Am Ende ist es eine simple Geldfrage. Leipzigs Haushalt ist denkbar knapp. Für die Wiederherstellung eines 100 Jahre alten Freibades ist das benötigte Geld schlichtweg nicht verfügbar. Fünf bis sechs Millionen Euro würde eine Revitalisierung des Wackerbades in der Max-Liebermann-Straße in Gohlis kosten. Dass es dort eigentlich gebraucht wird, das hatte auch das Amt für Stadtgrün und Gewässer in der Vorlage bestätigt, die am 19. März in der Ratsversammlung zur Abstimmung kam.

Auch wenn die Vorlage aus dem Amt empfahl, doch einfach an die Seen im Norden zu fahren: „Alle 10 Stadtbezirke haben gemäß der richtwertbezogenen Bedarfsermittlungsmethode für Sportstätten ein Defizit bei der Versorgung der Bevölkerung mit Freibädern. Die Stadtbezirke Nord, Süd, West sowie der südwestliche Teil des Stadtbezirkes Alt-West haben allerdings Seeanbindung oder zumindest Seenähe. Für den Stadtbezirk Nord sind das der Schwimmteich Ökobad Lindenthal, das Naturbad Nordost und der Schladitzer See.“

Was das Problem nicht wirklich löst. Aber schon die bestehenden Freibäder der Stadt benötigen in den nächsten Jahren millionenschwere Investitionen. So stehen bei der Sportbäder GmbH Investitionen im Schwimmbad Schönefeld (Einbau Edelstahlbecken, Erneuerung Wasseraufbereitung) auf dem Plan, im Schwimmbad Kleinzschocher (Erneuerung Becken und Wasseraufbereitung), in Südost (Erneuerung Becken und Wasseraufbereitung) und eventuell auch eine Erweiterung der Wasserfläche im Schreberbad.

Ob da vor zehn Jahren eine Chance bestanden hätte, das 1925 eröffnete Wackerbad wieder in Schuss zu bringen, wie AfD-Stadtrat Christian Kriegel meinte, steht wohl eher in den Sternen. Denn an den Kosten für eine dringend notwendige Modernisierung hätte sich trotzdem nichts geändert. Und wirklich handlungsfähig war die Stadt auch nicht, solange der bisherige Pächter für eine wirkliche Zukunftsdiskussion für das seit 2016 geschlossene Bad nicht offen war.

Skateanlage und Grünraum

Das Amt für Stadtgrün und Gewässer schlug nun in der Vorlage vor, auf eine künftige Nutzung als Bad zu verzichten und dafür andere Freizeitmöglichkeiten auf diesem 21.000 Quadratmeter-Grundstück zu schaffen.

„Das Amt für Stadtgrün und Gewässer hat im Rahmen der Erarbeitung des Skateentwicklungskonzept (VII-A-01909 Neue Skateanlagen in Leipzig ermöglichen) die Fläche des ehemaligen Wackerbades als Potenzialstandort für eine neue Skateanlage herausgearbeitet. Die abschließende Prüfung über die Standorteignung sowie damit verbundene planerische Empfehlungen sind Gegenstand des weiteren Verfahrens.

Aufgrund von Größe und Lagegunst der Fläche erscheint auch eine Entwicklung zur öffentlichen Grünanlage mit kombinierter Rollsportanlage (Pumptrack plus Skateanlage) mit einem hohen Grünraumanteil sinnvoll. Die Anbindung könnte bspw. über geeignete Erschließungswege der grün-blauen Infrastruktur in den Naturraum Nördliche Rietzschke bzw. an die Landschaftslinie ‚Rietzschke-Nord-Linie‘ des Masterplans Grün Leipzig grün-blau 2030 erfolgen“, schlug das Amt in der Vorlage vor.

Worauf die SPD-Fraktion dann gleich auf Ideen kam und in einem Änderungsantrag vorschlug: „In Abänderung des Ratsbeschlusses vom 08.02.2023 VII-HP-08702 wird die Liegenschaft Wackerbad Gohlis nicht an die Sportbäder Leipzig GmbH übertragen, sondern das Freibad rückgebaut und zu einer öffentlichen Erholungsfläche mit Freizeitsportmöglichkeiten (bspw. Skateanlagen oder einer Rasen-Mannschaftssportfläche ohne Bindung an einen Sportverein) im Wohnquartier entwickelt.“

Was dann wieder die Freie Fraktion dazu animierte, diesen Beschlusspunkt zu erweitern: „In Abänderung des Ratsbeschlusses vom 08.02.2023 VII-HP-08702 wird die Liegenschaft Wackerbad Gohlis nicht an die Sportbäder Leipzig GmbH übertragen, sondern das Freibad rückgebaut und zu einer öffentlichen Erholungsfläche mit Freizeitsportmöglichkeiten (bspw. Skateanlagen oder einer Rasen- oder Sand-Mannschaftssportfläche ohne Bindung an einen Sportverein) im Wohnquartier entwickelt.“

Entwicklungskonzept bis zum Herbst

Was Frank Franke, der den SPD-Antrag begründete, sogar gut fand. Auch wenn Thomas Kumbernuß (Die PARTEI) meinte, es doch nur ein Witz gewesen. Aber so abwegig war der Witz gar nicht. Franke übernahm ihn zu gern in den SPD-Antrag. Und Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal übernahm ihn zusammen mit dem SPD-Antrag mit in die Verwaltungsvorlage. Denn noch wird ja geprüft. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer soll für 50.000 Euro ein Entwicklungskonzept erarbeiten und diese bis zu vierten Quartal 2025 vorlegen.

Daran änderte auch der Antrag der CDU-Fraktion nichts, die kurzerhand das Gelände als neuen Schulstandort ausgewiesen sehen wollte. Was so einfach eben nicht zu machen wäre, wie dann Linke-Stadträtin Cornelia Falken feststellte.

Denn ein Schulstandort ist im örtlichen Bebauungsplan gar nicht vorgesehen. Dieser B-Plan müsste erst in einem jahrelangen Verfahren geändert werden – was viel zu lange dauern würde im Angesicht der akuten Leipziger Schulproblematik. Der CDU-Antrag wurde dann auch entsprechend von der Stadtratsmehrheit mit 16:47 Stimmen abgelehnt.

Frau Sylvia Herbst-Weckel (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 19.03.25. Foto: Jan Kaefer
Sylvia Herbst-Weckel (Bündnis 90 / Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 19.03.25. Foto: Jan Kaefer

Während die Vorlage der Stadt mit den beiden Änderungsanträgen von SPD-Fraktion und Freie Fraktion eine Mehrheit von 35:30 Stimmen bekam.

Angestoßen hatten das Ganze ursprünglich ein Haushaltsantrag der Linke-Stadträte Gebhardt, Külow und Bednarsky und ein Antrag der Grünen-Fraktion, die beide auf eine Konzepterstellung für das Wackerbad abzielten. Mit der Vorlage aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer war das aus Sicht der Grünen aufgenommen, sodass Sylvia Herbst-Weckel den Grünen-Antrag zurückzog.

Im Herbst dürften die Leipziger nun erfahren, wie die Zukunft des Geländes an der Max-Liebermann-Straße aussehen kann. Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal sieht hier jedenfalls gutes Potenzial, dieses Gelände als grüne Oase direkt mit einzubinden in den Erlebnisraum Nördliche Rietzschke. Auch das wäre ein Zugewinn für Gohlis, auch wenn damit die Geschichte eines Freibades hier endgültig zu Ende geht.

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Es gibt 8 Kommentare

Ja, lieber User “Darjeeling SFTGFOP1”, das trifft die Sache beim Wackerbad: “Erst ignorieren und vergammeln kassen, dann abreißen.”

Das Schreberbad, oder wie wir früher sagten, “die Schrebse”, lieber User “Rudi”, hatte bereits das verschwundene Freibad am abgerissenen Schwimmstadion mit zu ersetzen, bei, im Vergleich zu früher, allenfalls halbierter Wasserfläche.

Nichts damit zu tun? Also, ja, nun…
Der Bund delegiert Aufgaben und damit Ausgaben an die Kommunen, ohne Gegenfinanzierung, und die gehen reihenweise “pleite”. Aber der Bundeshaushalt sieht erstmal wieder etwas besser aus.

Grundsteuern und Straßenausbaubeiträge landen früher oder später bei den Anwohnern, Vermieter holen sich das von ihren Mietern zurück, ob direkt oder indirekt ist für die Mieter am Ende doch egal. Kita-Beiträge werden erhöht…
Bei Steuersenkungen oder -erhöhungen kommt es es immer darauf an, wer betroffen ist, siehe aktuelle Soli-Debatte.

Was hat denn CUM-EX mit dem Haushalt der Stadt Leipzig zu tun? Nichts.
Es gibt aber konkrete Beschlüsse auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die für Mindereinnahmen im städtischen Haushalt führten. Wenn bspw. die Einkommensteuer gesenkt wird, fehlen der Stadt Leipzig Einnahmen. Wenn die Straßenausbaubeträge gesenkt werden, fehlen dem städtischen Haushalt Einnahmen. Wenn die Grundsteuer gesenkt wird, fehlen dem städtischen Haushalt Einnahmen. Um nur mal 3 Beispiele der letzten 20 Jahren zu nennen.
Und weil sich durch die Steuerreformen die Privatvermögen erhöht haben, haben nun auch alle einen eigenen Pool in ihrem eigenen Häuschen und brauchen auch kein Wackerbad mehr. Wer Steuersenkungen fordert, muss auch mit den Konsequenzen leben und die sind für gut 90% der Bevölkerung schlecht bzw. sehr schlecht. Aber wahrhaben will man es eben auch wieder nicht.

Fehlende Steuereinnahmen? Wo ist den bitte ein Zusammenhang zwischen Cum-Ex oder Cum-Cum und dem, was wir an Steuern zahlen, ob wir wollen oder nicht? Wer plündert den Staat (also uns alle) aus?
Dreist ist es in diesem konkreten Fall trotzdem, erst weg zu schauen, wie unser aller Vermögen heruntergewirtschaftet wird, zu ignorieren, wie es vergammelt, und es, wenn es dann kaputt ist, komplett wegzuschmeißen.

Ob das dreist ist oder nicht, liegt im Auge des Betrachters. Die Schließung ist die logische Konsequenz der Thematik: “ich will keine Steuern zahlen” bzw. “Steuern runter”. Den Zusammenhang zwischen fehlenden Steuereinnahmen und geschlossenen sozialen Einrichtungen scheint man in der Republik noch immer nicht verstanden zu haben.

Es IST ziemlich dreist. Erst ignorieren und vergammeln kassen, dann abreißen.
Und Stadt und Land sind hier nicht sinnvoll zu vergleichen, die Infrastruktur und die Bevölkerungsdichte sind auf dem Land dünner, es hat dafür andere Vorteile.
Gerade für Kinder und Jugendliche ist Erreichbarkeit zu Fuß wichtig, ÖPNV ist teuer. Und die anderen o.g. Bäder sind im Hochsommer voll.

@uwe
Wenn du an der Coppistraße wohnst, dann wären es bspw. zu Schreberbad ca. 4km. Hier kannst du auch die Öffis nutzen. Zum Sommerbad nach Schönefeld sind es ca. 3km. Auch hier kannst du Öffis nutzen. Diese Distanzen hast du auch auf dem platten Land oder in der Kleinstadt – nur dass es dort meist keine gute Anbindung mit Öffis gibt.

“Für den Stadtbezirk Nord sind das der Schwimmteich Ökobad Lindenhal, das Naturbad Nordost und der Schladitzer See.”
Das ist schon ziemlich dreist. Ich habe als Kind in Gohlis Mitte gewohnt. 1 km vom Wackerbad entfernt. Das war man in gut 10 Minuten zu Fuß dort. Die anderen Bäder sind fußläufig überhaupt nicht zu erreichen (5, 6 bzw. 10 km) und mit dem ÖPNV…? Aber wahrscheinlich geht man im Stadtrat davon aus, das eh alle mit dem Auto fahren… 🙁

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