Als im Leipziger Westen die Maschinen verstummten, bot sich für viele eindrucksvolle Industriegebäude die Perspektive einer anderen Nachnutzung – als Wohnensemble, Atelierhaus, Gründerzentrum. Aber für einige dieser prächtigen Fabriken ist die Umnutzung noch nicht gelungen. Dazu gehört die ehemalige Swiderski-Motorenfabrik in der Markranstädter Straße. Sie fällt eher auf durch Vandalismus und die Einsätze der Feuerwehr, weil wieder mal ein Brand verzeichnet wurde.
Aber was soll mit dem Gebäude eigentlich passieren? Wie stehen die Gespräche der Stadt mit der Eigentümerin? Das wollte die Grünen-Fraktion im Stadtrat wissen. Denn dass das Gebäude in einem inzwischen katastrophalen Zustand ist, das weiß man auch im Amt für Bauordnung und Denkmalpflege.
„Die Gebäude der ehemaligen Leipziger Dampfmaschinen- und Motorenfabrik Philipp Swiderski befinden sich in einem schlechten baulichen Zustand“, teilt dieses auf die Anfrage der Grünen-Fraktion hin mit. „Aktuell ist ein fortschreitender und sich beschleunigender Verfall durch Vandalismus, wiederholte Brandstiftungen und vor allem dem baulichen Verschleiß durch äußere Einflüsse festzustellen.“
Fürs Erste gut gesichert
Aber was passiert eigentlich, um das Gebäude zu sichern? Dazu sei die Stadt, so das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege, seit 2024 in intensiven Gesprächen mit der Eigentümerin.
„Ziel dieser Gespräche war die Veranlassung einer gegenüber den Vorjahren erhöhten Sicherung der Gebäude vor unbefugtem Betreten und die Entwicklung einer Perspektive für den baulichen Erhalt des Kulturdenkmals. In Folge dieser Gespräche wurde durch die Eigentümerin eine verstärkte Gebäudesicherung (Verschluss sämtlicher Tür-, Tor- und Fensteröffnungen im Erdgeschoss sowie Verschluss der ‚Laufgänge‘ um die Gebäude) ausgeführt.
Nach mehrmaliger Kontrolle vor Ort kann festgestellt werden, dass die Gebäudesicherungen intakt sind und ihr Ziel augenscheinlich erfüllen. Nach unserem Kenntnisstand gab es seit Sommer 2024 keine weiteren Brandereignisse vor Ort. Im Zuge der geplanten Sicherungsmaßnahmen an den Gebäuden erfolgte zuletzt die Freistellung von Bewuchs im direkten Umfeld der Gebäude (Baufreiheit), sowie das Zusammentragen von wild abgelagertem (Sperr-)Müll.“
Nach Vorberatung der Eigentümerin habe man auch eine statische Begutachtung der Gebäude vorgenommen. „Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die Wiederherstellung intakter Dachkonstruktionen, die Sicherung offener Mauerkronen und die Entfernung von Bewuchs an den Gebäuden konnte zwischenzeitlich erteilt werden.
Vorgesehen ist eine Ausführung der Arbeiten im Verlauf des Jahres 2025. Es muss jedoch festgehalten werden, dass diese Maßnahmen aktuell maximal dazu geeignet sind, den fortschreitenden Verfall der Bausubstanz zu verlangsamen und ggf. in Teilbereichen sogar zu stoppen. Um einen Erhalt des Kulturdenkmals angesichts des schlechten baulichen Zustands noch realisieren zu können, muss jedoch zwingend zeitnah eine Nutzungsperspektive gefunden werden.“
Noch ein großer Supermarkt?
Das heißt: Hier muss also ziemlich bald wirklich investiert werden, wenn man die alten Fabrikgebäude dauerhaft erhalten will. Und Ideen für eine mögliche Nutzung gibt es auch schon. Aber sie decken sich nicht wirklich mit den Zielen, die die Stadt für dieses Gebiet definiert hat.
„Die Eigentümerin hat in 2024 (Studentenarbeit ‚Stadtfarm‘) und auch zu Beginn des Jahres 2025 (Machbarkeitsstudie) seine Nutzungsideen der Stadtverwaltung vorgestellt. Während der Ansatz der Studenten noch eine Kombination aus Produktion, Handel, Büro und (untergeordnet) Wohnen beinhaltete, wird in der Machbarkeitsstudie im Wesentlichen von einer Handelsnutzung ausgegangen, die im kleinsten Ansatz ca. 45 % der möglichen Nutzflächen vereinnahmen soll.
Diese Handelsnutzung wird in unterschiedlichem Umfang mit kulturellen, gewerblichen und/oder gastronomischen Nutzungen kombiniert.
Auch wenn die vorgeschlagenen Nutzungsmixe einen spannenden und im Grundsatz begrüßenswerten Ansatz zur Entwicklung der denkmalgeschützten Substanz darstellen, sind diese mit Blick auf den deutlich zu hohen Flächenanteil für den Handel mit zentrenrelevanten Sortimenten (Lebensmittel) weder mit den Zielen des geltenden rechtskräftigen B-Plans Nr. 428.1 ‚Gewerbegebiet Plagwitz Süd/Markranstädter Straße – Teil Nord und Ost‘ (in Kraft getreten am 14.09.2019) vereinbar, noch sind diese aus den geltenden stadtentwicklungs-planerischen Zielstellungen des STEP Zentren ableitbar.
Aus der Sicht der Verwaltung kann auch auf Grundlage des bestehenden B-Planes, der lediglich das allgemeine Wohnen sowie den Handel mit zentrenrelevanten Sortimenten ausschließt, eine dem Standort angemessene und wirtschaftlich tragfähige Entwicklung angestoßen werden. Eine Änderung des B-Planes, wie es die Grundstückseigentümerin anstrebt, ist daher auch mit Blick auf ähnlich gelagerte Entwicklungsabsichten im Plangebiet und auf angrenzenden Flächen aus Sicht der Verwaltung weder erforderlich noch geboten.“
2015 wollte die Stadt schon kaufen
Und nun? Die Stadt sei stets gesprächsbereit, betont das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege. „Zuletzt wurde die Machbarkeitsstudie im Januar 2025 besprochen. Hier wurden etwa Wege aufgezeigt, wie beispielsweise eine Entwicklung der Immobilie ggf. gemeinsam mit lokalen Produzenten und Erzeugern von Lebensmitteln und auf Grundlage des bestehenden B-Planes möglich wäre. Eine solche Kombination würde dann ggf. auch eine Handelsnutzung ermöglichen.
Die Fortführung des Dialogs wurde zwischen beiden Seiten unter Hinzuziehung der Wirtschaftsförderung verabredet. Zugesichert wurde, dass die Verwaltung auf der Grundlage des bestehenden B-Planes die Handlungs- und Gestaltungsspielräume nutzen wird, um überzeugende Entwicklungskonzepte zu unterstützen.“
Und siehe das: Auf Nachfrage der Grünen zeigt sich, dass das ganze Ensemble längst hätte im Besitz der Stadt sein können. Aber wie so oft bekam die Stadt dafür keinen Zuschlag.
„Die Stadt Leipzig war 2015 sehr am Erwerb des Grundstücks für die Errichtung einer Grundschule interessiert. Eine damals erarbeitete Studie hatte gezeigt, dass dies unter Nutzung des denkmalgeschützten Bestandes möglich ist. Erwerbsgespräche verliefen leider ergebnislos“, betont das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege. „Ein Ankauf jetzt und die damit verbundenen Chancen und Risiken für die Stadt kann durch die Verwaltung in der Kürze der Zeit nicht geprüft werden.“
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