Am Samstag demonstrierten hunderte Menschen friedlich gegen Neonazis und Alltagsrassismus im Leipziger Osten. Anlass für die Demo unter dem Motto "Im Osten nichts Neues. Gegen Nazis und rechte Alltagskultur" war die Eröffnung des "Fighting Catwalk" am 3. Dezember. Der Streetwear-Shop im Täubchenweg verkauft Klamotten der Marken "Thor Steinar" und "Brachial" - beide in rechten Kreisen höchst beliebt.
Stein des Anstoßes war zudem ein rechter Treffpunkt in der Langen Straße 15. In dem Altbau hatten Mieter aus dem NPD-Umfeld eine Erdgeschosswohnung zu einem Partyraum umgebaut.
Die Neonazi-Gegner versammelten sich ab 12 Uhr am Friedrich-List-Platz. Nach kurzer Auftaktkundgebung zogen sie friedlich kreuz und quer durch Reudnitz, Volkmarsdorf und das Zentrum-Ost. “Es ist wichtig, Raum zu schaffen, indem Leute nicht Diskriminierung ausgesetzt sind”, betonte ein Redner des Atari. Das linke Kulturprojekt in Nachbarschaft des Thor-Steinar-Ladens war in der Vergangenheit wiederholt zum Ziel rechtsmotivierter Angriffe geworden.
Als die Demo gegen 13:35 Uhr den “Fighting Catwalk” erreichte, hatten Bereitschaftspolizisten vor dem Geschäft Stellung bezogen. Beamte kontrollierten im Täubchenweg Müllcontainer nach möglichen Wurfgeschossen. Zwei junge Männer in Thor-Steinar-Kluft erhielten Platzverweise, bevor die Neonazi-Gegner sie bemerkt hatten. Betreiber Christian P. verzichtete auf die Einhaltung seiner üblichen Geschäftszeiten. Die Eskalation blieb glücklicherweise aus. Zwar legten seine Gegner entgegen vorheriger Absprache mit der Polizei vor dem Laden einen kurzen Zwischenstopp ein und verlasen einen Redebeitrag, doch die Lage blieb friedlich. Als die Veranstalteter verkündeten, dass die Eigentümerin Räumungsklage eingereicht habe, brach lauter Jubel aus.
Die Freude währte nicht lange, denn nachdem zwei Vermummte im Obergeschoss des Altbaus, in dem sich das Atari befindet, zwei bengalische Fackeln abbrannten, kippte die Stimmung. Einsatzkräfte hatten versucht, das Ladenprojekt zu betreten. Es kam zu kleineren Schubsereien. Das Gerücht, es habe eine Festnahme gegeben, machte die Runde, bewahrheitete sich aber nicht. Nach längerer Debatte zwischen Anmelderin Juliane Nagel (Die Linke) und dem Einsatzleiter der Polizei setzte sich der Aufzug wieder in Bewegung. Die Stadträtin zog ein positives Resümee: “Wir haben viele heute Menschen erreicht.” Nach Polizeiangaben beteiligten sich 600 Menschen an dem Aufzug. “Mehr als wir erwartet hatten”, so Nagel.
Die Veranstaltung klang gegen 15:30 Uhr mit einem bunten Straßenfest im Lene-Voigt-Park aus, zu dem der StudentInnenrat der Uni Leipzig aufgerufen hatte. Die Polizei spricht von einem insgesamt friedlichen Verlauf. Die Beamten registrierten lediglich sechs Verstöße gegen das Vermummungsverbot. “Diese Personen wurden von der Versammlung ausgeschlossen”, so Pressesprecher Mario Weigelt.
Besonders viel Zuspruch erhielt die Demonstration in der migrantisch geprägten Eisenbahnstraße. Zahlreiche Anwohner und Händler schauten sich das Treiben am Wegesrand an und nahmen Flugblätter entgegen. Unter den Teilnehmern der Demonstration selbst fanden sich dagegen auffällig wenige Menschen mit Migrationshintergrund. “Mir wurde gesagt, dass mehr Migranten gekommen wären, wenn wir intensiver an migrantische Vereine und Projekte herangetreten werden”, so Nagel. Das Ladenschluss-Bündnis möchte dieses Versäumnis nachholen.
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