Matthias Kopp, Ortsvorsteher von Hartmannsdorf-Knautnaundorf, war am 19. Mรคrz sichtlich richtig sauer, als er den Antrag des Ortschaftsrates in die Ratsversammlung einbrachte, die Stadt solle sich endlich darum kรผmmern, dass Knautnaundorf wieder einen Bahnhaltepunkt bekommt. So hat es der Antrag zwar nicht formuliert. Aber seit 2010 gรคrt das Thema, wissen alle Beteiligen, dass man an der kรผnftigen S-Bahnstrecke, die auch hier elektrisch eingerichtet werden soll, unbedingt einen Haltepunkt braucht. Doch irgendjemand stellt sich quer. Aber wer?

Ist es die Bahn, mit der auch der CDU-Stadtrat Andreas Nowak gesprochen haben will, die mit dem Finger auf die Stadt zeigt, die sich nicht genug dafรผr einsetze, dass der Haltepunkt wieder hinkommt? Ist es der ZVNL, der den Nahverkehr um Leipzig organisiert? Ist es die Stadt?

Vier Planungsvarianten habe es zu diesem Haltepunkt an der Bahnstecke Leipzig-Gera gegeben, so Kopp. Doch von allen vier Varianten habe die Bahn ausgerechnet die schlimmste zur Umsetzung vorgeschlagen โ€“ nรคmlich den kompletten Rรผckbau des einstigen Haltepunktes. An einer Stelle, wo man mit der S-Bahn Richtung City nur 15 Minuten brauchen wรผrde. Was endlich wieder eine echte Alternative fรผr alle Menschen wรคre, die in Hartmannsdorf-Knautnaundorf wohnen. โ€žUnd hier sind in den letzten Jahren viele Eigenheime fรผr junge Familien entstandenโ€œ, so Nowak.

Debatte seit 2010

Tatsรคchlich hatte Knautnaundorf sogar mal einen Haltepunkt an der Regionalbahn, wie der Ortschaftsrat in seinem Antrag extra mit anfรผhrte: โ€žDer Bahnhaltepunkt in Knautnaundorf wurde 2010 zum Bedarfshalt heruntergestuft und 2017 komplett aufgegeben.

Der notwendige Brรผckenneubau B186/S75 wird seit 2017 geplant. Im Zusammenhang mit dieser Planung steht der Anschluss der Radwegeverbindung zwischen Knautnaundorf und Rehbach sowie dem Zwenkauer See.

Die geplante Elektrifizierung der Bahnstrecke Leipzig-Gera hat die Planung zum Brรผckenneubau wieder auf null gesetzt. In der aktuellen Planung der DB ist die Wiederinbetriebnahme eines Bahnhaltepunktes in Knautnaundorf als Option in verschiedenen Varianten enthalten. Eine Variante berรผcksichtigt die Einbindung des Bahnhaltepunktes in den Brรผckenneubau.โ€œ

Schon 2010 war das ein ร„rgernis. Und alle folgenden Entwicklungen haben die Sache nur verschlimmert โ€“ mitten in einer Zeit, in der Deutschland die Kllimawende hinbekommen muss. Und dazu gehรถrt auch die Mobilitรคtswende. An den Haltepunkt gehรถre auch ein P+R-Platz, so Kopp.

Denn alle Autofahrer, die etwa zu FuรŸballspielen im Stadion wollen, quรคlen sich dann รผber die DieskaustraรŸe und die RippachtalstraรŸe Richtung City. Die StraรŸenbahn der Linie 3 braucht โ€“ wenn sie dann mal wieder fรคhrt โ€“ 33 Minuten in die Stadt. Eine schnelle S-Bahn-Verbindung aller 30 Minuten, mit der man nur 13 bis 15 Minuten braucht, wรคre ein echtes Angebot an alle, die in Knautnaundorf umsteigen wollen, so Kopp.

Aber was tut die Stadt?

Wรคhrend Andreas Nowak aus den Gesprรคchen mit Bahn und ZVNL mitgenommen hat, die Stadt habe gar kein Interesse an dem Haltepunkt, sagte Baubรผrgermeister Thomas Dienberg am 19. Mรคrz etwas vรถllig anderes: โ€žWir haben sehr wohl nachhaltiges Interesse daran, dass dieser Halt kommt.โ€œ Nur sei es in diesem Fall die Deutsche Bahn, die wieder mal andere Vorstellungen habe. Was man irgendwie auch aus dem Leipziger Norden schon so kennt.

Und so formuliert es auch der Alternativvorschlag aus dem Baudezernat, in dem es heiรŸt: โ€žVor diesem Hintergrund hat die Stadt gemรครŸ der stรคdtischen Beschlusslage in der Stellungnahme zur Voranfrage im eisenbahn- und kreuzungsrechtlichen Verfahren gegenรผber der Bahn erklรคrt, dass ein Rรผckbau des Haltepunktes Knautnaundorf aus stรคdtischer Sicht nicht zustimmungsfรคhig wรคre und zur Ermittlung der optimalen Lage dieses Haltepunktes eine Variantenuntersuchung mit entsprechenden Untervarianten erfolgen sollte (= Zielstellung aus dem Nahverkehrsplan der Stadt Leipzig). Diese Stellungnahme hat der Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau in der Sitzung vom 16.04.2024 zur Kenntnis genommen.โ€œ

Aber ganz unรผbersehbar steht Leipzig da auf einmal im Konflikt mit dem angrenzenden Landkreis Leipzig: โ€žDa es auch aus den Landkreisen entsprechende Wรผnsche (hier insbesondere Erhalt/Neubau Verkehrsstationen Zwenkau-GroรŸdalzig und Zitzschen) gab und nach Einschรคtzung des ZVNL fahrplanmรครŸig nur zwei der drei Verkehrsstationen zukรผnftig angefahren werden kรถnnen, gab es im Verband eine entsprechende Abstimmung. Hier hat die Stadt erreicht, dass der Haltepunkt Knautnaundorf zunรคchst Bestandteil der weiteren Planungen sein wird.โ€œ

Also ganz und gar kein Desinteresse aus Leipzig.

โ€žIm Zuge weiterer Abstimmungen in den letzten Monaten wurde auรŸerdem gemeinsam mit dem ZVNL gegenรผber der Deutschen Bahn der Wunsch geรคuรŸert, dass eine Variantenbetrachtung der Verkehrsstation Knautnaundorf mit Zugang zur StraรŸenรผberfรผhrung (Sรœ) B186 im Zuge der Vorplanung durchgefรผhrt werden soll. Dabei ist dann im Ergebnis jene Variante zu wรคhlen, welche die (insgesamt) wirtschaftlichste, volkswirtschaftlichste und letztendlich beste Lรถsung fรผr die (Siedlungs-)Entwicklung des Gebietes darstellt.

Als Stichworte sind hier unter anderem die Anbindung an das Industriegebiet und den Zwenkauer See zu nennen. Folgerichtig wรคre dann auch ein neu zu errichtendes Brรผckenbauwerk mit regelkonformen FuรŸ- und Radverkehrsanlagen auszustattenโ€œ, so das Baudezernat in seiner Stellungnahme.

Es geht also auch um Geld.

Die Stadt will dranbleiben

โ€žDazu braucht es jedoch eine fundierte und transparente Gegenรผberstellung der Kosten und des Nutzens bzw. der Wirkung jeder Variante (Variante meint hier verschiedene Lagen des potenziellen Haltepunktes). Wirkung meint hier insbesondere die Auswirkungen auf den FuรŸ- und Radverkehr, die Entwicklungschancen fรผr das Gebiet, Chancen aus Synergieeffekten (zwischen Haltepunkt und Brรผckenbau fรผr den Verknรผpfungspunkt ร–PNV, FuรŸ- und Radwege), Nutzenfaktoren wie Zeitersparnis, Sicherheit und Komfort oder auch Umweltauswirkungen. Nur so ist es im Ergebnis auch mรถglich, eine fundierte Entscheidung herbeizufรผhrenโ€œ, so das Baudezernat.

โ€žDiese Forderung wurde u.a. in einer Abstimmung mit DB InfraGO, ZVNL und dem Landesamt fรผr StraรŸenbau und Verkehr als Ansprechpartner fรผr das Brรผckenbauwerk noch einmal vorgetragen und bekrรคftigt. Auch in den kommenden Abstimmungsrunden wird sich die Stadt dafรผr einsetzen, dass die stรคdtischen Interessen entsprechend Berรผcksichtigung finden. Die im Antrag geforderte Planung eines Verkehrsknotenpunktes durch die Stadt selbst, ist jedoch dagegen aufgrund der fehlenden Zustรคndigkeit (Haltepunkt = DB InfraGO AG; Baulast Brรผcke liegt beim Bund) nicht mรถglich.โ€œ

Es ist also โ€“ so schรคtzt es das Baudezernat ein โ€“ noch nichts entschieden und die Stadt kรถnne noch Einfluss nehmen auf die Planungen: โ€žDerzeit befindet sich das Projekt in der Vorplanung. Der Abschnitt zwischen Leipzig-Plagwitz โ€“ Zeitz wird als erster Bauabschnitt geplant und realisiert. GemรครŸ aktuellem Zeitplan ist der Beginn der Bauaufรผhrung in 2031 und die Inbetriebnahme fรผr 2035 vorgesehen.โ€œ

Dem folgte dann auch Matthias Kopp und stellte den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung, der dann in der Ratsversammlung einstimmig auch angenommen wurde.

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