Nach und nach wird deutlich, dass die hemdsärmelig von der CDU-Fraktion eingebrachten Einspar-Vorschläge für den Doppelhaushalt 2025/2026 nicht das halten, was die konservative Fraktion sich versprochen hat. Viele Einspar-Vorschläge sind gar keine. Und manche dieser Anträge greifen Projekte an, die in den nächsten zwei Jahren angepackt werden müssen, sonst verfallen schlichtweg die Fördergelder – so wie beim „Kino der Jugend“ und der „Alten Feuerwache Ost“ im Leipziger Osten.
Den Löwenanteil bei den Einsparvorschlägen der CDU-Fraktion im Umfang von 200 Millionen Euro machten sowieso die beiden 50-Millionen-Euro-Pakete aus, mit denen die Stadt die Investitionen in die Wärmewende in der Leipziger Gruppe anschieben will.
Aber dass die CDU-Fraktion meinte, auch die für das „Kino der Jugend“ und die „Alte Feuerwache Ost“ vorgesehenen Gelder streichen zu wollen, stößt bei der IG Fortuna auf reines Erstaunen: „Den Haushaltsanträgen VIII-HP-10309 und VIII-HP-10310 fehlt unseres Erachtens eine sowohl haushalterisch als auch stadtentwicklungspolitisch nachhaltige Grundlage“, stellt Daniel Schade von der IG Fortuna fest.
„Denn einerseits wurden die Konzepte der beiden betroffenen gemeinnützigen Vereine aufwendig von einer Fachjury geprüft und werden intensiv von der Verwaltung begleitet, sodass hier direkt die stadtentwicklungspolitischen Ziele der Kommune umgesetzt werden; und andererseits wurden bereits nicht unerhebliche Haushalts- und private Mittel investiert, um Drittmittel zu akquirieren und beide Standorte zu entwickeln.“
Der OSTWACHE Leipzig e.V. und die IG Fortuna haben, als sie von den beiden Anträgen der CDU-Fraktion erfuhren, einen sehr deutlichen, Offenen Brief geschrieben.
Offener Brief zu den Haushaltsanträgen der CDU_FORTUNA_OW_08.01.2025
Ausverkauf mit CDU
Beim „Kino der Jugend“ ging die CDU-Fraktion sogar so weit, die Liegenschaft jetzt einfach zum Verkauf ausschreiben so wollen, um so das Stadtsäckel zu füllen: „Die Haushaltslage der Stadt Leipzig lässt es in den nächsten Jahren nicht zu, Projekte mit ungeklärten finanziellen Folgewirkungen zu verfolgen. Mit dem Verkauf der Liegenschaft des Kinos der Jugend könnte eine Einnahme für den städtischen Haushalt erzielt und unabsehbare Folgekosten im Rahmen des beschlossenen Konzeptverfahrens vermieden werden.“
Selbst im Leipziger Liegenschaftsamt schüttelte man über den Vorstoß nur den Kopf. Denn längst sind Fördermittel für das Gebäude gebunden:
„Für das Gebäude in der Eisenbahnstr. 162 besteht eine Fördermittelzusage in Höhe von 241.000,00 € aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm IX der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Zusätzlich besteht eine Fördermittelzusage des Freistaates Sachsen in Höhe von 145.215,39 € als Co-Finanzierung des Denkmal-Sonderprogramms.
Insgesamt stehen Gesamtfördermittel in Höhe von 386.215,39 € zur Verfügung. Durch die Fördermittelzusage des Bundes und die Kofinanzierung des Freistaats besteht für die Stadt Leipzig nunmehr eine rechtliche Verpflichtung zur Durchführung denkmalpflegerischer Maßnahmen“, schreibt das Liegenschaftsamt in seiner Stellungnahme zum CDU-Antrag.
Und: „Die Umsetzung der an die BKM-Mittel gebundenen Maßnahme der Sicherung der Ausstattung der Kino-Ära wie bspw. Resten der Ausmalung von Decke und Rückwand sowie des Vorraums mit Kinokasse drängt aufgrund des schlechten Bauzustandes. Ein weiteres zeitliches Verschieben würde wohl irreparable Schäden bis hin zu Verlusten an der Ausmalung bedeuten. Diese restauratorische und bauliche Maßnahme ist eng mit der Sanierung des Daches verknüpft. Ein saniertes Dach ist zwingend notwendig, damit die BKM-Gelder für die restauratorische Maßnahme nicht umsonst ausgegeben würden.
Das gefährdet nicht nur den Erhalt dieses Kulturdenkmals, sondern auch die Realisierung des soziokulturellen Projektes ‘Kino der Jugend’. Das Projekt ist maßgeblich auf die Bereitstellung des antragsgegenständlichen Grundstücks sowie auf die fortgesetzte Förderung angewiesen.“
Kahlschlag für den Leipziger Osten
Und selbst das Drängen der CDU-Fraktion, das Gebäude zu verkaufen, findet im Liegenschaftsamt kein Verständnis: „Eine Veräußerung des Gebäudes würde dem Ziel widersprechen, kulturelle Angebote quartiersnah zu verteilen und Stadträume für Kunst und Kultur zu sichern, wie es im Fachkonzept Kultur (INSEK) vorgesehen ist. Der Leipziger Osten würde somit weiterhin ohne die dringend benötigte kulturelle Infrastruktur auskommen, obwohl der Bedarf und die Notwendigkeit durch breite Bürgerbeteiligung immer wieder unterstrichen wurden.
Durch die im Antrag beantragte Streichung der kommunalen Mittel können dringend benötigte Fördergelder (insgesamt ca. 1,2 Mio.) für die Umsetzung des Projekts nicht akquiriert werden.“
Und nicht viel anders der seltsame Streichungsvorschlag der CDU-Fraktion zur Ostwache. Nachdem mehrere Ratsfraktionen über mehrere Jahre darum gekämpft haben, dass die ehemalige Feuerwache Ost die Chance bekommt, zu einem kulturellen Zentrum am Polygraphplatz und dem neu entstehenden Parkbogen Ost zu werden, hat auch hier die CDU-Fraktion einfach mal vorgeschlagen: „Die Liegenschaft der Alten Feuerwache Ost scheint zudem hervorragend geeignet, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Mit einem zweckgebundenen Verkauf könnte nicht nur eine Einnahme für den städtischen Haushalt erzielt, sondern auch ein wichtiges kommunalpolitisches Ziel erreicht werden.“
Verkaufen, verkaufen, verkaufen. Etwas anderes scheint der Fraktion da einfach nicht einzufallen. Und dass hier die Stadtgesellschaft seit Jahren um einen neuen Ort mit Handlungsmöglichkeiten für das Gemeinwesen ringt, interessiert offensichtlich nicht.
Die Feuerwache steht unter Denkmalschutz
Aber auch hier hat das Liegenschaftsamt eine deutlich ablehnende Stellungnahme verfasst: „Ein bedeutendes Projekt für die weitere Entwicklung des Leipziger Ostens stellt die Nutzung des ehemals als Feuerwache genutzten, viergeschossigen Gebäudes als Nachbarschaftszentrum dar. Das antragsgegenständliche Gebäude ist ein Kulturobjekt und steht unter Denkmalschutz.
Auf dem Grundstück befinden sich außerdem zwei eingeschossige Nebengebäude. Im Jahr 1996 wurde das Hauptgebäude statisch ertüchtigt. Durch die sich zu einem großen Vorplatz öffnenden Tore sowie Teile des Hinterhofes bietet sich viel Raum für öffentlich zugängliche Aktivitäten und Veranstaltungen, die das Quartier bereichern können (z. B. Gemeinschaftsgarten, Märkte).
Das zukünftige Nachbarschaftszentrum soll als Inkubator dienen, der verschiedene Projekte zusammenführt und bestehende Strukturen des Stadtteils, wie z. B. den Kleingartenverein, den ‚Parkbogen Ost‘ und zukünftig auch den Grundschulstandort, mit einbezieht.“
Daniel Schade von der IG Fortuna: „Uns ist bewusst, dass Haushaltsmittel nicht auf Bäumen wachsen. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass Wohn- und Lebensqualität, kulturelle Angebote und eine aktive Zivilgesellschaft zum Markenkern Leipzigs gehören, und im Konkurrenzkampf um die besten Fachkräfte für unsere lokale Wirtschaft wichtige Standortfaktoren sind“, sagt er. Und weist auch darauf hin, wie wichtig beide Projekte für die lange Zeit vernachlässigten Ortsteile Sellerhausen, Stünz und Anger-Crottendorf sind.
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