkeit, wo unsere Technik und Fahrzeuge sicher untergebracht sind.

Mike: Vielleicht bietet sich ja über die Leser dieses Artikels eine Möglichkeit! Das wäre super.

Ich danke Euch für das umfangreiche Interview und wünsche Euch alles Gute bei Eurer Arbeit und steigende Mitgliederzahlen. Danke.

dlrg-leipzig.de

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