„Der Stadtrat hat am 24. April 2024 beschlossen, das Grundstück Prager Straße 20–28 anzukaufen sowie für eine Verwaltungsunterbringung das darauf befindliche Alte Technische Rathaus abzureißen“, leiteten die Grünen im Leipziger Stadtrat ihren Antrag ein, dass der Stahlskelettbau des ehemaligen Technischen Rathauses in der Prager Straße nicht abgerissen werden soll. Denn eigentlich hat der Stadtrat den Abriss beschlossen. Aber der vehemente Einspruch der Leipziger Architekten hat die Verwaltung jetzt zum Einlenken gebracht.

Maßgeblich hatte die Verwaltung vor einem Jahr ins Feld geführt, dass der Bau sich für eine Verwaltungsunterbringung aufgrund unzureichender Geschosshöhen sowie unzureichender statischer und wirtschaftlicher Voraussetzungen nicht eigne. Ein Änderungsantrag der Grünen-Fraktion, in einer Machbarkeitsstudie vertieft zu prüfen, inwiefern ein Abriss verhindert und eine sinnvolle Nachnutzung erfolgen kann, fand damals keine Mehrheit.

Doch dann meldeten sich die Fachleute zu Wort. „Seitens des Bundes Deutscher Architekten, BDA Sachsen e.V. wurde nun mit Schreiben vom 22.10.2024 eine vertiefte Betrachtung vorgelegt, die wesentliche Annahmen der Ratsentscheidung hinterfragt. Demnach lassen sowohl die statischen Voraussetzungen als auch die Deckenhöhen eine Verwaltungsnutzung zu“, stellten die Grünen jetzt in ihrem neuen Antrag fest.

„Zudem ist bei Vermeidung eines Abrisses und der Annahme von Sanierungskosten in Höhe von 50 % eines Neubaus von einer deutlich kostengünstigeren Realisierung einer Verwaltungsunterbringung mit Einsparungen in Höhe von 67 Millionen Euro auszugehen.“

Das ist kein Pappenspiel für eine Stadt, die jetzt schon arge Mühe hat, einen genehmigungsfähigen Doppelhaushalt zusammenzuschnüren.

„Die günstigere Klimawirkung eines Erhalts liegt ohnehin auf der Hand. Größere Terminrisiken sind nicht gegeben. Die vom BDA angeführten Vergleichsprojekte zeigen, dass Sanierung und Erhalt ähnlicher Gebäude zur erprobten Praxis gehören“, stellte die Grünen-Fraktion fest.

„Es gebietet der Respekt vor dem Berufsstand, ausweislich der namhaften unterzeichnenden Architekten, diese Hinweise zum Anlass zu nehmen, den Abriss nicht umzusetzen und eine vertiefte Machbarkeitsstudie zu beauftragen, die Erhalt und Sanierung des Komplexes untersucht. Bei Vorliegen der Annahmen des BDA ist davon auszugehen, dass die Entscheidung im April grundlegend anders ausgefallen wäre.

Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltssituation der Stadt wäre es unverantwortlich, die skizzierten Einsparpotenziale sowohl hinsichtlich der Vermeidung der Abrisskosten als auch einer vergleichsweise kostengünstigen Realisierung einer Sanierung nicht zu heben.“

Es wird geprüft

Und so beantragten die Grünen folgerichtig: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den vom Stadtrat beschlossen Abriss des früheren Technischen Rathauses nicht umzusetzen und die notwendigen Maßnahmen für den Erhalt und die Sanierung des Komplexes einzuleiten. Dabei ist im Rahmen einer unabhängigen Machbarkeitsstudie vorzugsweise die Nutzung für eine Verwaltungsunterbringung zu prüfen. Das Ergebnis ist dem Stadtrat bis zum 2. Quartal 2025 vorzulegen.“

Dazu nahm jetzt das Dezernat Allgemeine Verwaltung mit einem Sachstandsbericht Stellung.

Den aktuell befinde sich die Verwaltung noch „in einer Phase intensiver Prüfung der Nutzung des Rohbauskeletts an der Prager Straße“. Nach dem Schreiben der Architektenkammer Sachsen, der Ingenieurskammer Sachsen sowie des BDA Sachsen und des BDB Sachsen habe es Ende November ein erstes Gespräch gegeben, ein weiteres dann Anfang Dezember.

„Nach diesen konstruktiven Gesprächen scheint die Nutzung des bestehenden Rohbaus realistischer als zunächst in der Ankaufsprüfung angenommen. Um weitere Unsicherheiten zu klären, erfolgte bereits eine erste Abstimmung mit der Landesdirektion Sachsen, weitere Fachgespräche auf Arbeitsebene sind geplant“, stellt das Verwaltungsdezernat fest.

„Neben den bautechnischen Aspekten konnten seit dem Ankauf auch die finanziellen Vor- und Nachteile der Varianten vertieft betrachtet werden. Die Planungen zum Abriss haben gezeigt, dass sowohl die Dauer als auch die Kosten für einen Abriss die ersten Schätzungen deutlich übersteigen würden. Zusätzlich wären für den CO2-Ausgleich bei einem Abbruch weitere Kompensationsleistungen vonnöten.“

Der Rohbau kann erhalten werden

Und mittlerweile habe man auch genug Erkenntnisse zum Zustand des Rohbaus, „sodass für eine Entscheidung zum Rohbauerhalt keine Machbarkeitsstudie beauftragt werden muss.“

Aber ein klares „Ja“ mag die Verwaltung noch nicht geben. Motto: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. „Ziel ist es, sich mit den Argumenten für den Abriss in der Ankaufvorlage vertieft auseinanderzusetzen, um eine ressourcenschonende und nachhaltige Lösung für eine qualitativ hochwertige, effiziente sowie bürgerserviceorientierte Verwaltungsunterbringung zu finden“, lautet das Fazit aus dem Sachstandsbericht.

Es wird also noch ein Weilchen brauchen, bis sich die Verwaltung zu einer eindeutigen Stellungnahme durchringt. Aber die bisher bekannten Fakten sprechen im Grunde für einen Erhalt des Stahlskelettbaus und eine von den Architekten vorgeschlagene Erweiterung, um hier künftig wieder Verwaltung unterzubringen.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 7 Kommentare

@fra
Dass die Zwischendecken mit Carbobeton stabilisiert werden müssen, stand bereits in einem der Beiträge. Die 0,3m werden also am Ende wohl tatsächlich zusammenkommen.
Am Ende gibt es aber ein paar Kernfragen, die zwingend mit Ja beantwortet werden können müssen:
1. Ist modernes Verwaltungs-Arbeiten in dem Gebäude möglich?
2. Bekommen wir alle Ämter aus dem aktuellen Technischen Rathaus untergebracht?
3. Ist das Gebäude dauerhaft beständig? (Die Verwaltung wird dort für die nächsten 50 – 100 Jahre residieren)
4. Lässt sich das Gebäude für die Öffentlichkeit so öffnen, dass es als öffentliche Verwaltungsstelle nutzbar ist?

Diskussion ohne Grundlagen finde ich immer spannend. Wobei ich den Höhenverlust von ca. 30cm sehr überhöht finde. Wie man bei der Rohbaubesichtigung des Neubau der Meteorologie in Leipzig sehen konnte ist die heutige Klimatechnik doch sehr platzsparend. Es kommt nur auf die vorhandene Deckenlast an und die ist leider nicht bekannt.

Als Architekt möchte ich mal behaupten, daß eine gewisse Grundkenntnis der technischen Anforderungen an ein Gebäude bei unserem Berufsstand vorhanden ist – insofern könnte die Intitiative dieser “Leipziger Architekten” durchaus vernünftig sein.

Ich bin ja selber skeptisch ob es SInn macht, aber ohne dass uns jemand einmal Fakten benennt – Geschosshöhe, technische und räumliche Anforderungen durch die Verwaltung, Zustand Rohbeton Bestand, Fluchtwege und Brandschutz – , wage ich da nicht zu urteilen.

Schön wäre es ja, wenn man so den Klotz weiterverwenden könnte. Mit ein bisschen weniger Anspruchsdenken kommt man bestimmt auch weiter.

Schließe mich den Vorschreibenden (mal wieder) an. Mit der Geschosshöhe allein ist das schon so ein Ding. “Früher” war es da drin schon niedrig. Heutzutage werden ja nicht nur Zwischendecken in Büroräume eingezogen, um Leitungen für Klima, Sprinkler&Co zu verlegen und Deckenleuchten einzubauen, sondern auch Zwischenböden für Netzwerkkabel, Stromanschlüsse inkl. Bodentankdeckel (nicht wie früher aus der Wand und dann 4 3er-Verteiler hintereinander), usw. … das sind auch nochmal ca. 30cm weniger in der nutzbaren Raumhöhe.

Wie schon beim letzten Artikel geschrieben – eigentlich kann man die Ausführungen der “namhaften unterzeichnenden Architekten” direkt in den Rundordner legen, da sie die Anforderungen an den Bau nicht kennen. Ja nicht einmal kennen können, da selbst die Stadtverwaltung diese noch nicht finalisiert hat. Klar ist eigentlich nur, dass es einen deutlichen Raumbedarf im Vergleich zum damaligen Technischen Rathaus gibt und selbst im Vergleich dazu fehlt inzwischen der Anbau an der Platostraße. Es sind so viele Aspekte problematisch (Deckenhöhen, Rettungswege, Platzbedarf, Tageslicht, Stellflächen, Sicherheitskonzept), dass es nur Arroganz zu nennen sein kann, der Verwaltung hier ahnungslos hineinreden zu wollen. Und ob es am Ende tatsächlich günstiger werden würde, dafür legt mit Sicherheit keiner der Unterzeichner seine Hand haftbar ins Feuer.

Nun, so detaillierte Kenntnisse besitze ich nicht, nur jene zahlreiche, die bereits schon durch den Medienwolf gedreht wurden, siehe auch die von Rudi genannten. Fand ich bisher sehr plausibel. Ich kann aber auch der nachhaltigen Argumentation etwas abgewinnen, und wenn es technisch ohne Einschränkungen(!) realisierbar ist.

Was mich etwas verwundert, ist, dass gerade Architekten so plötzlich und vehement für den Erhalt und den Ausbau des Rohbaus kämpfen. Aus eigener Erfahrung vermag ich vor allem bei öffentlichen Bauten berichten, dass besonders Architekten bei Projekten eher unrealistische und sehr besondere Vorstellungen haben, die meist in ihrer Realisierung aufwendig, unmöglich oder hirnrissig sind, sodass die späteren Betreiber oft die Stirn auf die Tischkante fallen lassen, und sich fragen, warum so manche fehlgeleiteten Details teuer kreiert wurden.
Gerade bei den heutigen energetischen Anforderungen bin ich äußerst neugierig, wie das bei diesem Bau gelingen kann, und ob sich mit dieser Idee auch mal ein TGA-Planungsbüro auseinandergesetzt hat.
Heiße Luft für eventuelle Referenzen auf Steuerzahlerkosten sollte den realistischen Blick bitte nicht trüben.

Da werden sich die Verwaltungsangestellten aber “freuen”. Die Geschosshöhen sind sehr niedrig. und sie werden durch die zusätzlichen Stabilisierungsmaßnahmen und Ausstattung noch verringern. Vielleicht wird aber jedes 2. Geschoss entfernt und man kommt so auf eine großzügige Geschosshöhe.
Am Ende bleibt noch die Frage zu klären, wo denn all die Angestellten der Ämter untergebracht werden sollen, die in das Technische Rathaus seit 2009 eingezogen sind, bspw. AfU, ASG …

Schreiben Sie einen Kommentar